Der Sommermörder
blaue Bluse und darüber ein Stricktop.
Sie wirkte damit recht schick, wenn auch ein bisschen trist, aber aus irgendeinem Grund ärgerte es mich, dass dies das Outfit war, das sie ausgewählt hatte, um bei Mrs. Hintlesham herumzuhängen. Wahrscheinlich, damit sie zur Landschaft passte. »Nennen Sie mich Lynne«, sagte sie. Das sagen sie alle. Alle wollen gleich immer gut Freund mit einem sein. Ich wünschte, sie würden einfach ihren Job machen. Lynne erklärte mir, dass ihre erste Aufgabe darin bestehe, einen Blick auf meine Post zu werfen, sobald sie eingetroffen sei.
»Werden Sie auch mein Essen vorkosten?«, fragte ich sarkastisch.
Die Röte, die sich auf ihrem Gesicht ausbreitete, schien ihr Muttermal zum Leben zu erwecken. Bevor sie etwas antworten konnte, klingelte das Telefon. Es war Clive, der bereits in der Kanzlei war. Ich wollte ihm berichten, was vor sich ging, aber er unterbrach mich und teilte mir mit, dass Sebastian und seine Frau am Samstag zum Abendessen kommen würden.
»Aber wir haben keinen Esstisch!«, protestierte ich.
»Und nur eine halbe Küche!«
»Jens, die Dokumentation, die wir für die Fusion nächsten Monat vorbereiten, hat über zweitausend Seiten.
Wenn ich es schaffe, das zu koordinieren, wirst du es doch wohl fertig bringen, ein Abendessen für einen Mandanten zu organisieren.«
»Natürlich, kein Problem, ich wollte damit ja bloß sagen
…«
Mary kam mit einem Wischmopp zur Tür herein und begann damit demonstrativ um meine Füße herumzuputzen. Als ich weitersprechen wollte, hatte Clive das Gespräch bereits beendet. Ich legte auf und drehte mich um. Lynne stand noch immer da. Nun ja, das war auch nicht anders zu erwarten gewesen, aber ich war trotzdem ein wenig enttäuscht. Ein Teil von mir hatte gehofft, dass sie einfach wieder verschwinden würde, wie Kopfschmerzen es manchmal tun. Nun jedoch, nach diesem Telefonat, hatte ich beides: Kopfschmerzen und Lynne.
»Ich gehe jetzt nach draußen, um mit meinem Gärtner zu sprechen«, erklärte ich frostig. »Ich nehme an, Sie wollen mitkommen und ihn kennen lernen.«
»Ja«, antwortete sie.
Mit seinem langen, im Nacken zu einem Zopf geflochtenen Haar hätte Francis vielleicht besser in eine Karawane nach Stonehenge gepasst, aber als Gärtner ist er ein absolutes Genie. Sein Vater war ein hohes Tier in der Marine, und er selbst hat eine Ausbildung in Marlborough genossen. Wenn man ihn mit zusammengekniffenen Augen betrachtet, könnte man ihn sich durchaus in der City vorstellen, mit einem Job wie Clive, abgesehen von der Tatsache, dass er neben seinem knapp einen Meter langen Haar auch noch eine erstaunlich dunkelbraune Haut besitzt und dazu diese starken, sehnigen Arme, die man bekommt, wenn man den ganzen Tag schwere Dinge durch die Gegend schleppt. Manche Leute würden ihn wahrscheinlich als ziemlich gut aussehend bezeichnen.
Obwohl ich über sein Privatleben, das ihn anscheinend sehr in Anspruch nimmt, lieber nicht so genau Bescheid wissen möchte, gehört er zu den wenigen Menschen, denen ich absolut vertraue.
Ich stellte ihn Lynne vor, die sofort wieder errötete.
Wahrscheinlich läuft sie bei jeder Gelegenheit rot an.
»Lynne ist hier, weil irgend so ein Typ mir einen verrückten Brief geschrieben hat«, erklärte ich. Wie nicht anders zu erwarten, blickte Francis mich verständnislos an. »Und Francis wird hier mindestens noch einen Monat beschäftigt sein.«
»An was arbeiten Sie denn im Augenblick?«, fragte Lynne.
Francis sah mich an. Als ich nickte, antwortete er achselzuckend: »Ich fange gerade mit dem Gestalten der Gartenlandschaft und dem Anlegen der Wege an. Vorher musste erst mal eine Menge Beton und Schutt in einen Container verfrachtet werden. Anschließend wurde alles mit Erde aufgefüllt.«
»Machen Sie das alles ganz allein?«, fragte Lynne.
Francis lächelte.
»Natürlich nicht«, antwortete ich für ihn. »Francis hat eine Crew heimatloser Jungs, die kommen und für ihn arbeiten, wenn er sie braucht. Rund um London treibt sich eine ganze Subkultur aus Gärtnern herum. Sie sind wie die Tauben und die Füchse.«
Ich warf einen nervösen Blick zu Francis hinüber.
Vielleicht war ich zu weit gegangen. Die Leute sind oft sehr empfindlich. Lynne zog doch tatsächlich ihren Notizblock heraus und begann sich nach seinen Arbeitszeiten zu erkundigen. Dann bombardierte sie ihn mit Fragen über den Zaun und den Zutritt zum Haus. Sie schrieb sich die Namen all seiner Aushilfsgärtner auf.
Obwohl
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