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Der Sommerfaenger

Titel: Der Sommerfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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und es dann für viel Geld ersetzen müssen.
    »Diesmal hoffentlich ohne Buch.«
    Die Stille stürzte sich auf die Worte und verschluckte sie.
    Luke spürte, wie sich die Härchen in seinem Nacken aufrichteten.
    »Albert?«
    Er sah seiner Hand dabei zu, wie sie sich auf die Klinke der Badezimmertür legte und diese nach unten drückte. Er hörte das schabende Geräusch, das dabei entstand.
    Langsam schob er die Tür auf.
    Zuerst registrierte er das rote Wasser, mit dem die Badewanne bis zum Rand gefüllt war. Als Nächstes fiel ihm auf, dass die Oberfläche des Wassers völlig unbewegt war. Dann packte ihn die Angst.
    Widerstrebend trat er einen Schritt vor.
    Weiß schimmerte Alberts nackter Körper in dem roten, totenstillen Wasser, das ihn komplett bedeckte.
    Hör auf mit dem Quatsch, Mann. Das ist kein Spaß …
    Luke zwang sich, noch näher heranzugehen. Der Geruch nach Blut war erstickend und ließ ihn würgen. Mit angehaltenem Atem tauchte er die Finger der rechten Hand ins Wasser.
    Es war noch warm.
    Er sah jetzt, dass Alberts Augen geöffnet waren. Und er bemerkte eine klaffende Wunde an seinem Hals.
    Jemand hatte ihm die Kehle durchgeschnitten.
    Mit einem Stöhnen wich Luke zurück, rutschte auf den nassen Fliesen aus und fiel hin. Keuchend vor Entsetzen und mit beiden Füßen gegen den glitschigen Boden ankämpfend, stemmte er sich wieder hoch, floh mit rudernden Armen aus dem Bad, wobei er beinahe ein zweites Mal stürzte, rannte in sein Zimmer, riss die Balkontür auf und rang nach Luft.
    Er hatte schon Leichen gesehen. Trotzdem rotierte die Übelkeit in seinen Eingeweiden.
    Leo hatte ihn oft mit dieser Schwäche aufgezogen. Dass er den Anblick von Blut nicht ertrug. Dabei war es nie das Blut gewesen, das ihm zu schaffen gemacht hatte.
    Es war der Tod gewesen.
    Er hatte gehofft, ihn hinter sich gelassen zu haben, doch da hatte er sich getäuscht. Der Tod war ihm schließlich doch hierher gefolgt.
    *
    »Einmal Pizza Spinaci, einmal Tortellini Al Forno, einmal Tagliatelle Salmone, einmal Insalata Mista und zweimal Insalata Pomodoro!«, rief Merle, nachdem sie aufgelegt hatte.
    »Okay.«
    Angelo nickte. Er hätte heute Abend vier Paar Hände gebraucht, um den Ansturm der Bestellungen zu bewältigen. Von Tag zu Tag schien er länger und dünner zu werden. Und sorgenvoller. Angelo trug das Gewicht der ganzen Welt auf seinen Schultern. Für jede Naturkatastrophe fühlte er sich persönlich verantwortlich, vor jeder Wahl zermarterte er sich das Hirn, um bloß nicht das Falsche zu tun.
    Was ihm jedoch am meisten zu schaffen machte, war seine unerwiderte Liebe zu Merle.
    Merle mochte ihn sehr. Sie sagte sich immer wieder, dass Angelo besser für sie wäre als dieser sizilianische Schuft, mit dem sie zusammen war. Dass er ihr geben könnte, wonach sie sich sehnte: inneren Frieden und Geborgenheit.
    Aber ihr Herz hörte nicht auf Argumente. Nur einer ließ es schneller schlagen, da konnte die Vernunft hundertmal protestieren.
    Merle deponierte den Zettel mit der Bestellung auf der Theke und drehte sich zu Claudio um, der an seinem Schreibtisch saß und schwer beschäftigt tat, während seine Leute um ihn herumwuselten und nicht wussten, wo ihnen der Kopf stand.
    Claudio blickte auf und runzelte die Stirn. Diesen Gesichtsausdruck hatte Merle einmal sehr männlich und anziehend gefunden. Inzwischen nervte er sie bloß noch.
    »Was ist?«, fragte sie, doch dann fiel es ihr wieder ein. »Sechsunddreißig, zweiundfünfzig, fünfundfünfzig, drei und zweimal sieben!«, rief sie Angelo mit übertriebener Betonung zu, doch der winkte müde ab.
    Claudios Versuche, die Arbeitsschritte zu optimieren, liefen oft in die falsche Richtung. Es mochte ja schneller gehen, bloß die Nummern der Gerichte zu nennen, doch Merle liebte den Klang der Worte viel zu sehr. Und niemand hatte ein Problem damit, wenn sie sie gern aussprach.
    Niemand außer Claudio, der jetzt zufrieden nickte und sich wieder über irgendwelche Listen beugte, die er für die Steuer anlegte.
    Während Angelo den nächsten Rutsch Pizza aus dem Ofen holte, klappte Merle schon mal Kartons auf, um sie zu verpacken. Francesca portionierte Salat in durchsichtige Plastikschalen und setzte sie behutsam in die bereitgestellte Thermobox, während einer der Fahrer schlüsselklimpernd und Kaugummi kauend neben der Tür an der Wand lehnte und das Mädchen mit seinen Blicken auszog.
    Claudio beschäftigte für den Transport meistens Schüler oder Studenten, ob Mann oder Frau,

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