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Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger

Titel: Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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jedoch immer noch genug Gründe, an Gerwis Ehrlichkeit zu zweifeln, und er begriff, dass sie ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert waren. Der Wind quälte sie den ganzen Tag und die ganze Nacht, und sie fanden keine geschützte Stelle, sondern mussten ihre Zelte in der flachen Ebene aufschlagen.
    »Das Wasserloch sollte hier in der Nähe sein, doch selbst ich könnte mich bei diesem Wind verirren«, erklärte Gerwi.
    »Die Pferde scheinen jedenfalls kein Wasser zu wittern«, sagte Tuge zweifelnd.
    »Wenn Skari aus der falschen Richtung kommt, können sie das auch nicht«, erwiderte Gerwi, offensichtlich verstimmt.
    Als Awin sich später neben Tuge in seinem Kriegszelt ausstreckte und in einem Gebet Tengwil um einen Traum bat, sagte der Bogner: »Sie sind heute sehr schweigsam gewesen.«
    Awin wusste, dass Tuge die Männer des anderen Sgers meinte. »Das ist nicht verwunderlich, bei all dem Wind und Staub«, erwiderte er.
    Tuge seufzte. »Du bist unser Yaman, Awin, und unser Seher. Es ist seltsam, dass du nur das Gute im Menschen sehen willst.«
    Awin runzelte die Stirn. Er hatte peinlich genau darauf geachtet, dass sie mehr Wachen stellten als der Steine-Klan. »Wenn du etwas anderes siehst, etwas, das mehr ist als eine Ahnung, dann solltest du es mir sagen, Tuge. Wir sind ihnen zahlenmäßig immer noch überlegen.«
    »Es ist nicht mehr als eine Ahnung, aber ich rate dir, auf
Menek den Schmied zu achten. Hast du nicht bemerkt, wie einsilbig er heute am Feuer war?«
    »Vielleicht hat deine Nichte etwas zu ihm gesagt, was er nicht hören wollte«, vermutete Awin.
    »Dieser Gedanke ist mir auch gekommen. Vielleicht sollte ich sie morgen früh fragen. Ich habe aber den Eindruck, dass der Schmied etwas gehört hat, was ihm nicht gefällt. Vielleicht wartet Gerwi nur noch auf mehr Männer, bevor er den heiligen Eid vergisst.«
    »Mareket würde ihn niemals auf die unsterblichen Weiden lassen, wenn er das täte«, erwiderte Awin. Er schloss die Augen und erneuerte seine Bitte um einen Traum. In der Ferne erklang das heisere Brüllen eines Löwen. »Siehst du, Tuge, das Wasserloch kann nicht weit sein«, sagte er.
    »Und was sagen die Seher zu einem Löwen, der brüllt, auch wenn der Wind sonst jeden Laut mit Staub ersticken will?«
    »So eine Frage solltest du eher Curru stellen. Er vertraut den alten Weisheiten doch weit mehr als ich.«
    »Er hat ja auch nichts anderes, wie mir scheint. Aber was sagen denn die Weisheiten, Awin Sehersohn?«
    Awin seufzte. »Der brüllende Löwe ist immer eine Warnung. Und die erscheint mir auch höchst angebracht, denn unsere Pferde sind da draußen, und wenn unsere Wachen nicht aufpassen, holt sich dieser Räuber vielleicht eines.«
    Aber der Löwe kam in dieser Nacht nicht, und als sie am Morgen aus ihren Zelten krochen, stellten sie erleichtert fest, dass der Wind sich gelegt hatte. Sie schüttelten den weißen Staub aus den Zeltbahnen, Kleidern und Haaren und machten sich auf, die Wasserstelle zu suchen. Sie war nicht sehr weit entfernt. Als sie sich näherten, entdeckte Awin eine Reihe niedriger Erdhügel, die sich kreisförmig um die Quelle zogen. Erst wusste er nicht, was das war, aber dann erkannte er, dass
es sich um Gräber handelte. Das Wasser, das sie vorfanden, war trüb und schmeckte nach Sand, aber es war besser als nichts. Als sie ihre Pferde tränkten, kam Gerwi zu Awin und sagte: »Um diese Quelle wurde schon oft gekämpft, wie du an den Gräbern siehst, denn die Viramatai behaupten, sie gehöre ihnen, dabei weiß jeder Hakul, dass sie seit Menschengedenken unser ist.«
    Awin wartete, denn offenbar wollte Gerwi noch etwas sagen, zögerte aber aus irgendeinem Grund damit. Schließlich fuhr er dann doch fort. »Einige Stunden von hier werden wir auf eine Begräbnisstätte der Männertöterinnen stoßen. Ich halte es für besser, sie zu umgehen, auch wenn es einen kleinen Umweg bedeutet.«
    »Warum?«, fragte Awin, dessen ungutes Gefühl stärker wurde.
    »Es gehen dort Geister um, heißt es, und es ist auch sonst ein übler Ort. Oder weißt du nicht, wie die Viramatai ihre Toten bestatten?«
    »Ich glaube, noch keiner aus meinem Sger ist diesem Volk je begegnet, und wir kennen sie nur aus den Erzählungen der Alten. Doch da ging es immer nur um Siege, selten um Bestattungen.«
    »Nun, es reicht, wenn ich dir sage, dass du diesen Ort leicht auch ohne mich fändest, denn immer kreisen die Geier darüber. Meine Krieger haben mich gebeten, dieser Stätte

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