Der Sohn des Verräters - 21
mit politischen Krisen fertig geworden, ohne dass er mitten in der Nacht aufwachte und das Gefühl hatte, das Herz müsse ihm jeden Moment aus dem Leib springen.
So sehr Herm es hasste, in der Föderation zu leben, so sehr genoss er im Grunde den ständigen Aufruhr des Politikerdaseins. Jedenfalls hatte er ihn bis vor wenigen Monaten genossen, bis die Partei der Expansionisten schließlich eine hauchdünne Mehrheit in beiden Häusern erreichte und eine Politik zu machen begann, die er ablehnte. Sie hatten für alle Mitgliedsplaneten der Föderation neue Steuern erlassen, um eine Flotte von schweren Kampfschiffen zu bauen, obwohl es gar keinen Feind gab, gegen den man sich verteidigen musste. Ein paar Welten hatten protestiert und sogar zu rebellieren versucht; dorthin hatte man Kampftruppen gesand t, um „die Ordnung aufrechtzuerhalten“. Das war kein Spiel mehr, in dem Herm mit seinem natürlichen Talent für Wortgefechte und seiner Listigkeit brillieren konnte, die immer seine Hauptstützen gewesen waren. Es war zu einem täglichen Albtraum geworden, aus dem er nie mehr zu erwachen drohte.
In jüngster Zeit hatten die sich überstürzenden Ereignisse selbst einige der gemäßigteren Senatoren in der expansionistischen Partei aufgeschreckt. Mit bemerkenswertem Mut, wie Herm fand, hatten diese Männer und Frauen bei einem umstrittenen Verteidigungsgesetz gegen die eigene Mehrheit gestimmt, es wirksam vereitelt und Senat wie Kammer in eine verfahrene Situation gebracht. Es hatte Druck gegeben, Überredungsversuche, doch alles ohne Erfolg. Abgesehen von endlosen Konferenzen und langatmigen Reden war seit fast sechs Wochen keine richtige Arbeit mehr erledigt worden, und es sah auch nicht so aus, als sollte sich das in naher Zukunft ändern. Die Führer der Expansionisten wurden zunehmend verzweifelter und das einzig Gute an dem ganzen Durcheinander war, dass seither keine neuen Steuern erlassen wurden.
Doch auf lange Sicht war von einem lahm gelegten Parlament kein Nutzen zu erwarten. Eine handlungsunfähige Regierung konnte unbeabsichtigt mehr Schaden anrichten, als Gutes tun.
Herm versuchte die düstere Stimmung abzuschütteln, die seine Gedanken trübte, und fand sich bei der Erinnerung an eine der letzten Unterhaltungen mit Lew Alton wieder, bevor dieser sein Amt aufgegeben hatte und nach Darkover zurückgekehrt war. Der Glückliche. Lew musste jetzt nicht auf einem armseligen Hocker balancieren und versuchen aus einer Hysterie schlau zu werden, die in den letzten zehn Jahren immer größer geworden war. Was hatte er damals gesagt? Ach ja: „Es könnte eine Zeit kommen, Hermes, in der die Föderation kollektiv den Verstand verliert, und falls das tatsächlich eintritt, weiß ich im Grunde nicht, was ich dir raten soll. Aber wenn es so weit ist, wirst du es in deinem Innersten spüren. Und dann musst du dich entscheiden, ob du bleiben und kämpfen willst oder ob du vor dem ganzen Tumult fliehst. Und glaub mir. dein Verstand wird dir eine eindeutige Antwort geben. Verlass dich auf deinen Instinkt, junger Mann.“
Guter Rat und immer noch brauchbar. Aber die Dinge hatten sich seit Lew Altons Zeit als Senator von Darkover geändert. Damals war Herm noch nicht verheiratet gewesen – was für eine einzigartige Dummheit, eine Witwe von Renney mit einem kleinen Sohn namens Amaury zu heiraten! Aber er war hoffnungslos verliebt gewesen. Inzwischen hatten sie auch ein eigenes Kind, ihre Tochter Terese, ein fröhliches Mädchen von fast zehn Jahren. Die Familie war das Licht in seinem Leben, und Herm wusste, dass er ohne den Halt durch Kate und die Kinder noch viel unglücklicher wäre. Allerdings war ihm auch klar, dass er die Angelegenheit nicht gründlich durchdacht hatte, als er seine Frau kennen lernte, sich unsterblich verliebte und sie einen Monat später heiratete. Zweifellos hatte er nicht die Probleme bedacht, die sich ergeben, wenn ein halbdarkovanisches Kind ein Alter erreicht, in dem die Schwellenkrankheit auftritt und das Laran einsetzt. Und er hatte Katherine nie von den angeborenen paranormalen Gaben seines Volkes erzählt, auch wenn er es sich immer vorgenommen hatte … eines Tages. Irgendwie war nie der passende Moment dafür gekommen. Und wie sollte er es ihr auch beibringen? „Ach, übrigens, Kate, was ich dir schon immer sagen wollte – ich kann die Gedanken anderer Leute lesen.“
Herm schauderte, wenn er sich die Szene vorstellte, die darauf unweigerlich folgen würde. Nein, er hatte ihr die
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