Der Sommermörder
war’s nicht, das schwöre ich dir, Nadia. Sie haben es dir doch gesagt. Ich war hundert Meilen weg, als Zoë umgebracht wurde.«
»Ich weiß.«
»Was?«
»Ich weiß, dass du Zoë nicht umgebracht hast. Du wolltest, aber du hast es nicht getan. Du hast Jenny umgebracht.«
»Ich schwöre dir, du irrst dich!«, beteuerte er. »O Gott, was hast du bloß mit meinem Gesicht gemacht? Warum hast du das getan?«
Jetzt weinte er.
»Du wolltest mich umbringen. Wie du sie umgebracht hast.«
Das Sprechen fiel mir schwer. Mein Atem kam stoßweise, mein Herz raste.
»Ich war’s nicht, Nadia. Ich schwöre es!« Seine Stimme war nur noch ein Flüstern.
»Halt verdammt noch mal den Mund! Ich habe die Fotos gesehen. In der Schublade.«
»Was?«
»Die von dir und Fred, die du abgenommen hast, bevor ich gekommen bin.«
Er reagierte schnell.
»Ich gebe ja zu, dass ich die Fotos versteckt habe. Ich bin ein bisschen in Panik geraten, weil ich dachte, das würde einen falschen Eindruck erwecken. Aber es bedeutet nicht, dass ich jemanden umgebracht habe.«
»So, wie du auch in Panik geraten bist, als du damit rechnen musstest, in Zoës Wohnung Louise zu treffen?«
»Nein, an dem Tag hatte ich wirklich eine dringende Nachricht erhalten. Nadia, du hast das alles ganz falsch verstanden …«
Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte. Vielleicht wünschte ich mir einfach, dass er seine Tat zugeben und etwas sagen würde, das mir half zu verstehen, wieso er es getan hatte. Jetzt aber wurde mir klar, dass er nie aufgeben und ich es nie verstehen würde. Er würde lügen und lügen, und vielleicht würde er am Ende sogar seine eigenen Lügen glauben. Ich starrte ihn an, sein verbrühtes Gesicht, seinen sich krümmenden Körper, das eine, auf mich gerichtete Auge.
»Eigentlich sollte ich dich umbringen«, sagte ich. »Ich sollte dir den Rest geben, bevor die Polizei kommt.«
»Vielleicht solltest du das wirklich tun. Weil ich es nämlich nicht war, Nadia, und keinerlei Beweise gegen mich vorliegen. Sie werden mich gehen lassen und stattdessen dich ins Gefängnis stecken. Aber könntest du das überhaupt? Wärst du dazu in der Lage, Nadia?
Könntest du mich umbringen?«
»Glaub mir, es würde mir sogar Spaß machen.«
»Dann tu’s doch! Komm schon, Liebling. Komm!«
Speichel lief ihm übers Gesicht. Er versuchte zu lächeln.
»Ich würde dich gern leiden lassen – so, wie du Zoë und Jenny hast leiden lassen.«
»Ich werde dir helfen.« Keuchend und stöhnend begann er auf mich zuzukriechen wie eine große, fette, schreckliche Schnecke. Er kam nur sehr langsam voran.
»Wenn du noch näher kommst, schlage ich dir den Schädel ein!« Ich umklammerte das Bügeleisen noch eine Spur fester.
»Tu’s doch!«, sagte Morris. »Du musst sowieso ins Gefängnis. Sie werden mich gehen lassen. Und wenn nicht, bin ich trotzdem bald wieder draußen. Wäre es da nicht besser, mich gleich zu erledigen?«
»Hör endlich auf!«, rief ich und brach in Tränen aus. Ich hatte das Gefühl, als würde er sich nicht nur auf dem Dielenboden, sondern auch in meinem Kopf winden. Ich war schon fast im Begriff, ihm das Bügeleisen an den Schädel zu schleudern, als jemand gegen die Haustür klopfte und Stimmen meinen Namen riefen. Als ich mich umblickte, sah ich draußen Scheinwerfer. Ich rannte zur Tür und entriegelte sie. Wie sich herausstellte, war es ganz einfach. Ich brauchte dafür nicht länger als ein paar Sekunden. Mehrere Gestalten, die ich nur verschwommen wahrnahm, stürzten an mir vorbei. Dann standen mir plötzlich zwei uniformierte Beamte und Cameron gegenüber. Über seine Schulter sah ich zwei Streifenwagen. Ein dritter traf gerade ein. Cameron ließ den Blick durch das Zimmer schweifen. Er schwitzte, und seine Krawatte hing ihm nach hinten über die Schulter.
»Was zum Teufel hast du hier angerichtet?«
Ohne ihm eine Antwort zu geben, beugte ich mich hinunter und stellte das Bügeleisen auf den Boden.
»Hast du einen Krankenwagen gerufen?«
Ich schüttelte den Kopf. Er rief einem Beamten etwas zu, woraufhin dieser den Raum verließ.
»Sie hat mich tätlich angegriffen«, erklärte Morris. »Sie ist völlig durchgedreht.«
Verblüfft wanderte Camerons Blick von Morris zu mir und wieder zurück. »Sind Sie verletzt?«, fragte er Morris.
»Das kann man wohl sagen«, antwortete Morris. »Sieht man das denn nicht? Die Frau ist total verrückt!«
Cameron trat auf mich zu und legte mir die Hand auf die Schulter.
»Bist du
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