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Der Sommermörder

Titel: Der Sommermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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Bevölkerung nicht in Panik zu versetzen und selbst nicht als inkompetent dazustehen –, und diese Entscheidung zieht automatisch die nächste nach sich, und die nächste, und ehe sie, ich meine wir, uns versahen, befanden wir uns auf dieser Einbahnstraße und konnten nicht mehr zurück. Was am Ende dazu führte, dass wir uns immer tiefer in unsere Lügen verstrickten und die Leute nicht mehr schützen konnten, die auf unsere Hilfe vertrauten.« Sie lächelte mich traurig an. »Das soll übrigens keine Entschuldigung sein.«
    »Die ganze Angst«, sagte ich.
    »Ja.«
    »Ich habe es nie wirklich geschafft, an Gott zu glauben.
    Sie?«

    Sie schüttelte den Kopf.
    »Nun gibt es in meinem Leben zwei Frauen, denen ich mich besonders verbunden fühle«, sagte ich, »obwohl ich sie nie kennen gelernt habe. Und dann sind da noch diese zwei Männer, die ich sehr wohl kennen gelernt habe. Sie auch?«
    Sie holte tief Luft. »Fred habe ich schon damals getroffen, als er nach Zoës Tod seine Zeugenaussage gemacht hat, und Morris bin ich natürlich auch begegnet, nachdem Sie herausgefunden hatten, dass er sowohl Sie als auch Jennifer Hintlesham kannte.«
    »Was das betrifft, brauche ich Ihre Hilfe, Grace. Sie kennen sich mit so was aus. Die beiden kamen mir anfangs so normal vor. Hätten Sie ihnen denn zu Anfang einen Mord zugetraut? Sieht man einem Menschen so was an? Ich meine, Fred zum Beispiel. Ist er früher schon mal durch besondere Gewalttätigkeit aufgefallen?«
    »Irgendwann ist immer das erste Mal.«
    »Ich meine …«
    »Ich weiß, was Sie meinen. Sie wollen von mir hören, dass diese Männer anders sind als andere, nicht wahr? Sie wollen, dass ich ihnen einen Stempel aufdrücke.
    Gefährlich. Oder verrückt.« Wir blieben neben dem Teich stehen, und sie zündete sich eine neue Zigarette an.
    »Genau das wird natürlich passieren. Leute wie ich werden Morris befragen und herausfinden, dass er als Kind missbraucht oder vernachlässigt worden ist, dass er geschlagen oder zu sehr verhätschelt wurde, dass er Gewaltvideos gesehen oder sich beim Sturz von einem Klettergerüst den Kopf verletzt hat. Und irgendwann wird sich irgendeine Exfreundin bei der Presse melden und erzählen, dass Fred sie vor fünf Jahren mal geschlagen hat.
    Und dann werden diverse Politiker und Experten auf den Putz hauen und entrüstet fragen, warum das denn damals niemand gemerkt habe.«
    »Und?«
    »Es gab nichts zu merken. Wenn Menschen einen Mord begehen, dann meist an jemandem, den sie kennen.
    Zumindest besagt das die Statistik. Fred war wütend und fühlte sich von Zoë gedemütigt, weil sie ihm den Laufpass gegeben hatte. Und durch einen Zufall, der für beide tragische Folgen hatte, vor allem natürlich für Zoë, standen sie sich plötzlich allein gegenüber, und er brachte sie um. So einfach ist das. Solche Dinge passieren ständig.
    Er trägt wahrscheinlich nicht mehr Mordgelüste in sich als die meisten anderen Menschen, mit dem einzigen Unterschied, dass er ihnen nachgegeben hat und eine Weile ungestraft davonkam, weil sein Opfer zufällig Drohbriefe von einem anderen Mann erhalten hatte.«
    »Sehr tröstlich«, bemerkte ich trocken.
    »Mir war nicht klar, dass Sie von mir tröstliche Worte hören wollten. Ich kann mich nicht erinnern, dass Sie mich je gebeten haben, Sie zu trösten. Das ist nicht Ihr Stil, oder? Aber kommen wir zu Morris. Stimmt, Morris ist tatsächlich anders, und man könnte ihn wahrscheinlich genauso verrückt nennen wie jeden anderen Menschen, der ein sinnloses Verbrechen begeht. Oder böse, wenn man an solche Begriffe glaubt. Aber das bringt uns auch nicht weiter. Ihr Problem ist, glaube ich, dass man aus dieser Sache trotz all des Schreckens und der Toten keine Lehre ziehen, sie mit keinem Etikett versehen kann.«
    »Stimmt, genau das bereitet mir Sorgen.«
    »Das dachte ich mir.« Wir kehrten auf den Weg zurück, den wir zuvor verlassen hatten, und gingen eine Weile schweigend nebeneinander her.
    »Darf ich Ihnen eine Frage stellen, Nadia?«

    »Klar.«
    »Es gibt da etwas, das mir keine Ruhe lässt. Wie um alles in der Welt haben Sie es geschafft, all diese Akten einzusehen?«
    »Ach, das. Ich habe mit Cameron Stadler geschlafen und ihn dann erpresst.«
    Sie starrte mich an, als hätte ich ihr eine Ohrfeige verpasst.
    »Fragen Sie mich lieber nicht!«, sagte ich. »Es ist besser, Sie wissen es nicht.«
    Sie brach in ein nervöses Lachen aus, das nicht wirklich fröhlich klang, aber ich stimmte trotzdem mit

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