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Der Spieler

Der Spieler

Titel: Der Spieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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, diese dummen Ziegen, gerieten in Aufregung: ›Aber Sie würden‹, sagten sie, ›die Reise nicht überstehen!‹ Na, so was! An einem Tag war alles gepackt, und am Freitag letzte Woche bin ich mit dem Kammermädchen, mit Potapytsch und Fjodor, dem Lakaien, losgefahren und habe in Berlin diesen Fjodor wieder zurückgeschickt, weil ich sah, daß er überflüssig war, daß ich mutterseelenallein hätte fahren können … Ein extra Waggon, Gepäckträger auf allen Bahnhöfen, für zwanzig Kopeken tragen sie dich, wohin du willst! Sieh mal einer an, was für ein Quartier ihr hier bewohnt!« sagte sie, indem sie sich umschaute. »Wo nimmst du das Geld her, mein Lieber? Du hast doch alles verpfändet. Allein bei diesem Franzmann hast du ja Riesenschulden! Ich bin über alles im Bilde, über alles!«
    »Ich, liebe Tante …«, begann der General höchst verlegen, »ich muß mich wundern, liebe Tante, … mir scheint, ich kann auch ohne irgendwelche Kontrolle … zudem übersteigen meine Ausgaben meine Mittel keineswegs, und wir sind hier …«
    »Die übersteigen deine Mittel keineswegs? Gut gesagt! Wahrscheinlich hast du die Kinder schon um das Letzte gebracht – ein schöner Vormund!«
    »Nach solchen Reden, nach solchen Worten …«, begann der General entrüstet, »weiß ich wirklich nicht …«
    »Das ist es ja, daß du nicht weißt! Wahrscheinlich kommst du hier vom Roulette nicht mehr los. Bist du inzwischen blank?«
    Der General war dermaßen verblüfft, daß er unter dem Ansturm seiner erregten Gefühle sich um ein Haar verschluckt hätte.
    »Roulette! Ich? In meiner Position … Ich? Besinnen Sie sich doch, liebe Tante, vielleicht fühlen Sie sich immer noch nicht recht wohl …«
    »Bla-bla, schon wieder bla-bla! Wahrscheinlich bist du dort nicht mit Gewalt wegzukriegen; bla-bla! Ich werde das mal ansehen, was das ist, das Roulette, heute noch. Und du, Praskowja, mußt mir erzählen, was es hier zu besichtigen gibt, und Alexej Iwanowitsch wird mir alles zeigen, und du, Potapytsch, schreibst alle Orte auf, zu denen wir fahren müssen. Was wird hier besichtigt?« wandte sie sich wieder an Polina.
    »Hier in der Nähe gibt es die Schloßruine, und dann den Schlangenberg.«
    »Was für ein Schlangenberg? Ein Hain? Oder?«
    »Nein, kein Hain, ein Berg. Dort ist der Point …«
    »Was für ein Point?«
    »Der höchste Punkt auf einem Berg, der von einem Geländer umgeben ist. Die Sicht von dort ist unvergleichlich.«
    »Man muß also den Rollstuhl den Berg hinauftragen, schafft man das oder nicht?«
    »Oh, solche Dienstleute lassen sich bestimmt finden«, antwortete ich.
    Inzwischen war Fedossja, die Kinderfrau, erschienen, um Babuschka zu begrüßen und ihr die Generalskinder vorzuführen.
    »Schon gut, bloß keine Küßchen! Ich küsse mich nicht gern mit kleinen Kindern: Die Kinder haben immer Rotznasen. Nun, wie geht’s dir hier, Fedossja?«
    »Hier ist es über alle Maßen, über alle Maßen schön, Mütterchen Antonida Wassiljewna«, antwortete Fedossja. »Aber wie ist es Ihnen gegangen? Wir haben uns Ihretwegen größte Sorgen gemacht.«
    »Ich weiß es, du bist eine ehrliche Haut. Wer ist das, sind das alles eure Gäste?« wandte sie sich wieder an Polina. »Wer ist denn dieser Kümmerling mit der Brille?«
    »Fürst Nilskij, Babuschka«, antwortete Polina flüsternd.
    »O je, ein Russe? Und ich dachte, der versteht nichts! Vielleicht hat er es nicht gehört! Mister Astley habe ich schon gesehen. Da ist er ja wieder«, sagte Babuschka. »Guten Tag!« plötzlich bedachte sie ihn mit einem Gruß.
    Mister Astley verneigte sich wortlos.
    »Nun, was möchten Sie mir Gutes sagen? Sagen Sie mir doch etwas! Übersetze ihm das, Polina.«
    Polina übersetzte.
    »Dann sage ich Ihnen, daß ich Sie mit großem Vergnügen begrüße und mich freue, daß Sie bei guter Gesundheit sind«, antwortete Mister Astley ernst, aber ausgesprochen bereitwillig. Es wurde für Babuschka übersetzt, zu ihrem offensichtlichen Gefallen.
    »Die Engländer antworten immer so gut«, bemerkte sie. »Ich habe schon immer aus irgendeinem Grund die Engländer gemocht, die sind mit den Franzmännern gar nicht zu vergleichen! Besuchen Sie mich«, wandte sie sich abermals an Mister Astley. »Ich werde mir Mühe geben, Ihnen nicht besonders lästig zu fallen. Übersetz ihm das, und sag ihm auch, daß ich hier unten bin, hier unten – hören Sie, hier unten, unten«, wiederholte sie und zeigte mit dem Finger nach unten.
    Die Einladung

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