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Der Sommer auf Usedom

Der Sommer auf Usedom

Titel: Der Sommer auf Usedom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Johannson
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im Auge, während sie möglichst langsam rückwärts ging.
    »Au!« Der Schmerzensschrei, ausgestoßen von einer schrillen Frauenstimme, tat ihr im Ohr weh. Gleichzeitig geriet Jasmin ins Straucheln. Sie hatte ihren Absatz zielsicher auf dem Fuß einer Dame platziert, der in einer ähnlichen Riemchensandale steckte, wie sie selber eine trug.
    »Entschuldigung, es tut mir wirklich sehr leid«, beschwichtigte sie die noch immer jammernde Frau, während sie versuchte, die Balance wiederzufinden und sich weiter zurückzuziehen. Sie erkannte eine Absperrung, die verhindern sollte, dass sich jemand dem kostbarsten Stück der Ausstellung, einer über hundert Jahre alten Brosche, die die Stadtsilhouette von Danzig zeigte, zu sehr nähern konnte. Das Seil, das gewissermaßen eine Schutzzone um die Vitrine bildete, in der sich die wertvolle Arbeit befand, war nicht sehr hoch. Drum herum drängten sich die neugierigen Besucher und reckten ihre Hälse. Da gab es kein Durchkommen. Und Jasmin hatte durch die Frau, die sie getreten hatte, schon Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Sie musste hier weg, schnell und möglichst unauffällig. Der direkte Weg war der kürzeste, dachte sie. Und es würde schon keiner etwas sagen, wenn sie nur rasch über das Seil steigen und auf der anderen Seite des rechteckigen Schutzfeldes die Absperrung gleichwieder verlassen würde. Trotz der Warnleuchten, die in ihrem Hirn auf der Stelle aufblitzten, dachte sie nicht weiter über ihren Einfall nach, sondern setzte ihn ohne Umschweife in die Tat um. Sie raffte ihren Rock, murmelte etwas davon, dass ihr nicht gut sei und sie dringend an die frische Luft müsse, und hob ihren Fuß über das Seil. Im nächsten Moment ertönte ein hässlicher hoher Alarmton. Jasmin stockte vor Schreck der Atem. Sie wollte ihr Bein zurückziehen, doch ihre Stola rutschte ihr von den Schultern und verfing sich so unglücklich zwischen Fuß und Seil, dass Jasmin hängenblieb und ins Stolpern geriet, wobei sie einen Mann anrempelte, der einige Schritte rückwärts ging. Alle zogen sich von der extra gesicherten Vitrine zurück, als wollten sie vermeiden, unter falschen Verdacht zu geraten. Auch Jasmin wollte nur weg. Raus hier, hämmerte es in ihrem Kopf. Aus dem Augenwinkel nahm sie wahr, dass eine Person auf den Schaukasten mit der Brosche zustürzte. Nutzte etwa jemand die Gelegenheit, das antike Schmuckstück zu stehlen? Sie musste wissen, ob es André war, sah sich um und prallte gegen einen kräftigen Körper, der sie im Lauf stoppte.
    »Nicht so eilig!« Sie erkannte seine Stimme sofort. Mit festem Griff hatte er ihre Arme gepackt. Jasmin sah an ihm hoch. Sein Blick war kühl, fast schon ein wenig arrogant.
    »Sie sind vorläufig festgenommen«, sagte er laut und deutlich. Wie in einem bösen Traum nahm sie die Menschen wahr, die sie anstarrten und miteinander zu tuscheln begannen. Es fühlte sich an, als wäre die Welt plötzlich eine Umdrehung langsamer, die Bewegungen der Besucher wirkten verzögert, ihre Gesichter verzogen sich zu übertriebenen Grimassen. Gut möglich, dass nur ihre Fantasie mit ihr durchging.
    »Wieso?«, murmelte sie, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen.
    »Besser, Sie kooperieren. Kommen Sie!« Er legte ihr doch wahrhaftig Handschellen an. Jasmin suchte den Raum nach ihrer Freundin ab.
    »Du bist doch der Böse und nicht ich«, protestierte sie, umZeit zu gewinnen. Er zog seinen Dienstausweis hervor und hielt ihn ihr unter die Nase. André Tietje, war darauf neben seinem Passfoto zu lesen, und dass er Kriminaloberkommissar war. »Das kann nicht sein«, stammelte sie. Da entdeckte sie endlich Gabi. Monsieur Fromage war an ihrer Seite. Sie kamen forschen Schrittes in ihre Richtung, wurden aber von dem uniformierten Nagetier aufgehalten. Jasmin konnte nicht hören, was sie miteinander sprachen, denn das Flüstern der Umstehenden schwoll zu lautstarken Diskussionen und Begeisterungsbekundungen an. Endlich konnten auf der Insel wieder Kunstwerke gezeigt werden, ohne dass man um deren Verbleib fürchten müsse, sagte jemand. Ein anderer ereiferte sich darüber, dass dieses Diebespack doch tatsächlich die Dreistigkeit besäße, als Gäste bei einer Ausstellungseröffnung zu erscheinen. Unfassbar, dass eine Frau anscheinend die Drahtzieherin war!
    »Also los, gehen wir«, kommandierte Kriminaloberkommissar Tietje.
    Jasmin hatte für einen kurzen Moment das Gefühl, in schallendes Gelächter ausbrechen zu müssen, doch das blieb ihr im nächsten

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