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Der Sommermörder

Titel: Der Sommermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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mit zwei Detectives am Tisch. Aus Gründen, die ich nicht mal annähernd verstand, wanderten die beiden uniformierten Beamten durch Haus und Garten. Der Brief war von allen gelesen und anschließend mit einer Pinzette in eine Klarsichthülle geschoben worden. Der verknitterte und durchweichte Umschlag kam in einen kleinen Plastikbeutel. Somit hatten sowohl Dr. Marsh als auch seine Assistentin etwas, das sie untersuchen konnten, und zogen mit ihrer Beute ab.
    Bevor die beiden Detectives mit mir sprachen, flüsterten sie erst eine Weile miteinander, was mich ziemlich nervte.
    Schließlich wandten sie sich mir zu.
    »Hören Sie«, erklärte ich, »ich glaube wirklich nicht, dass ich Ihnen zu der Sache irgendwas sagen kann. Es ist ein widerlicher, blöder Brief, mehr fällt mir dazu nicht ein.
    Ansonsten weiß ich nicht das Geringste darüber.«
    Die beiden Männer sahen mich nachdenklich an.
    »Wir werden Ihnen lediglich ein paar Routinefragen stellen«, meinte Links. »Wenn ich Sie richtig verstanden habe, sind Sie erst kürzlich hier eingezogen. Haben Sie schon mal in dieser Gegend gewohnt?«
    »Nein. Wir haben vorher in einer ganz anderen Ecke der Stadt gelebt, südlich vom Fluss, in Battersea.«
    »Kennen Sie die Laurier School?«
    »Warum?«
    »Wir versuchen unter anderem festzustellen, ob diese Sache mit anderen, unter Umständen ähnlich gelagerten Fällen in Zusammenhang steht. Haben Sie Kinder?«
    »Ja. Drei Jungen.«
    »Laurier ist eine staatliche Grundschule in Hackney, nicht weit von der Kingsland Road. Kann es sein, dass Sie mal in Betracht gezogen haben, Ihre Kinder dorthin zu schicken?«
    Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. »Eine staatliche Grundschule in Hackney? Das ist nicht Ihr Ernst, oder?«
    Die beiden Männer wechselten einen Blick.
    »Vielleicht haben Sie ja mal eine der Lehrkräfte kennen gelernt. Eine Frau namens Zoë Haratounian beispielsweise.«
    »Nein. Was hat diese Schule mit dem Brief zu tun?«
    »Es gab … ähm, Vorfälle, die mit dieser Schule in Verbindung stehen. Vielleicht besteht da ein Zusammenhang.«
    »Welche Vorfälle?«
    »Briefe von der Art, wie Sie einen erhalten haben. Aber können wir jetzt mit unseren Fragen fortfahren? Ist dieser Brief für Sie aus heiterem Himmel gekommen, oder bringen Sie ihn mit irgendwelchen anderen Vorkommnissen in Verbindung? Fällt Ihnen vielleicht jemand ein, der mit dieser Sache auf irgendeine Weise zu tun haben könnte?«
    »Nein.«

    »Dann würde ich mir jetzt gern ein Bild davon machen, wie viele Leute Zutritt zu diesem Haus haben. Wie ich sehe, haben Sie zurzeit Handwerker hier.«
    »Stimmt. Hier herrscht ein Betrieb wie am Hauptbahnhof.«
    Er lächelte. »Über welches Maklerbüro haben Sie das Haus gekauft?«
    »Frank Dickens. Lauter Halsabschneider.«
    »Hatten Sie jemals mit Clarke’s zu tun?«
    Ich zuckte mit den Achseln. »Schon möglich. Ich nehme an, so ziemlich jeder Londoner Makler hat inzwischen meine Adresse.«
    Wieder wechselten die beiden Männer einen Blick.
    »Ich kümmere mich darum«, erklärte Stadler.
    Die uniformierte Beamtin kam die Treppe herunter. Sie war in Begleitung einer großen Blondine, die aussah, als hätte sie sich das Haar in einem stockfinsteren Raum von einem Blinden hochstecken lassen. Ihrem Leinenkostüm hätte es auch nicht geschadet, mal ein wenig aufgebügelt zu werden. Die Frau trug eine Aktentasche in der Hand und einen Regenmantel über dem Arm. Sie wirkte gestresst und außer Atem. Beide Detectives wandten sich um und nickten ihr zu.
    »Hallo, Grace«, begrüßte Links sie. »Danke, dass Sie so schnell gekommen sind.« Er wandte sich wieder zu mir.
    »Das alles muss Ihnen ziemlich seltsam vorkommen, Tatsache ist, dass jemand es auf Sie abgesehen hat.
    Warum, wissen wir nicht. Wir wissen auch nicht, wer dieser Mensch ist oder was er macht. Aber wir haben Sie.
    Über sein Leben wissen wir nichts, aber wir können uns Ihr Leben ansehen.«
    Ich fühlte mich plötzlich beunruhigt und gereizt. Das Ganze fing an, mir auf die Nerven zu gehen. »Wie meinen Sie das?«
    »Das hier ist Dr. Grace Schilling. Sie ist eine sehr renommierte Psychologin und hat sich auf Fälle wie diesen spezialisiert. Sie kennt sich aus mit Leuten, die …
    nun ja, die beispielsweise solche Briefe schreiben. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mit Ihr sprechen würden.«
    Ich sah Dr. Schilling an. An ihrer Stelle wäre ich nach Links schmeichelnden Worten rot geworden oder hätte zumindest gelächelt. Sie dagegen

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