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Der Sommer der Vergessenen: Band 1 von 2 (German Edition)

Der Sommer der Vergessenen: Band 1 von 2 (German Edition)

Titel: Der Sommer der Vergessenen: Band 1 von 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Grandjean
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Springbrunnen. Alle applaudierten. Solomon ließ seine Krähen aufsteigen, und sie schrieben Rolos Namen in den Himmel. Aber wo blieben seine Eltern? Endlich traten sie aus dem Haus. Seine Mutter sah genauso aus wie auf dem Bild, das in der Küche hing. Rolo rannte und sprang ihr in die Arme.
    Sie drückte ihn fest an sich, und sie drehten sich lachend im Kreis, bis ihm war ganz schwindelig war. Er schaute hoch zu seinem Vater. Doch diesen Mann hatte er noch nie gesehen. Das Gesicht, die ganze Gestalt erschien unscharf, wie durch ein verregnetes Fenster betrachtet. Aber es musste sein Vater sein. Wieso sonst hakte seine Mutter sich bei ihm unter? Die Gestalt war größer als alle anderen Anwesenden. Sogar größer als die Bäume und die Häuser. Rolo hatte plötzlich das Gefühl zu schrumpfen. Schon war die kleine Stufe auf dem Weg vom Garten ins Haus ein unüberwindbares Hindernis. Seine Mutter warf lachend den Kopf in den Nacken, dass ihr Haar nur so flog. Krah tauchte über Rolo auf. Er war riesig. Und sein Gesicht war verändert. Die Augen waren schmale Schlitze, sein Lachen eine irre Grimasse. „Madenkind“, flüsterte er.
    Onno war ebenso entstellt. Seine dicken Wangen hingen herab wie Lefzen. Er zeigte mit dem Finger auf Rolo.
    „ Madenkind.“
    Mehr Gäste steckten die Köpfe zusammen. Speichel tropfte aus ihren verzerrten Mündern. Die Alben fletschten die Zähne.
    „ Madenkind.“
    Rolo suchte nach einem Ausweg. Aber er war so winzig. Er wollte über die riesigen Füße springen und davonlaufen, doch seine Beine trugen ihn nicht mehr.
    „ Madenkind.“
    Rolo schaute an sich hinab. Seine Beine waren verschwunden. Sein Körper bestand aus dicken, halb durchsichtigen Gliedern. Er konnte seine Innereien durch die dünne Haut schimmern sehen. Sie hatten recht. Er war eine Made.
    „ Madenkind“, riefen sie. Ihre Gesichter veränderten sich. Das Fleisch schmolz ihnen von den Knochen. Die Haut hing in langen Lappen herab. Die Augen kullerten aus den Schädeln.
    „ Madenkind.“
    Sie lachten mit lippenlosen Mündern. Plötzlich warf eine heftige Ohrfeige Rolos Kopf zur Seite. Er erschrak, konnte den Angreifer aber nicht entdecken. Schon traf ihn die Nächste.
    „ Madenkind.“
    Verflüssigtes Gewebe klebte an Rolo wie Spinnweben. Haare rieselten von bald blanken Schädeln.
    „ Madenkind.“
    Und noch ein Schlag ins Gesicht. Rolo wand sich. Er wollte davonkriechen, aber er hatte keine Arme mehr.
    „ Madenkind.“
    Die nackten Schädel kamen mit schnappenden Kiefern auf ihn zu. Er schrie, dann wurde alles schwarz.
    „ Ich bin eine Made!“
    „ Nein, bist du nicht. Wenn überhaupt bist du eine Nacktschnecke“, beruhigte ihn Driftwood.
    Socke schob sich ins Licht.
    „ Es ist alles in Ordnung, Rolo. Du bist ein Mensch. Schau selbst.“
    Rolo setzte sich ruckartig auf. Im Schein des Lagerfeuers sah er seine Arme und Beine. Mit einem Seufzer der Erleichterung sank er wieder auf den Rücken.
    „ Ich musste dich ganz schön verdreschen, bist du wieder zu dir kamst“, erklärte Driftwood kopfschüttelnd.
    „ Was ist passiert?“, ächzte Rolo.
    „ Ein übler Zauber. Wir waren alle in Visionen gefangen. Visionen aus unseren Erinnerungen und Ängsten. Der arme Socke hat die Vernichtung des Nachtvolkes noch mal durchlebt. Er musste mit ansehen, wie unsere Freunde abgeschlachtet wurden. Grausam.“
    „ Ich konnte nichts tun.“ Socke schaute betreten zu Boden. „Schon gut, mein Freund. Es war nicht real.“
    „ Aber es war mehr als nur Erinnerung“, dachte Rolo. „Und du?“
    „ Frag nicht.“ Driftwood spuckte aus. „Ich habe noch für Wochen Sand zwischen den Zähnen. Wir wären alle in unseren Illusionen durchgedreht, wenn uns nicht jemand rausgeholt hätte.“
    „ Wer denn?“ Rolo setzte sich auf.
    „ Brrr!“
    „ Kotze!“
    Der magusche Hund mahlte verlegen mit den Zähnen.
    „ Hat mir so lange ins Bein gebissen, bis ich zu mir kam“, schmunzelte Socke.
    „ Wie bist du hier runter gekommen?“, wollte Rolo wissen. „Offensichtlich hat der schlaue Racker einen Weg entdeckt. Ist das nicht großartig? Zumal wir jetzt wissen, dass wir nicht in einem anderen Land sind. Oder in einem anderen Universum. Und sogar noch in der gleichen Zeit.“
    Rolo schluckte. „Ja, das ist wirklich erfreulich. Aber wer stellt solche Fallen?“ Ihm entging nicht, dass die Alben verstohlene Blicke austauschten.
    „ Wer?“, hakte er nach.
    „ Nun ja“, druckste Driftwood. „Wir diskutierten das schon. Das ist

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