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Der Sommer deines Todes

Der Sommer deines Todes

Titel: Der Sommer deines Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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hoch, schellt, wartet und läutet noch einmal. Nach einer kleinen Weile ruft er seinen Festnetzanschluss an und hört, wie es drinnen klingelt. Kopfschüttelnd beginnt er, Marios Handynummer zu wählen, hält inne und überlegt, was er als Nächstes tun soll. Er könnte versuchen, Lacie Chen anzurufen und sie zu fragen, was zur Hölle sie ihm da eingebrockt hat und warum, doch er nimmt auch von dieser Idee Abstand.
    Stattdessen wählt er Billys Nummer. Er will ihn vorwarnen, dass er einen Übernachtungsgast bekommt, erreicht aber nur die Mailbox.
    Schließlich entscheidet er sich, die fünfzehnminütige Strecke zu Billys Apartment in Park Slope mit dem Rollkoffer im Schlepptau zu Fuß zurückzulegen. Währenddessen arbeitet sein Verstand auf Hochtouren. Im Geist geht Mac die Informationen durch, die er gestern Nacht auf dem Flughafen und im Flieger schon x-mal rekapituliert hat. Jedes Mal, wenn er an die Rossis denkt, kriegt er ein ganz ungutes Gefühl. Er war in ihrem Haus auf Sardinien und hielt sie für ehrliche Typen, aber waren sie das auch? Wer hat
sie
zu dem Wohnungstausch überredet? Wie viel Geld hat man ihnen dafür geboten, ihr Haus Fremden zu überlassen? Ist jeder käuflich, wenn ihm die richtige Summe geboten wird? Seinen Lebensunterhalt als Comiczeichner zu verdienen, ist sicherlich schwierig. Mac überlegt, wem Kroll und Millerhausen wohl mehr Geld geboten haben: ihm oder den Rossis?
    Aus den geöffneten Fenstern von Billys Erdgeschosswohnung dringt zu Macs Verwunderung Rap und die Stimme eines Radiosprechers, der dafür wirbt, dass man seine Bremsen bei Pep Boys überprüfen lässt. Billy, großer Fan von Countrymusic, macht kein Hehl daraus, wie sehr er Rap verabscheut.
    Nach dem zweiten Läuten kommt jemand aus dem hinteren Teil der Wohnung an die Tür. Mac späht durchs Fenster. Die Möbel sind mit Laken zugedeckt, die Wände im Wohnzimmer sehen frisch gestrichen aus. Nicht Billy, sondern ein Mann in einem von Farbspritzern überzogenen Overall und löchrigem grünem T-Shirt öffnet die Tür. Auf seiner Stirn prangt ein roter Farbklecks.
    «Ich bin ein Freund von Billy. Wie es aussieht, ist er nicht hier.»
    «Wohnt bei einer Freundin», antwortet der Mann mit russischem Akzent. «Sie können ihn auch nicht erreichen, was? Ich habe es den ganzen Morgen lang versucht, um mit ihm über dieses Rot fürs Badezimmer zu sprechen. Meiner Meinung nach sollte er erst mal einen Blick auf die Farbe werfen, bevor ich loslege.»
    «Komisch, dass er nicht selbst streicht.»
    «Der Hausbesitzer hat mich angeheuert. Wasserschaden im ersten Stock. Durch die Decke ist auch hier Wasser eingedrungen. Das wieder in Ordnung zu bringen, ist eine größere Sache.»
    «Wissen Sie zufällig, bei wem er wohnt?»
    «Bei seiner Partnerin. Hat einen eigenwilligen Namen, an den ich mich nicht erinnern kann.»
    «Ladasha?»
    Der Mann grinst, nickt, prustet vor Lachen.
    La-a antwortet nach dem zweiten Klingeln mit ihrer zuvorkommenden Freizeitstimme, die sich deutlich von dem Tonfall unterscheidet, den sie beruflich anschlägt.
    «Ciao!»
    «Dash?»
    «Kaum sehe ich deinen Namen auf dem Display, muss ich daran denken, dass mich noch nie jemand aus Italien angerufen hat. Eine Postkarte hätte auch gereicht.»
    «Ich bin in Brooklyn.»
    Eine kurze Pause. «Wieso?»
    «Ist Billy da?»
    Nach einer weiteren Pause hört Mac Billys Stimme. «Was ist passiert? Warum bist du schon zurück?»
    Mac erläutert kurz, was sich zugetragen hat, und kriegt mit, wie Billy La-a fragt, ob sie noch einen obdachlosen Ermittler beherbergen kann. Zu Macs Überraschung willigt sie sofort ein, bleibt aber, was die Wortwahl angeht, ganz die Alte. «Sag ihm, er soll seinen Hintern auf der Stelle hierherbewegen. Er kann in Devons Bett schlafen. Und sag ihm, dass wir gleich zu Mittag essen.»
    «Sie meinte …»
    «Ich hab’s gehört. Bist du sicher, dass das Ladasha war?»
    «Hmm, hmm», erwidert Billy und schweigt. Mac malt sich aus, wie La-a neben Billy steht und die Hand nach dem Hörer ausstreckt, um das Gespräch zu übernehmen, doch da es ihm an Phantasie fehlt, sich diese Frau in ihrem heimischen Umfeld vorzustellen, verblasst das Bild. Er kennt sie nur vom Revier, wo sie stets schlecht gelaunt und unfreundlich ist. Diese Frau kann Berufsleben und Freizeit perfekt trennen, denkt Mac. Karin hat einmal gefordert, in dieser Welt müssten alleinerziehende Mütter das Sagen haben, was Mac in diesem Augenblick gar nicht mehr so abwegig findet. Niemand

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