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Der Sommer der Vergessenen (German Edition)

Der Sommer der Vergessenen (German Edition)

Titel: Der Sommer der Vergessenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Grandjean
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mochte ich besonders gern. Klar, auch bei denen gab es solche
und solche. Aber alles in allem waren sie ein friedliches und naturverbundenes
Volk. Viele waren Bauern. Lebten gern in der Nähe der Wälder. Aber nicht zu
dicht. Die Elben hielten ihre schützende Hand über das kleine Volk. Oje, und
trinken konnten die! Kleine Kerlchen mit riesigen Mägen. Und in den Tiefen der
Wälder, da lebten die Elben. Du hättest sie sehen sollen. Sie waren so schön.
Ihre Städte waren die Krone der Magusch. Ihre einzige Schwäche war ihr Stolz.
Der machte sie gefährlich. Besonders für Menschen. Erlaubten sich manchen üblen
Scherz, wenn sie einen in ihren Wäldern schnappten. Immer sehr reserviert
gegenüber Fremden. Aber das muss ja jeder selbst wissen. Und dann war da noch
unsere Familie, das Nachtvolk. Da waren zunächst wir, die Nachtalben. Es gab
aber auch die Kobolde, die Gnome und die Trolle. So ganz klar waren die Grenzen
da nicht. Manche zählten auch die widerlichen Mummelratze dazu. Das war
schlecht für unseren Ruf, aber nicht zu ändern. Die Banshees und ihre
freundlichen Schwestern, die Feen, die haben uns die ahnungslosen Menschen auch
zugeschustert. Für die war alles, was sie nicht erklären konnten, das
Nachtvolk. So ein Unsinn. Eine Sache hatten das Nachtvolk und die Elben
wirklich gemeinsam. Wir sind magusche Wesen. Du kannst dir kaum vorstellen, welche
magusche Kraft damals in der Welt war. Doch auch unter den Menschen gab es
Zauberer. Und einer von denen, der war sogar richtig gut. Und genau da wurde
die Sache schwierig. Aber der Reihe nach. Die vier Völker – Menschen, Elben,
Zwerge und Halblinge hatten allerlei Verträge und Abkommen miteinander. Wer
liefert wem was zu welchem Preis und so weiter. Aber man half sich auch
gegenseitig, wenn es Ärger gab. Und Ärger gab es eigentlich ständig. Und zwar
meistens mit dem Madenvolk. „Madenvolk, Nachtvolk“, wog Rolo ab.
    „Ja, ich
weiß, was du meinst. Aber außer dem Namen haben wir nichts gemeinsam. Natürlich
nannte das Madenvolk sich selbst nicht Madenvolk. Es war eigentlich gar kein
Volk. Es war eine Ansammlung von allem, was sich in dunklen Ecken rumdrückte und
nur Chaos und Unfrieden stiftete. Du siehst, die Grenzen zum Nachtvolk sind da
fließend und Irrtümer vorprogrammiert. Aber was hat ein Nachtalb mit einem
Werwolf gemeinsam. Nichts. Außer vielleicht den Pelz. Aber für die ängstlichen
Menschen war das sozusagen eine Soße. Oder Vampire? Herrje, ich esse nicht mal
Fleisch. Ich sehe deinem Blick an, dass du überrascht bist, Rolo. Aber ich
erzähle dir die reine Wahrheit. Werwölfe und Vampire wandelten auf dieser Erde.
Da waren noch viel mehr unsägliche Gestalten unterwegs. Aber davon möchte ich
erst gar nicht anfangen. Jahrhunderte lang gab es immer wieder Scharmützel
zwischen den Völkern. Klar, auch zwischen den vier Großen. Aber ich meine mit
dem Madenvolk. Die Werwölfe rissen die Schafe der Menschen, die Vampire in der
Nachbarschaft mussten vertrieben werden. Nicht schön, aber so ist der Lauf der
Dinge. Bis der Zauberer das Spielfeld betrat. Er hat viele Namen, die sich die
Menschen des Nachts nur leise zuraunten. Der Nachtbringer. Der Madenvater. Der
Herr der Irrlichter. Sein richtiger Name war Ostaguul.“
    Rolo
bemerkte, dass Sockes Tonfall sich veränderte. Er klang traurig.
    „So weit wir
wissen, war Ostaguul ein Mensch. Wo er herkam, aufwuchs, seine Ausbildung
erhielt, wissen wir nicht. Er war eines Tages einfach da. Und mit ihm seine
Schergen: der Orden des Obsidian. Der Orden war eine Gruppe mächtiger Zauberer.
Ostaguul gelang es, das Madenvolk für seine Sache zu gewinnen. Er einte sie,
und das machte sie gefährlich. Sehr gefährlich. Doch seine tödlichsten Diener
erschuf Ostaguul sich selbst mit schwärzester Magie: die Irrlichter. Dann
begann das Schlachten. Zuerst wurden die entlegensten Siedlungen überfallen.
Wir konnten uns keinen Reim darauf machen. In den Dörfern gab es nichts zu
stehlen. Die Leute waren arm, lebten von der Hand in den Mund. Und nie blieb
jemand am Leben, der von den wahren Geschehnissen hätte berichten können. Und
als wäre das nicht schon furchtbar genug, ergriff bald die Angst Besitz von den
Herzen. Wenn das die Absicht war, war die Strategie so grausam wie genial.
Angst verbreiten. Chaos stiften. Die Menschen, Halblinge und Zwerge begannen,
ihre Führer offen zu kritisieren. Sie wollten wissen, ob ihre Steuern nur für
Prunk und Protz draufgingen, anstatt für den Schutz ihrer

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