Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger
Ich habe nicht vor, mir von einem Uredh oder Brediak sagen zu lassen, was wir zu tun haben. Lasst uns Eri auf den Schild heben, besser heute als morgen. Dann haben wir die Führung, die wir brauchen.«
Awin starrte in die Flamme des kleinen Feuers, das das Zelt wärmte. Curru hatte recht: Die Yamane würden wahrscheinlich versuchen, den Heolin an sich zu bringen, und es war völlig unklar, was sie mit dem Lichtstein vorhatten. Dennoch hielt er Eri einfach nicht für geeignet, Yaman zu werden. Er war zu jung, jünger als er selbst. Seit den Ereignissen in Uos Mund schien er zwar gereift, aber er war immer noch sprunghaft und unberechenbar - Eri eben. Awin wusste aber auch, dass es keinen anderen Anwärter gab. »Ich hörte«, begann er also vorsichtig,
»dass ihr in Erwägung gezogen habt, unseren Klan mit der Sippe Auryds zu vereinigen?«
»Das war, als sie dachten, ich sei tot«, wandte Eri schnell ein.
»Ich kann verstehen, dass du Yaman sein willst, Eri, Aryaks Sohn, und ich bezweifle deinen Anspruch nicht, doch frage ich dich, welchen Klan willst du führen? Ich sehe hier Curru, Tuge und mich. Und ich hörte, dass Mabak beim Fuchs-Klan ist, um sich ein Mädchen zur Frau zu nehmen. Du weißt auch, dass in einer Sippe nicht mehr als ein Seher sein sollte.«
»Es sieht dir ähnlich, davonzurennen, wenn es schwierig wird«, rief Eri wütend.
Awin stockte kurz, dann fuhr er ruhig fort. »Willst du einen Klan von drei Kriegern und sieben Kindern führen? Die anderen Yamane werden dich auslachen.«
»Jeder, der das wagt, würde mich und meinen Dolch kennen lernen«, zischte Eri wütend.
»Eri ist der Sohn Aryaks, er hat Anspruch darauf, die Nachfolge anzutreten, Awin, Kawets Sohn. Bezweifelst du das?«, fragte Tuge ernst.
»Nein, das sagte ich bereits. Doch schlage ich vor, dass wir zuerst aufbrechen, um Slahan zu verfolgen und die Unseren zu befreien. Ist das vollbracht, sind wir vielleicht auch wieder genug Männer, den Schild zu heben, auf dem unser Yaman stehen soll.«
»Wir sind also zu wenige, um Eri zum Yaman zu machen, aber genug, um uns mit Slahan anzulegen?«, fragte Curru spöttisch.
»Wir werden Hilfe brauchen«, gab Awin zu.
»Du willst andere Klans um Hilfe bitten? Welche? Die unter Heredhan Horkets Einfluss?«, fragte Curru bitter.
»Nun, es gibt eine Versammlung, oder nicht? Ich werde unser Anliegen vortragen«, hielt ihm Awin entgegen.
»Ich denke, es ist besser, wenn du mir das Reden überlässt, Awin, Kawets Sohn. Ich habe schon auf vielen Versammlungen gesprochen. Und ich denke, du bist doch wenigstens so weit mit uns einig, dass wir den Heolin nicht hergeben werden, oder?«
Awin nickte widerstrebend.
Dann ergriff Gregil noch einmal das Wort: »Und wirst du dich, Awin, den wir in unserer Mitte aufgenommen haben, als du mit den Deinen auf der Flucht und hilflos warst, dem Willen unserer Männer widersetzen, die Eri zum Yaman küren wollen?«
Awin sah sie erstaunt an. In ihrem Gesicht lag ein Zug eiserner Härte. Er schüttelte den Kopf. »Wenn es der Wille der Sippe ist, werde ich mich dem nicht in den Weg stellen.«
Gregil sah Tuge auffordernd an. Der Bogner räusperte sich. »Eris Anspruch ist ohne Frage berechtigt, auch wenn er jung ist und wir wenige sind. Er soll unser Yaman sein, und ich hoffe, er vermag es, diesen Klan in bessere Zeiten zu führen.«
»Wir werden ihm helfen«, erklärte Curru gönnerhaft.
»Ich bin mir nicht mehr sicher«, rief plötzlich die alte Telia laut.
Eri sah sie stirnrunzelnd an. »Du weißt doch wohl, Mutter Telia, dass dies die Versammlung der Männer ist, oder?«
»Ich weiß nichts von einer Versammlung«, krächzte die Alte. »Ich meinte meinen Traum. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob nicht du es warst, der das Tor öffnete, Eri, Aryaks Sohn, und nicht dieser andere Junge, Awin«, sagte sie dann.
»Was denn für ein Tor, Alte?«, fragte Eri ungehalten.
»Es war riesig und finster. Und dann brach ein großes Feuer aus.«
»Diesen Traum hat dir Tengwil gesandt, Telia?«, fragte Curru. Sie nickte. Der alte Seher zögerte, dann sagte er mit feierlicher Stimme, wie immer, wenn er Zeichen deutete oder
eine seiner Vorhersagen traf: »Ein großes Bild und leicht zu deuten. Eri durchbricht die dunkle Mauer der Trauer, die uns heute noch einschließt. Er stößt das Tor in eine neue, bessere Zukunft auf. Das Feuer ist ein Zeichen seiner inneren Stärke. Er wird die Hindernisse verbrennen, die sich ihm und uns in den Weg stellen.«
»Mag sein, junger
Weitere Kostenlose Bücher