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Der Sohn des Sehers 01 - Nomade

Titel: Der Sohn des Sehers 01 - Nomade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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die Yamani, »aber warum fragst du, Awin?«
    Awin zögerte. Er war sich seiner Sache nicht sicher, aber dann sagte er es doch: »Es sah mir nicht aus, als sei es den ganzen Weg von den Bergen hierher gehetzt worden. Entweder ist unser Feind sehr langsam, oder er hat Lewe nicht verfolgt und vielleicht auch gar nicht vor, uns zu überfallen.«
    Gregil musterte ihn scharf, dann sagte sie: »Du bist doch nicht so dumm, wie Curru gerne behauptet, scheint mir. Du solltest es dem Yaman sagen.«
    Awin schüttelte den Kopf. »Ich müsste es erst meinem Meister sagen, und … ich weiß nicht, ob ich ihn überzeugen kann«, antwortete er vorsichtig.
    »Er meint es gut mit dir, junger Seher«, antwortete Gregil mit einem Lächeln. »Aber du hast Recht. Ich werde meinem Mann berichten, was du mir gesagt hast. Aber jetzt eile, es steht ein Kriegszug bevor, und ich glaube, auch du musst dich darauf vorbereiten.«
    Als Awin wieder vor das Zelt trat, hatte sich das Lager bereits beträchtlich verändert. Die Rundzelte waren verschwunden, die Wagen beladen und die Ziegen der verschiedenen Familien zu einer einzigen, großen Herde zusammengetrieben worden. Der Yaman und seine Söhne waren dabei, ihre Pferde zu satteln.
Gregil hatte Recht, auch er musste sich rüsten. Er sprang auf sein Pferd und lenkte es dorthin, wo am Morgen noch seine Schlafstatt gewesen war. Curru war dort und sprach mit Egwa, die mit zusammengekniffenem Mund zusah, wie er seine Waffen zusammensuchte.
    »Wenn Krieg ist, ist Krieg, Egwa«, sagte der alte Seher gerade, »und ich werde sicher nicht zurückstehen, wenn die Männer in die Schlacht ziehen.«
    »Das gefällt euch doch!«, erwiderte Egwa bissig. »Ihr zieht hoch zu Ross in irgendeinen Kampf, und wir Frauen dürfen sehen, wie wir allein zurechtkommen.«
    »Sonst beschwerst du dich immer, ich sei dir im Weg«, brummte Curru, der angelegentlich die Federn seiner Pfeile prüfte.
    »Bist du auch, und wenn ich es so betrachte, weiß ich gar nicht, warum ich mich aufrege. Ich werde das Zelt schneller aufbauen, wenn du mir nicht hilfst. Denn ich habe ja Gunwa, und die ist viel verständiger als du.«
    »Dann ist ja alles in bester Ordnung«, entgegnete Curru mürrisch. Die Pfeile steckte er in den Köcher, der an seinem Sattel baumelte. Jetzt prüfte er mit dem Daumen die Schneide seines Sichelschwertes.
    »Deine Sachen sind hier, Bruder«, rief Gunwa Awin entgegen. Sie hielt das Fellbündel im Arm, in dem er seine Waffen aufbewahrte.
    »Ach ja, noch so ein Held!«, rief Egwa, bevor sie sich umdrehte und wütend zum Wagen stapfte.
    Curru schwang sein Schwert ein paarmal hin und her. »Nun, mein Junge. Niemand erwartet Heldentaten von dir«, begrüßte er Awin, »aber ich denke, es wäre doch an der Zeit, dass du dir endlich deinen Dolch verdienst.«
    Awin seufzte. Das war noch so ein wunder Punkt, den sein
Ziehvater gerne reizte. Awin war sechzehn und schon zweimal bei den Winterzügen der Sippe dabei gewesen, aber einen Feind hatte er dabei noch nicht töten können.
    »Komm, ich helfe dir«, rief Gunwa, als er vom Pferd glitt und missmutig seine Waffen anstarrte.
    »Und ich werde mal sehen, ob meine Gefährtin ihrem Manne nicht auch in seine Rüstung helfen will«, brummte Curru und schulterte seinen ledernen Panzer. Egwa tat, als hätte sie irgendetwas Wichtiges an der Ladung des Wagens zu schaffen. Awin grinste. Er konnte sich gar nicht vorstellen, wie lange Curru und Egwa schon zusammenlebten, aber solange er sie kannte, erlebte er diese ständigen Reibereien zwischen ihnen.
    »Sie macht sich Sorgen«, sagte Gunwa, als Curru außer Hörweite war.
    »Ich weiß«, erwiderte Awin, der versuchte, die Sehne auf seinen Bogen zu ziehen.
    »Du hättest ihn besser fetten sollen«, meinte Gunwa.
    »Auch das weiß ich«, keuchte Awin. Er stemmte sich mit seinem Gewicht auf den Bogen, aber immer noch fehlte ein Fingerbreit, um die Schlaufe der Sehne über die Spitze zu bringen.
    »Für einen Seher bist du manchmal bemerkenswert kurzsichtig«, stichelte Gunwa.
    »Du klingst schon wie Egwa«, gab Awin zurück, und mit einer letzten Anstrengung schaffte er es, den Bogen weit genug zu biegen und ihn endlich zu bespannen. »Wolltest du mir nicht eigentlich helfen, liebe Schwester?«, sagte er, als er ihren sorgenvollen Blick sah.
    Sie nickte und zog die Bänder der ledernen Armschienen und des tellergroßen ledernen Brustpanzers fest. Dann half sie ihm beim Schwertgurt und mit den Köchern. Awin strich die Federn seiner

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