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Der Sommer der Frauen

Der Sommer der Frauen

Titel: Der Sommer der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia March
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und gemeinsam sahen sie in den Spiegel über dem Tisch.
    Der Kopfputz war wirklich hübsch. Und er verlieh Kat ein durchaus bräutliches Gefühl.
    Lolly umfasste ihre Schultern. «Und damit probierst du jetzt die Kleider an!»
    «Sagen Sie Bescheid, wenn Sie Hilfe brauchen», sagte Claire. «Die Kleider sind im Grunde beide ganz unkompliziert. Man kommt leicht rein – und wieder raus.»
    Kat ging zurück in die elegante Umkleidekabine, die beinahe so groß war wie das Rotkehlchenzimmer in der Pension. Sie strich über die beiden Kleider, die in der Kabine bereithingen, nahm den Schleier ab, legte ihn vorsichtig auf die gepolsterte Sitzbank und zog sich dann das T-Shirt und den Rock aus. Sie stieg in das erste weiße Seidenkleid und fasste hinter sich, um den Reißverschluss zuzuziehen. Das Kleid war hübsch. Es sah tatsächlich aus wie auf dem Foto. Kat setzte den Schleier wieder auf und betrachtete sich von allen Seiten in dem dreiteiligen Spiegel. Sie fühlte sich wie verkleidet. Als wäre sie eigentlich gar keine Braut.
    «Benötigen Sie Hilfe, Kat?»
    Sie trat aus der Kabine und stellte sich vor ihre Mutter.
    «Es ist sehr hübsch», sagte Lolly.
    «Wunderschön!», kam es von Claire. «Aber was sagen Sie selbst, Kat?»
    «Na ja, es gefällt mir», sagte sie und drehte sich vor dem Spiegel in der Ecke hin und her. «Aber ich bin mir nicht sicher, ob es
das Richtige
ist.»
    «Probieren Sie das zweite an. Und vergessen Sie nicht, dass Sie heute zum ersten Mal hier sind. Das war ihr allererstes Kleid. Manchmal muss man zehn oder zwanzig verschiedene probieren, ehe man das Richtige findet. Das weiß man in der Sekunde, wo man es angezogen hat.»
    Zehn oder zwanzig Kleider? Kat hatte nicht mal Lust, das zweite anzuprobieren.
    Sie ging zurück in die Umkleidekabine, zog Kleid Nummer eins aus, hängte es auf seinen Bügel und stieg in Kleid Nummer zwei. In dem Augenblick, als sie in den Spiegel sah, geschah etwas mit ihr.
    Das war ihr Kleid.
    Das war ihr klarer als irgendetwas in letzter Zeit. Das Kleid war einfach perfekt, wunderschön und atemberaubend. Ihre Haut schien zu schimmern. Sie setzte den Schleier wieder auf. Ihr verschlug es den Atem.
    Das ist nur ein hübsches Kleid
, ermahnte sie sich.
Das hat gar nichts zu bedeuten. Das Universum möchte dir nichts sagen. Es ist nur ein Kleid, das zufällig so aussieht, als seist du dazu bestimmt, es zu tragen, als sei es nur für dich gemacht.
    «Sind Sie so weit, Kat?»
    Sie holte tief Luft. Wenn ihre Mutter sie gleich sah, in diesem Kleid und mit diesem Schleier auf dem Kopf, dann würde sie in Tränen ausbrechen, so viel stand fest. Ihre Mutter war nun wirklich nicht sentimental, aber wenn das Kleid es schon geschafft hatte, Kat selbst den Atem zu verschlagen, dann würde es ihre Mutter sicher doppelt mitnehmen.
    Sie öffnete die Tür. Und hatte sich nicht geirrt.
    Lolly stand auf, fasste sich ans Herz. Und schlug dann schnell die Hände vors Gesicht, um die Tränen zu verbergen. In diesem Augenblick wurde Kat klar, dass ihre Mutter sie so sehr liebte, wie sie es niemals geahnt hatte.
    «Das ist es», sagte Kat.
    «Ja, kein Grund, noch weiterzusuchen.» Claire lächelte. «Ich muss an der Taille zwar noch einen Hauch wegnehmen und den Saum einen Zentimeter weit herauslassen, aber ansonsten ist es, als wäre das Kleid für Sie gemacht worden.»
    «Und? Ist es unbezahlbar?», fragte Kat.
    «Das Kleid Ihrer Träume, ganz gleich, was es kostet, ist bereits bezahlt», sagte Claire und zwinkerte ihr zu. «Eins darf ich Ihnen sagen: Das erlebe ich hier auch nicht alle Tage.»
    Oliver.
Er hatte sich um ihr Traumkleid gekümmert, damit ihre Mutter sich wegen der Kosten keine Sorgen machen musste. Und damit Kat sich keine Sorgen wegen einer besorgten Mutter machen musste.
    Lolly strahlte. «Na dann! Wenn du dir sicher bist, Kat, dann nehmen wir es.»
    Kat sah noch einmal in den Spiegel. Lolly stand neben ihr, unverhohlene Bewunderung im Blick. «Wenn es das Letzte in meinem Leben ist, dich in diesem Kleid an Olivers Seite treten zu sehen, dann sterbe ich als glücklicher Mensch.»
    Kat starrte ihre Mutter an.
Das Letzte in meinem Leben …
    «Aber wenn du dir nicht sicher bist», sagte Lolly, «dann suchen wir weiter. Ich sehe hier mindestens drei Kleider, die an dir auch umwerfend aussehen würden.»
    Wenn du dir nicht sicher bist, wenn du dir nicht sicher bist, wenn du dir nicht sicher bist!
Die Worte dröhnten in Kats Schädel, bis sie ihren Anblick im Spiegel keine

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