Der Sohn des Verräters - 21
räumte er in den Sterilisator, bevor er tief Luft holte und sich darauf vorbereitete, Katherine zu wecken. Er würde sie antreiben müssen, durfte ihr keine Zeit lassen, nachzudenken und Fragen zu stellen – oder er musste sie und die Kinder im Stich lassen, und das war unvorstellbar. Wenn er doch nur nicht so müde gewesen wäre!
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Marguerida Alton-Hastur saß an ihrem Schreibtisch und sah aus dem Fenster. Sie war unruhig, hätte jedoch keinen Grund dafür nennen können. Ein prächtiger, frühherbstlicher Himmel mit verschiedenen interessanten Wolkengebilden füllte die schmale Öffnung. Sie fand, dass eines an ein Kamel erinnerte, ein Tier, das auf Darkover nie existiert hatte und jetzt nur noch in einigen Wildreservaten lebte. Marguerida dachte daran, wie viel Spaß sie immer gehabt hatten, als die Kinder noch klein waren und zu bestimmen versuchten, wonach die Wolken aussahen. Einmal hatten mehrere Wolken in ihren Augen wie ein Schwarm Delfine ausgesehen, die in den Meeren von Thetis herumtollten, dem Planeten, auf dem sie aufgewachsen war. Sie hatte damals weder ihre plötzliche Tränenflut erklären können noch die Natur ihrer Fantasiebilder. Ihre Kinder hatten das Meer nie gesehen und erst recht nicht darin gebadet, sie konnten ihr schmerzliches Verlangen nach warmen Ozeanen und milden Seewinden nicht nachvollziehen. Komisch – sie hatte seit einer Ewigkeit nicht an jenen Tag gedacht. Sie wurde wohl langsam alt und fing an, in Erinnerungen zu schwelgen.
Inzwischen waren die Kinder alle viel zu groß für Wolkengucken, selbst Yllana, die Jüngste mit ihren elf Jahren, und Marguerida vermisste das harmlose Spiel sehr. Letzten Mittsommer war Domenic, ihr Ältester, zum designierten Erben seines Vaters ernannt worden, trotz der lautstarken Proteste von Javanne Hastur, ihrer schwierigen Schwiegermutter.
Kaum zu glauben, wie schnell die Zeit vergangen war. Nicht mehr lange, und sie könnte selbst Schwiegermutter werden, und dann Großmutter! Hoffentlich würde sie ihrer noch unbekannten Schwiegertochter mehr Sympathie entgegenbringen als Javanne ihr, und hoffentlich würde sie freundlicher oder wenigstens höflicher zu ihr sein. Aber noch nicht so bald, flüsterte sie vor sich hin. Auch wenn das Elterndasein durchaus nicht immer leicht gewesen war, sie hatte es nicht eilig damit, dass ihre Kinder sie verließen.
Sie sah sich in dem kleinen Arbeitszimmer um, das sie sich in ihrer Suite auf Burg Comyn eingerichtet hatte. Das Feuer im Kamin loderte, und der behagliche Raum duftete nach brennendem Balsamholz. Die verkleideten Wände reflektierten das zuckende Licht des Feuers, und die Farben im Muster des Teppichs auf dem Steinboden erfreuten ihr Auge. Der Geschmack des Herbstes drang selbst durch die dicken Mauern von Burg Comyn, ein frischer Geruch, der ihren Geist stets belebte. Es hatte lange gedauert, bis sie sich an das Wetter auf Darkover gewöhnt hatte, denn auf Thetis war der Sommer mehr oder weniger endlos gewesen. Aber inzwischen freute sie sich richtig auf den Wechsel der Jahreszeiten und die Feste, die ihn unterstrichen.
Aus dem angrenzenden Raum hörte sie das fröhliche Klimpere eines Klaviers; dort gab Ida Davidson Yllana ihre Musikstunden. Marguerida lächelte bei dem Klang. Es handelte sich um kein E-Piano, wie es Ida gespielt hatte, als Marguerida während ihrer Universitätszeit bei ihr wohnte. Ein solches Instrument war auf Darkover verboten, da es die fortgeschrittene Technik der Föderation benutzte. Stattdessen handelte es sich bei diesem hier um eine anständige Imitation der noblen Vorfahren jenes Instruments, es war gänzlich aus einheimischem Holz und den raren Metallen Darkovers gefertigt, nach Entwürfen, die Marguerida unter großen Schwierigkeiten aus den Archiven der Universität erhalten hatte. Vorher hatte kein Tasteninstrument dieser Art auf Darkover existiert, aber nun, nach allen Mühen beim Bau des ersten, gab es sechs Stück davon in Thendara. Einige Mitglieder der Musikergilde schrieben spezielle Musik dafür. Yllana spielte jedoch keine dieser heimischen Kompositionen, sondern eine der Klieg-Variationen aus dem vierundzwanzigsten Jahrhundert – methodisch streng, strukturiert und eine echte Herausforderung für zehn kleine Finger.
Wie ihr ein rascher mentaler Überblick über Burg Comyn zeigte, gab es absolut nichts, was die Heiterkeit des Augenblicks stören konnte. Ihr Laran , eine Quelle des bitteren Zorns, als sie es an sich entdeckte, hatte durchaus seine
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