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Der Sohn des Verräters - 21

Der Sohn des Verräters - 21

Titel: Der Sohn des Verräters - 21 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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nicht auf Darkover verbracht, und er fand, er sollte sich inzwischen daran gewöhnt haben. Aber sein Heimweh war eher immer schlimmer geworden. Er dachte einen Augenblick daran, wie er als junger Mann – ein Bauerntrampel nach den Maßstäben der Föderation – hier angekommen war, um seine Welt in der niedrigeren der beiden Kammern zu vertreten. Die riesigen Gebäude hatten ihn eingeschüchtert, die Bienenstöcke und Wolkenkratzer, die Allgegenwart einer Technologie, die man sich auf seiner fernen Welt nicht einmal vorstellen konnte. Obwohl er mit verschiedenen Terranern aufgewachsen war, die auf Burg Aldaran ein und aus gingen, und obwohl seine Mutter Terra als ihren Geburtsplaneten bezeichnete, hatte er schnell gemerkt, wie unglaublich wenig er wusste. An seine Mutter erinnerte er sich kaum, denn sie war gestorben, als er drei war. Aber mit Sicherheit hatte sie ihm nie etwas erzählt, das ihn auf die Realität vorbereitet hätte, die ihn in seinem ersten Jahr in der Abgeordnetenkammer einholte. Sie hatte ihm einen merkwürdigen, für Darkover untypischen Namen vermacht – einen altertümlichen und selbst nach terranischen Maßstäben ungewöhnlichen, wie er inzwischen wusste –, eine Neigung zur Kahlheit und darüber hinaus nur undeutliche, bruchstückhafte Erinnerungen. Alle drei Ehefrauen von Dom Damon Aldaran waren verstorben – sein Vater hatte tragisches Pech gehabt.
    Zu Herms Glück war Lew Alton da gewesen, um ihm durch jene ersten Jahre zu helfen. Er hatte fast auf Anhieb gelernt, mit der Technologie umzugehen, per Computer an Informationen zu gelangen und mit Leuten zu kommunizieren. Noch wichtiger war, dass Lew ihn dazu angehalten hatte, die Literatur und Philosophie von hundert Planeten sowie die komplizierte Geschichte der Föderation zu studieren. Zunächst war ihm der Zweck dieser Anstrengungen nicht recht klar gewesen, und er hatte die Texte nur gelesen, um dem Älteren eine Freude zu machen, Doch allmählich hatte er begriffen, wie wenig gebildet er für die Aufgabe war, für die man ihn ausgewählt hatte. Nach großen Anlaufschwierigkeiten hatte er schließlich die Denkweise der Föderation verstanden, ihr Wurzeln in uralten Ideen, die auf Darkover nie Fuß gefasst hatten – darunter einige sehr gute Ideen.
    Aber er wusste, dass man nun im Begriff stand, diese Ideale aufzugeben, und dass die Föderation auf eine Ära der militärischen Dominanz und Unterdrückung zusteuerte. Das war in der menschlichen Geschichte auch schon früher passiert, aber er wünschte, es würde nicht gerade zu seinen Lebzeiten eintreten. Und er konnte nicht offen darüber sprechen, wie es bei seiner Ankunft von Darkover noch möglich gewesen war. Wie jede andere Person auf dem Planeten war er ständiger Überwachung ausgesetzt, und er konnte nichts dagegen ausrichten, denn es galt als schweres Vergehen, die Augen und Ohren der Spitzel außer Betrieb zu setzen. Er fragte sich, was die Durchschnittsbürger darüber dachten und ob sie überhaupt dachten. Wahrscheinlich nicht, hypnotisiert von Medienberieselung und Videodramen, wie sie waren.
    Aber Herm wusste, dass die Lage schlecht war und immer schlimmer wurde. Mittel in Billionenhöhe wurden alljährlich für neue Techno logien ausgegeben. Gleichzeitig wandte man extrem wenig für die einfachen Leute auf, deren tägliches Leben immer härter wurde. Er hatte sich bemüht, dieses Phänomen zu verstehen, aber es ergab immer noch keinen Sinn für ihn, und wie die meisten seiner Kollegen in der Kammer war er buchstäblich machtlos dagegen.
    Aber das waren morbide Gedanken. Daran waren wohl die Anstrengungen der letzten Zeit schuld. Regis Hastur hatte Herms ursprünglichen Platz in der Abgeordnetenkammer nach seinem Ausscheiden nicht wieder besetzt, und so war Herm seit sechzehn Jahren keinem gebürtigen Darkovaner mehr begegnet. Das machte ihm selten zu schaffen, aber nun war er so müde, dass es ihm wie eine schwere Last erschien.
    Neuerdings war Schlaf ein seltenes Vergnügen geworden, da die Versammlungen, sowohl die öffentlichen wie die nichtöffentlichen, in beiden Kammern der Legislative bis weit in die Nacht dauerten – oder was man auf diesem fürchterlichen Planeten unter Nacht verstand. Herm hätte jede einzelne von Zandrus eisigen Höllen vorgezogen. Der Senat, in dem er nun seit nahezu sechzehn Jahren schuftete, war ein Hornissennest, in das die Expansionisten gestochen hatten, und in der Abgeordnetenkammer war es kaum besser. Aber er war auch schon früher

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