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Der Sommermörder

Titel: Der Sommermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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welche finden«, antwortete ich sarkastisch.
    »Ist Ihnen Ihr Mann immer treu gewesen, Jenny?«
    »Was?«
    Sie wiederholte ihre Frage, als wäre es das Normalste der Welt.
    Während ich sie wütend anstarrte, spürte ich, wie ich rot wurde. In meinem Kopf begann es zu pochen. »Ich glaube, das fragen Sie ihn besser selbst«, antwortete ich, so kühl ich konnte.
    Sie machte sich eine Notiz. »Und Sie?«
    »Ich?«, fauchte ich. »Seien Sie nicht albern! Wann um alles in der Welt sollte ich Zeit für eine Affäre finden, selbst wenn ich wollte? Die einzigen Männer, mit denen ich zusammentreffe, sind der Gärtner, irgendwelche Handwerker und mein Tennislehrer. Hören Sie, Sie sagen, Sie machen bloß Ihren Job und müssen mir diese Fragen stellen, aber jetzt haben Sie es getan, und ich möchte mit meiner eigenen Arbeit weitermachen. Viel Zeit bleibt mir heute sowieso nicht mehr.«

    »Empfinden Sie diese Fragen als Eingriff in Ihre Privatsphäre?«
    »Natürlich! Ich weiß, dass das mittlerweile als altmodisch gilt, aber ich ziehe es vor, meine Privatangelegenheiten für mich zu behalten.«
    Endlich stand sie auf, aber ich merkte, dass sie noch etwas auf dem Herzen hatte. »Jenny«, sagte sie. Es ärgerte mich, dass sie mich ständig beim Vornamen nannte, obwohl ich ihr das nicht erlaubt hatte. Sie kam mir vor wie ein Versicherungsvertreter, der seinen Fuß nicht aus der Tür nahm. »Ich und meine Kollegen wollen doch nur, dass diese Sache ein Ende hat und Sie in Ruhe weiterleben können. Sollte Ihnen noch etwas einfallen, das Ihnen irgendwie relevant erscheint, dann geben Sie mir Bescheid. Lassen Sie uns entscheiden, was davon wichtig ist und was nicht. Scheuen Sie sich nicht, uns alles zu sagen, ja?«
    Ihre Stimme klang fast flehend. Ich fühlte mich gleich ein wenig besser, als hätte ich die Dinge wieder im Griff.
    »In Ordnung«, antwortete ich. »Ich werde meine Denkkappe aufsetzen.«
    »Tun Sie das.« Sie wandte sich zum Gehen. »Noch was, Jenny.«
    »Ja?«
    Sie zögerte einen Moment, überlegte es sich dann aber anders.
    »Nichts. Passen Sie auf sich auf.«

    Nach einer Weile verließen sie alle das Haus – alle bis auf Stadler, der Mann mit dem Schlafzimmerblick. Er erklärte mir, dass sie in den nächsten Tagen meine Post öffnen würden. Nur um sicherzugehen.

    »Damit Sie keine bösen Überraschungen mehr erleben«, meinte er mit einem Lächeln, das einem anzüglichen Grinsen gefährlich nahe kam. Also wirklich! Ich warf ihm einen wütenden Blick zu. »Außerdem«, fügte er hinzu, als wäre es ihm gerade erst eingefallen, »postieren wir zwei Beamte vor Ihrem Haus.«
    »Jetzt wird es aber wirklich lächerlich!«, erwiderte ich.
    »Eine reine Vorsichtsmaßnahme«, sagte er in beruhigendem Ton, als wäre ich ein nervöses Pferd. »Und tagsüber wird sich eine Beamtin um Ihre Sicherheit kümmern. Ihre persönliche Leibwächterin«, fügte er lächelnd hinzu. »Damit Sie sich nicht immer wieder an ein neues Gesicht gewöhnen müssen.«
    Ich machte den Mund auf, um etwas zu sagen, aber alles, was mir einfiel, waren obszöne Schimpfworte, sodass ich mich lieber darauf beschränkte, ihn wütend anzufunkeln.
    »Sie ist schon da. Einen Moment.« Er trat an die Tür und rief hinaus: »Lynne! Lynne, können Sie mal kurz herkommen? Mrs.
    Hintlesham, darf ich Ihnen meine
    Kollegin Lynne Burnett vorstellen? Lynne, das ist Mrs. Hintlesham.«
    Die Frau war nicht viel größer als ich, aber um einiges jünger – so jung, dass sie fast meine Tochter hätte sein können. Sie hatte hellbraunes Haar, helle Wimpern und ein Muttermal auf der linken Wange, das sie aussehen ließ, als hätte sie gerade eine Ohrfeige bekommen. Sie lächelte, aber ich lächelte nicht zurück.
    »Ich werde versuchen, Ihnen nicht im Weg zu sein«, erklärte sie.
    »Das möchte ich Ihnen auch geraten haben!«, fauchte ich. Dann wandte ich ihr und Stadler demonstrativ den Rücken zu, bis die beiden den Raum verlassen hatten und ich endlich wieder allein war.

    In der Küche standen lauter leere Tassen herum, und auf dem Boden vor der Hintertür entdeckte ich ein paar Zigarettenkippen. Sie hätten wenigstens ihren Dreck wegräumen können, dachte ich. Ich rief erneut in Clives Büro an, aber er war noch immer nicht zu sprechen.
    Lena kam mit Chris und Josh zurück. Harry würde nach dem Fußballtraining von einer anderen Mutter nach Hause gebracht werden. Ich erklärte Josh mit ruhiger Stimme, dass mir jemand einen blöden Brief geschrieben habe und

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