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Der Sommer der toten Puppen

Der Sommer der toten Puppen

Titel: Der Sommer der toten Puppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonio Hill
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Inspektor? Schon merkwürdig, wie die Menschen hier an abstrakte Dinge wie Atome glauben können, und dann ignorieren sie völlig, was ihnen jede Nacht widerfährt. Denn wir träumen alle, oder?«
    Héctor beißt sich auf die Lippe, um ihn nicht zu unterbrechen. Klar, dass dieses Arschloch es auf seine Weise erzählen wird. Der Doktor spricht jetzt sehr leise.
    »Kinder sind klug. Sie haben Albträume und fürchten sie. Aber wenn sie älter werden, schärft man ihnen ein, sie sollen keine Angst haben. Hatten Sie Albträume, Inspektor? Ah, ich sehe schon. Nächtliche Panikattacken? Nur, Sie denken schon lange nicht mehr daran. Auch wenn Sie immer noch nicht gut schlafen, stimmt’s? Aber sagen Sie mir eins, wie sonst hätte ich in den Kopf der armen Kleinen schlüpfen und ihr sagen können, was sie tun soll? Nimm die Schere, streich dir damit über den Bauch. Jetzt höher, bis zu den kleinen Brüsten, stich hinein ...«
    Weiter kann er sich nicht erinnern. Das Nächste ist seineblutverschmierte Faust, wie sie immer wieder auf das Gesicht dieses Arschlochs einschlägt.
    »Was machst du denn hier?«
    Die raue Stimme von Martina holte ihn in die Gegenwart zurück. Er war so verwirrt, dass ihm keine Zeit blieb für eine Antwort.
    »Egal, musst du mir nicht sagen. Ich wusste, dass du kommen würdest. Eine scheußliche Sache.«
    Héctor ging den Flur entlang.
    »Geh nicht da rein, du musst es dir von der Tür aus ansehen.«
    Es war dasselbe Sprechzimmer, aber bei Tageslicht nur ein schäbiges Loch, keineswegs unheimlich.
    »Ehrlich gesagt, ich habe schon sympathischere Schweinchen gesehen«, sagte die Unterinspektorin hinter ihm.
    Was auf dem Tisch lag, arrangiert wie eine Skulptur, war nicht der Kopf eines Ferkels, sondern der eines ausgewachsenen Ebers. Man hatte ihn schon in einen schwarzen Sack gesteckt, aus dem ein Stück des Gesichts herausragte, aufgedunsen, wie gekocht, die Ohren gekräuselt und die fleischige Schnauze von einem widerlichen Rosa.
    »Ach ja, und das Blut ist nicht von dem Schwein. Es blutet nirgendwo, siehst du?«
    Es war kein Blut auf dem Tisch, dafür an der Wand und auf dem Boden.
    »Kollege, nehmen Sie das mit«, sagte Andreu zu dem Mann, der mit Handschuhen in dem Raum stand, »und bringen Sie es ...«
    Für einen Moment schwieg sie, als wüsste sie nicht, wohin man einen Schweinekopf bringen sollte.
    »Ja, Unterinspektorin. Ich kümmere mich darum.«
    »Und Inspektor Salgado haben wir nicht gesehen, nicht wahr?«
    Der Mann lächelte.
    »Ich weiß nicht mal, wer das ist.«
    Sie gingen in ein Restaurant in der Nähe, um etwas zu essen. Welker Salat, Tintenfisch in einer Ölpfütze und Obstsalat von traurigen Früchten.
    »Wie ist es so gelaufen in diesen Wochen?«, fragte er.
    »Scheußlich.« Die Antwort kam wie ein Fallbeil. »Savall war unerträglich und hat seine Hundelaune an allen ausgelassen.«
    »Wegen mir?«
    »Na ja, wegen dir, wegen dem Anwalt von diesem komischen Kerl, wegen dem Minister, der Presse ... Ehrlich gesagt, du hast uns ganz schön was eingebrockt, Salgado.«
    »Kann ich mir denken«, sagte er. »Tut mir leid, dass ihr euch damit rumschlagen musstet. Wirklich.«
    »Ich weiß.« Sie zuckte mit den Schultern. »Aber du hättest auch nichts tun können. Es war besser so. Savall jedenfalls hat sich, was dich betrifft, echt super verhalten. Ein anderer hätte dich den Raubtieren zum Fraß vorgeworfen.«
    Sie wusste, dass Héctor es hasste, in der Schuld anderer zu stehen, aber es war nur gerecht, dass er die Wahrheit erfuhr.
    »Zum Glück«, fuhr Andreu fort, »waren endlich einmal fast alle daran interessiert, das Thema zu begraben. Die Presse wollte lieber das Foto von dem verstümmelten Mädchen, der Minister wollte nicht, dass eine Operation beeinträchtigt würde, die bis dahin glänzend gelaufen war, und der Anwalt wollte es nur benutzen, um seinen Mandanten vor einer drohenden Anklage zu bewahren. Wenn er zu sehr gedrängt hätte, hätten sie später keine Möglichkeit mehr gehabt, dieVorwürfe gegen dich zurückzuziehen und im Gegenzug ... Na ja, du verstehst schon, eine Hand wäscht die andere.«
    Es wurde kurz still. Héctor spürte, dass noch etwas kommen würde.
    »Was ist bloß in dich gefahren, Salgado? Es lief doch alles super! Die wichtigsten Köpfe hatten wir, die Bordelle des Rings waren geräumt. Eine europaweite Operation, für die wir uns aufgerieben haben ... Und als alles in Sack und Tüten ist, als die Nachricht schon in den Zeitungen steht und der

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