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Der Sohn des Sehers 01 - Nomade

Titel: Der Sohn des Sehers 01 - Nomade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Pfeile glatt. Er hatte lange versucht, seinen Misserfolg mit dem Bogen auf diese Pfeile zu schieben. Doch sein Freund
Anak hatte ihm bewiesen, dass ein anderer sehr gut damit treffen konnte.
    Und es war gar kein guter Einfall gewesen, dem Bogen die Schuld zu geben. Tuge, der Bogner des Klans, hatte sich angehört, was Awin stotternd vorbrachte, ihm dann stumm Bogen und Pfeile abgenommen und drei meisterhafte Schüsse auf die Spitze einer Zeltstange abgegeben. Danach hatte er Awin den Bogen wortlos wieder gereicht und war immer noch schweigend in seinem Zelt verschwunden. Anak hatte sich halb totgelacht, weil Awin dann den Besitzer des Zeltes, Tuges Bruder Tuwin, bitten musste, ihm seine Pfeile zurückzugeben. Anak! Awin fiel wieder ein, warum er sich hier auf einen Kampf vorbereitete. Seinem Freund musste etwas zugestoßen sein. Awin wollte aber nicht, dass ihm etwas geschehen war, also schickte er in Gedanken ein Gebet an die Große Weberin, auch wenn er fürchtete, dass der Faden, an dem Anaks Schicksal hing, längst verwoben war.
    »Wie sehe ich aus?«, fragte er seine Schwester, als er endlich fertig war.
    »Wie ein Kind, das sich als Krieger verkleidet hat«, antwortete Egwa trocken an Stelle seiner Schwester. Sie führte Currus Pferd am Zügel.
    »Bist du so weit, mein Junge?«, fragte Curru. Er saß auf seinem Grauschimmel, die Sgerlanze, das Feldzeichen des Klans, stolz aufgerichtet. Ein schwarzer Rossschweif war unter der kostbaren eisernen Spitze angebunden, darunter baumelte eine Bronzescheibe, auf der ein schwarzer, nach unten offener Winkel aufgemalt war. Es war das Sgertan, das Zeichen der Sippe Aryaks, des Klans der Schwarzen Berge.
    Awin nickte und sprang auf sein Pferd. Er beugte sich zu seiner Schwester hinab, die ihm seinen Bogen reichte, und streichelte ihr in einer plötzlichen, unbeholfenen Geste über das Gesicht.
    »Ich komme wieder, das verspreche ich«, sagte er.

    »Davon gehe ich aus, oder willst du los, ohne etwas zu essen einzupacken?«, erwiderte Gunwa bissig. Aber er sah, dass ihr Tränen in den Augen standen.
    Egwa lachte heiser. »Das Mädchen hat Recht. Immer eines nach dem anderen, junger Held. Wer nichts isst, kann auch nicht kämpfen!«
    Awin seufzte und folgte Curru, der steif und würdevoll, das Kriegszeichen in der Rechten, zur Mitte des Lagers ritt.
     
    Sie wurden bereits erwartet. Der Yaman war dort mit seinen Söhnen, und auch die anderen Männer waren zu Pferd und in Kriegsbewaffnung erschienen. Frauen und Kinder waren ebenfalls dort versammelt oder kamen gerade heran, und das Raunen vieler leiser und besorgter Gespräche erfüllte die Luft. Die Männer rückten noch einmal ihre Rüstungen zurecht oder ließen sich von ihren Frauen dabei helfen. Eri hatte offensichtlich Schwierigkeiten mit dem Gurt für den Bogenköcher, aber er ließ nicht zu, dass seine Mutter ihm half, sondern trieb sein Pferd ein wenig zur Seite. Er war mit fünfzehn Jahren einer der jüngsten Krieger. Bale, der dicke Pferdezüchter, war der Älteste. Er ging inzwischen auf die sechzig zu, und er war der Einzige, der keine Rüstung, sondern immer noch die übliche Hirtenkleidung trug. Und er war alleine erschienen. Yaman Aryak war das nicht entgangen. Er saß auf seinem Pferd, einem kräftigen Fuchs, und musterte die Männer, die sich um ihn scharten. Jetzt wandte er sich an Bale. Er musste laut sprechen, um die allgemeine Unruhe zu übertönen. »Sag, mein Freund, wo ist deine Rüstung, und wo sind dein Sohn und dein Enkel?«
    »Sie sind noch bei den Tieren, Yaman. Verzeih, aber die Fohlen haben uns aufgehalten. Ich habe ihnen gesagt, dass sie sich eilen sollen, und bin vorausgeritten, um zu sehen, was es denn überhaupt gibt.«

    »Deine Fohlen? Hat Wela dir meine Botschaft nicht überbracht? Dass wir vielleicht kämpfen müssen?«
    »Doch, Yaman, das hat sie, doch ist sie nur ein Mädchen, und ich dachte, sie hätte vielleicht etwas nicht recht verstanden. Krieg? Zu dieser Jahreszeit? Welcher vernünftige Mensch kann da in den Krieg ziehen wollen?«
    Awin sah sich unwillkürlich nach Wela um, aber er konnte sie nicht sehen. Das war gut für den alten Bale, denn sie hätte ihm diese abfällige Bemerkung sicher nicht so schnell verziehen.
    »Meine Tochter kann sich einfache Worte durchaus merken, wenn sie so wichtig sind wie diese, Bale«, meldete sich Tuwin der Schmied an ihrer Stelle zu Wort. Er war empfindlich, was seine Tochter betraf. Die Götter hatten sich entschieden, ihm Söhne

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