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Der Spiegel von Feuer und Eis

Der Spiegel von Feuer und Eis

Titel: Der Spiegel von Feuer und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morrin Alex
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über ihre Lippen gekommen, dennoch hatte er es gehört.
    Eine seiner schwarzen Brauen hob sich spöttisch. »Ihr kommt aus einer Richtung, in der es nichts anderes gibt, rennt, als sei der Eisprinz persönlich hinter euch her – was er offenbar sogar ist, wenn man den Gerüchten glaubt, dass seine Firnwölfe niemals ohne ihn auf die Jagd gehen -, und seid obendrein bereit, euer Leben lieber dem Eis auf dem Fluss anzuvertrauen, als zu riskieren, den Wölfen in die Fänge zu geraten.« Wieder hob er auf die gleiche nachlässige Art die Schultern. »Ich weiß zwar nicht, hinter wem von euch beiden Königin Lyjadis her ist, aber wenn ich raten sollte, würde ich auf sie setzen.« Er nickte zu Cassim hin. »Immerhin trägt sie weder einen Mantel noch Handschuhe. Ganz als hätte sie nicht damit gerechnet, in nächster Zeit irgendwohin zu gehen, wo sie dergleichen brauchen würde.«
    »Was auch immer Euch auf diese verrückten Einfälle gebracht hat: Ihr irrt Euch.« Jornas maß den Mann mit einem wütenden Blick, was der im Gegenzug nur mit einem Grinsen quittierte.
    »Wie du meinst, Faun. – Nur, wie gesagt, dort entlang liegt der Palast der Eiskönigin.« Er machte ihnen Platz, als sie sich erneut in Bewegung setzten – in die entgegengesetzte Richtung. Doch schon nach drei mühsamen Schritten verweigerten Cassims Beine ihr den Dienst, und sie stürzte schwer in den Schnee, ohne dass Jornas es hätte verhindern können. »Scheint so, als würdet ihr doch meine Hilfe brauchen. Oder glaubst du, du kannst sie tragen, Faun?«
    Der Fremde trat kopfschüttelnd heran und hob Cassim aus dem Weiß. Jornas’ Protest beachtete er gar nicht. Wankend
stand sie da, am ganzen Körper vor Kälte zitternd, das Gewicht auf ihr unverletztes Bein verlagert, und klammerte sich an ihn, um nicht gleich wieder zu fallen.
    »Warum tut Ihr das?« Erstaunt beobachtete sie, wie er die silberne Schließe seines Mantels löste und ihn ihr um die Schultern legte.
    Er hielt kurz in seinem Tun inne. »Was?«
    »Warum helft Ihr uns? Ihr kennt uns doch gar nicht?«
    Einen Moment sah er sie schweigend an. »Vielleicht will ich verhindern, dass die Firnwölfe sich die Mägen an einer Flammenkatze verderben?« Das Grinsen kehrte wieder auf seine Züge zurück, und Cassim verspürte das dringende Bedürfnis, es mit Schnee aus seinem Gesicht zu tilgen, wie sie es früher bei den Jungen aus ihrem Dorf getan hatte. Er schloss die Mantelfibel und zog das mit weichem Pelz gefütterte Leder über ihren Schultern zurecht. Dankbar schmiegte Cassim sich hinein. Doch sie blickte ihn unbehaglich an, als er ihr auch noch seine Handschuhe reichte.
    »Und Ihr?«
    »Ich werde schon nicht gleich erfrieren.« Nachlässig löste er den Riemen der Armbrust, die er zusammen mit einem schmalen Köcher unter dem Mantel verborgen auf dem Rücken getragen hatte. Mit geübten Griffen befestigte er beides an seinem Gürtel, an dem bereits ein schlanker Dolch und eine kleine Ledertasche hingen. Dann sank er neben Cassim auf ein Knie. Sie schluckte, als sie begriff, dass er sie huckepack tragen wollte. Vorsichtig schlang sie die Arme um seinen Hals und ihre Beine um seine Mitte. Langsam stand er auf. Zu ihrer Verblüffung schien er ihr Gewicht kaum zu spüren. Sein Körper war kalt und seine Hände noch kälter, als sie ihre streiften, deshalb beeilte sie sich, seinen Mantel um sie beide zu legen. Sein knappes Nicken bedeutete Jornas vorauszugehen. Noch immer mürrisch, setzte der Faun sich in Bewegung. Cassim presste sich fester an den Fremden.

    »Wie heißt Ihr eigentlich?«, fragte sie gegen seinen Hals. Seltsamerweise fühlte sie sich bei ihm erstaunlich sicher und geborgen.
    »Morgwen.« Er rückte sie auf seinem Rücken zurecht. »Mein Name ist Morgwen.«

    Eine ganze Zeit marschierten sie schweigend durch den immer dichter werdenden Wald. Irgendwann hatte Morgwen wortlos die Spitze übernommen. Er bewegte sich ruhig und sicher durch den Schnee und blieb von Zeit zu Zeit nur stehen, um Cassims Gewicht auf seinem Rücken zu verlagern oder fester zuzupacken. Die Wärme des Mantels und seine gleichmäßigen Bewegungen lullten sie langsam ein. Erschöpfung und Hunger taten ein Übriges, sodass sie meist im Halbschlaf in seinem Griff hing.
    Sie schreckte aus ihrem friedlichen Dahindämmern auf, als sie abgesetzt wurde. Müde und verwirrt zog sie den Umhang enger um sich und sah sich um. Hinter ihr ragte ein Dornendickicht auf, das Eis und Schnee in eine glitzernde Mauer

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