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Der Sohn des Sehers 01 - Nomade

Titel: Der Sohn des Sehers 01 - Nomade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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sein, wenn du schon als Seher nicht taugst.«

     
    Sie hatten viel Zeit verloren durch diesen unglücklichen Vorfall, über dessen mögliche Ursache bald wieder in der Schar geflüstert wurde. Kurz darauf erreichten sie das Ende der Felsenhöhe der Steinernen Götter, und vor ihnen öffnete sich ein weites, karges Tal, das von einer Reihe scharfkantiger Brüche durchzogen wurde.
    »Das ist das Tal des Dhurys«, erklärte Mewe.
    Bales Enkel Mabak reckte den Hals: »Aber ich kann den Fluss nicht sehen.«
    Jemand lachte, und Mabak wurde rot.
    Mewe lächelte nachsichtig. »Du weißt es offenbar nicht, aber Dhurys wird, wenn er das Staubland durchquert hat, von Mutter Dhaud verschlungen. Nur manchmal, wenn uns der Winter viel Schnee und der Frühling viel Regen bringt, zeigt er sich auch hier. Dann wälzt er sich als rachsüchtiger Strom durch die Wüste und hinterlässt viele Narben. Du siehst sie dort.« Und damit deutete der Jäger auf die Bruchkanten.
    »Und wo ist Dhurys jetzt?«, fragte Mabak ungläubig.
    Awin konnte seine Zweifel gut verstehen, denn der Fluss war weiter im Norden und Osten ein breites Band, und an seinem Ufer fanden sich die üppigsten Weiden von Srorlendh, Weiden, um die es viel Streit gab. Er hatte gehört, der Strom würde in der Wüste Dhaud verschwinden, erst weit im Süden wieder zu Tage treten und die beiden Seen der weißen Stadt Albho speisen. Das aber konnte Awin wiederum nicht glauben.
    »Der Fluss ist im Sand verschwunden, Mabak«, erklärte Mewe jetzt. »Der Durst der Dhaud ist groß, und Dhurys kann ihn nur selten stillen. Doch weiter jetzt, wir werden bald dort unten lagern, dann kannst du selbst sein ausgetrocknetes Bett sehen.«
    Der Tag neigte sich bereits seinem Ende zu, als sie am Dhurys ihr Nachtlager aufschlugen. Die Yamane ließen die Jungkrieger
im trockenen Flussbett nach Wasser graben. Sie mussten tiefe Löcher ausheben, aber dann trat tatsächlich schlammiges Wasser hervor. Sie filterten es durch einen ihrer Mäntel und teilten es mit ihren Pferden. Die Stimmung am Lagerfeuer war gedrückt. Sie hatten einen Sgerbruder verloren. Selten gingen Beutezüge ohne Verluste vonstatten, aber die waren leichter zu ertragen, wenn auch einige Feinde den Tod fanden. Doch nun hatten sie schon sechs Männer beerdigt - die Fuchs-Krieger wussten noch immer nichts von den Toten am Bach - und den Feind noch nicht einmal zu Gesicht bekommen.
    Auch Marwi ging es schlechter. Die Wunde in seiner Schulter eiterte, und er litt Schmerzen, die Tuwin nicht stillen konnte, denn er fand in der Wüste die Kräuter nicht, die er dazu benötigte. Er konnte nicht viel mehr tun, als die Wunde mit feuchten Tüchern zu kühlen. Er wendete auch die üblichen Heilsprüche an, doch schienen sie nicht zu wirken. Schweigsam verzehrten sie ihr Trockenfleisch. Später kam Mewe zu Awin und forderte ihn auf, ihn ein Stück zu begleiten. Ein paar der anderen Jungkrieger warfen ihnen fragende Blicke zu, aber der Jäger gab ihnen keine Auskunft. Sie verließen das Lager und kletterten auf einen kleinen Sandhügel. Er bot einen weiten Ausblick. Außer dem Feuer der Hakul war weit und breit kein Anzeichen für die Anwesenheit von Menschen zu sehen. Nur in der Ferne, fast schon jenseits des Gesichtskreises, meinte Awin einen Lichtschimmer zu entdecken. Er fragte den Jäger, was das sei.
    »Die Akkesch unterhalten Wachtürme entlang der Eisenstraße. Das wird einer davon sein.«
    »Türme?«
    »Ja, Festungen, mit denen sie uns daran hindern wollen, die Reisenden zu plündern, doch sind sie inzwischen in schlechtem Zustand und nur schwach besetzt. Vielleicht stehen sie auch leer, denn schon seit Jahren überfallen wir keine Karawanen mehr.«
    Awin erinnerte sich daran, dass Curru früher davon gesprochen hatte, welch reichhaltige Beute an der Eisenstraße zu machen war. »Warum überfallen wir sie nicht mehr, Meister Mewe?«
    Der Jäger lachte bitter. »Der Raik von Serkesch hat einen Handel mit Heredhan Horket geschlossen. Nun bekommt Horket Eisen und Silber ohne Kampf, dafür lassen alle Klans der Schwarzen Hakul die Reisenden in Frieden ziehen.«
    »Er macht Geschäfte mit den Akkesch?«, fragte Awin erstaunt.
    »Ja, er weiß, was gut für ihn ist. Und wer ebenfalls weiß, was gut für seinen Klan ist, hält sich an Horkets Gebot.«
    Natürlich, niemand wagte, gegen den Willen des Heredhans zu handeln. Dunkel erinnerte sich Awin an Geschichten, dass dies auch einmal anders gewesen war vor vielen Jahren. Aber hatte der

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