Der Sommermörder
Terrassentür in den Garten hinausgetreten war und in sein Funkgerät sprach. Der andere sah sich im Raum um.
»Neue Küche?«, wollte er wissen.
»Ja«, antwortete ich und wandte mich demonstrativ wieder zu Jeremy um. Ich war nicht in der Stimmung, mit einem jugendlichen Polizeibeamten über Innenarchitektur zu plaudern. Der andere kam wieder herein. Ich weiß nicht, ob es an ihrer Uniform lag oder an den schwarzen Stiefeln oder daran, dass sie ihre Mützen abgenommen hatten, aber ihre Anwesenheit bewirkte, dass mir dieser Kellerraum, der eigentlich ziemlich groß war, plötzlich klein und eng vorkam. »Sind Sie fertig?«, fragte ich.
»Nein, Mrs.
Hintlesham. Ich habe gerade mit dem
Revier gesprochen. Sie schicken noch jemanden vorbei.«
»Warum denn das?«
»Der Kollege möchte auch noch einen Blick auf den Brief werfen.«
»Eigentlich hatte ich heute Vormittag noch was vor.«
»Es wird nicht lange dauern.«
Ich seufzte gereizt. »Also wirklich!«, sagte ich in vorwurfsvollem Ton. »Meinen Sie nicht, dass das reine Zeitverschwendung ist?« Sie antworteten mit einem unbeholfenen Achselzucken, einer Geste, die nicht viel Raum für Diskussionen ließ.
»Wollen Sie hier auf ihn warten?«
»Nein, Madam. Wir warten draußen im Wagen, bis der Detective Inspector eintrifft.«
»Ganz wie Sie möchten.«
Die beiden verschwanden mit verlegener Miene. Ich ging ebenfalls hinauf, um Jeremy zu suchen, der mittlerweile wieder irgendwo im Haus unterwegs war.
Wie sich herausstellte, tat ich gut daran, oben nach dem Rechten zu sehen, denn soeben war ein Kübel Farbe mit einem völlig falschen Farbton eingetroffen. Eins ist mir im Verlauf dieses ganzen schrecklichen Umbauprozesses mehr als klar geworden: Man ist rund um die Uhr damit beschäftigt sicherzustellen, dass die Dinge, die man bestellt hat, auch wirklich eintreffen, und dass anschließend tatsächlich auch das damit gemacht wird, was man geplant hat. Während ich mich an die Strippe hängte und versuchte, die Sache mit dem hirnlosen weiblichen Wesen am anderen Ende der Leitung zu klären, hörte ich, dass es an der Tür klingelte, und kurz darauf führte Lena einen genervt wirkenden Mann im grauen Anzug herein. Ich begrüßte ihn mit einer Handbewegung, während ich weiter versuchte, aus meiner Gesprächspartnerin etwas Vernünftiges herauszubekommen – oder in sie hinein, um genauer zu sein. Aber da es ziemlich peinlich ist, mit jemandem zu schimpfen, den man nicht kennt, während jemand anderer, den man ebenfalls nicht kennt, mit erwartungsvoller Miene danebensteht, beendete ich das Telefongespräch, so schnell es ging. Der Mann stellte sich als Detective Sergeant Aldham vor. Ich führte ihn ins Untergeschoss.
Nachdem er einen Blick auf den Brief geworfen hatte, hörte ich ihn leise fluchen. Dann beugte er sich tief über das Blatt, als wäre er hoffnungslos kurzsichtig. Schließlich blickte er mit einem Grunzen auf. »Haben Sie den Umschlag noch?«
»Was? Ähm, nein, ich glaube, ich habe ihn in den Mülleimer geworfen.«
»Wo?«
»Da drüben im Schrank, neben dem Spülbecken.«
Ich traute meinen Augen kaum, aber er ging tatsächlich hinüber, zog den Mülleimer heraus, hob den Deckel an und begann darin herumzuwühlen.
»Tut mir Leid. Ich fürchte, da sind auch Teeblätter und Kaffeesatz drin.«
Er zog einen zerknüllten Umschlag heraus, der ein bisschen feucht und braun und insgesamt recht mitgenommen aussah. Er hielt ihn ganz vorsichtig an einer Ecke und legte ihn neben den Brief. »Entschuldigen Sie mich einen Moment«, sagte er und holte ein Handy heraus.
Ich zog mich diskret in die andere Ecke des Raums zurück und steckte den Wasserkocher ein. Trotzdem bekam ich Bruchstücke des Gesprächs mit: »Ja, definitiv.«
»Ich glaube schon.«
»Ich habe noch nicht mir ihr gesprochen.« Anscheinend lief es ab da nicht mehr so gut für Sergeant Aldham, denn sein Anteil am Gespräch beschränkte sich nun auf gepresste Fragen: »Was?«
»Sind Sie sicher?« Schließlich verstaute er das Telefon mit einem resignierten Seufzer in seiner Tasche. Er war rot angelaufen und atmete schwer, als wäre er gerade vom Joggen gekommen. Es dauerte eine Weile, bis er sich wieder beruhigt hatte.
»Zwei weitere Beamte sind hierher unterwegs«, sagte er schließlich in mürrischem Ton. »Sie würden gern mit Ihnen sprechen. Falls es Ihnen passt.« Letzteres murmelte er so leise vor sich hin, dass ich es kaum verstand. Dabei machte er ein Gesicht wie ein Hund, dem man
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