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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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beugte sich über den Tisch, und als er sich kurz darauf umdrehte, hielt er zwei goldene Pokale in der Hand, die er Alexios und seinem Vetter reichte. Der Kaiser hob den Pokal und erklärte: »Ehre sei Gott, der uns unsere Feinde ausgeliefert hat, auf daß wir sie zu Staub zermalmen!«
    »Ehre sei Gott«, antwortete der Drungarios.
    Gemeinsam tranken sie. Dann stellte Alexios rasch den Pokal beiseite und sagte: »Ich habe bereits Boten zurück in die Stadt gesandt, Dalassenos. Bei deiner Ankunft werden die Schiffe abfahrbereit sein. Ich weiß, es ist grausam, einen Mann sofort wieder fortzuschicken, der gerade erst vom Schlachtfeld zurückgekehrt ist, aber du wirst dich auch an Bord des Schiffes ein paar Tage ausruhen können.«
    Der junge Offizier nickte. »Ich empfinde das nicht als Mühsal, Basileus. Dessen kann ich Euch versichern.«
    »Selbstverständlich bedeutet das nicht, daß ich den Logotheten und Senatoren des Synkletos mißtraue«, fuhr Alexios fort. »Tatsächlich werden sie dich sogar begleiten. Aber hierbei handelt es sich vor allem um eine militärische Angelegenheit, und der Patriarch von Rom muß verstehen, welche Bedeutung ich dem heutigen Sieg beimesse. Außerdem soll er wissen, wie sehr ich seine Hilfe zu schätzen weiß. Nun, da unsere Nordgrenze gesichert ist, können wir unsere Aufmerksamkeit nach Süden und Osten richten.«
    Der Kaiser lief auf und ab und ballte die Fäuste. »Jetzt können wir damit beginnen, uns die Länder zurückzuholen, welche die Araber uns gestohlen haben. Nach all der langen Zeit liegt das, wonach wir immer gestrebt haben, endlich in unserer Reichweite. Stell dir das einmal vor, Dalassenos!«
    Alexios blieb stehen und gebot seinen hochfliegenden Hoffnungen Einhalt. »Doch leider Gottes ist unsere Armee der Aufgabe nicht gewachsen.«
    »Eure Truppen sind gute Kämpfer, Basileus«, widersprach Dalassenos in sanftem Tonfall. »Wir könnten uns keine besseren Soldaten wünschen und würden sie auch nirgends finden.«
    »Versteh mich nicht falsch. Ich stimme dir zu: Es sind tapfere Männer - die diszipliniertesten und mutigsten Soldaten der Welt -, aber sie sind nur wenige. Das ständige Kriegfuhren hat seinen Tribut gefordert, und nun müssen wir die Themen neu aufbauen. Es gibt so viel zu tun, doch jetzt liegt alles zum Greifen nahe, und.«
    Dalassenos lächelte ob der oft wiederholten Rede seines Verwandten.
    »Verzeih mir, Vetter«, sagte Alexios. »Ich habe mich vergessen. Von Beginn an stehst du an meiner Seite, und du weißt das alles genausogut wie ich - in vielerlei Hinsicht vielleicht sogar besser.«
    Dalassenos ging zum Tisch, füllte den Pokal des Kaisers nach und überreichte ihn. »Laßt uns den Sieg noch einen Augenblick länger genießen, Basileus.« Er hob den Pokal und sagte: »Zum Ruhme Gottes und zum Wohl des Reiches.«
    »Amen!« erwiderte der Kaiser und fügte hinzu: »Möge der Frieden, den wir heute gewonnen haben, tausend Jahre währen.«
    Murdo welkte unter den endlosen Gebeten des Abtes förmlich dahin und wünschte sich, er wäre weit weg von Kirkjuvagr. Seine Knie schmerzten vom langen Knien, und der Geruch des Weihrauchs drehte ihm den Magen um. Der dämmrige Innenraum der großen Kirche erinnerte ihn an eine Höhle: feucht, kalt und dunkel. Abgesehen von den wenigen Kerzen um den Altar herum und den schmalen Fenstern, die Schießscharten glichen, hätte er sich genausogut in einem Loch oder in einem der uralten Kammergräber befinden können, die überall am Fuß der Hügel verstreut waren. Draußen herrschte ein milder Mittsommer, doch im Inneren der Kathedrale hatte man stets das Gefühl, es sei ein trostloser, düsterer Novembertag.
    Als Murdo den Kopf nach rechts streckte, konnte er die ernsten Mienen der Heiligen Lukas und Johannes erkennen, die von der nahe gelegenen Wand aus mißbilligend sein Zappeln beobachteten. Weiter oben, unmittelbar unter den Kreuzbalken, grinste ein froschäugiger Wasserspeier von seinem Kragstein herab; Murdo hatte das Gefühl, als würde ihn das Wesen ob seines Unbehagens fröhlich verspotten. Zu Murdos Linken knieten sein Vater und seine Mutter und vor ihm seine Brüder und sein Vetter. Keiner von ihnen - das wußte er - teilte sein Leid, was alles noch viel schlimmer machte.
    Das Fest des Heiligen Johannes des Täufers war einer der wenigen Feiertage, die Murdo für gewöhnlich wirklich genoß, und hier saß er nun und verbrachte diesen Tag auf die nur denkbar schlimmste Art. Wären sie im Bu gewesen, wäre

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