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Der Spieler

Der Spieler

Titel: Der Spieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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alles zu berichten – von Ihren Gefühlen, Gedanken, Hoffnungen und … Erinnerungen!«
    »Ist das möglich? Ist das möglich?« rief ich aus, ohne meiner Tränen Herr zu werden. Ich konnte sie nicht unterdrücken, zum ersten Mal in meinem Leben, glaube ich.
    »Ja, Sie unglücklicher Mensch, sie liebte Sie, und das kann ich Ihnen sagen, weil Sie – ein verlorener Mensch sind! Nicht genug damit, sogar wenn ich Ihnen sagen würde, daß Sie immer noch von ihr geliebt werden, auch dann – auch dann werden Sie dessenungeachtet hierbleiben! Ja, Sie haben sich zugrunde gerichtet. Sie hatten gewisse Fähigkeiten, Sie besaßen einen lebhaften Charakter und waren kein schlechter Mensch; Sie hätten sogar Ihrem Vaterland, das eine solche Not an Menschen leidet, nützlich sein können, aber – Sie werden hierbleiben, und Ihr Leben ist zu Ende. Es ist nicht Ihre Schuld. In meinen Augen sind alle Russen so oder haben dieselbe Anlage. Wenn nicht das Roulettespiel – dann etwas anderes, Ähnliches. Ausnahmen sind allzu selten. Sie sind nicht der erste, der nicht weiß, was Arbeit ist (Ihr Volk meine ich nicht). Das Roulette ist vorwiegend ein russisches Spiel. Bis jetzt hielten Sie auf Ehre und waren bereit, eher die Stellung eines Lakaien anzunehmen als zu stehlen, aber mir graut vor dem Gedanken, was alles in Zukunft geschehen kann. Genug, leben Sie wohl! Brauchen Sie Geld? Hier, nehmen Sie von mir zehn Louisdor, mehr gebe ich nicht, Sie werden sowieso alles verspielen. Nehmen Sie und leben Sie wohl. Nehmen Sie doch!«
    »Nein, Mister Astley, nach allem, was Sie gerade gesagt haben …«
    »Ne-ehmen Sie!« fuhr er mich an. »Ich bin überzeugt, daß Sie noch anständig sind, und gebe es Ihnen wie ein Freund seinem wahren Freund. Könnte ich sicher sein, daß Sie das Spiel aufgeben, Homburg verlassen und in Ihr Vaterland zurückkehren, wäre ich bereit, Ihnen auf der Stelle tausend Pfund für den Anfang einer neuen Karriere zu geben. Aber ich gebe Ihnen keine tausend Pfund, sondern nur zehn Louisdor, weil tausend Pfund für Sie in diesem Augenblick völlig dasselbe sind wie zehn Louisdor, ganz gleich – Sie werden sie verspielen. Also nehmen Sie und leben Sie wohl!«
    »Ich werde es nehmen, aber nur wenn Sie mir erlauben, Sie zum Abschied zu umarmen.«
    »Oh, mit Vergnügen!«
    Wir umarmten uns von ganzem Herzen, und Mister Astley ging. Nein, er war nicht im Recht! Wenn ich scharf und dumm über Polina und des Grieux gesprochen hatte, so war er scharf und vorschnell in bezug auf die Russen. Von mir will ich nicht reden. Übrigens … übrigens ist all das einstweilen nicht das Richtige. All das sind Worte, Worte, Worte, aber nötig sind Taten! Die Hauptsache ist jetzt die Schweiz! Schon morgen – oh, könnte ich schon morgen auf dem Weg dorthin sein! Wieder ein Mensch werden, auferstehen. Ihnen beweisen … Polina muß wissen, daß ich immer noch ein Mensch werden kann. Ich brauche nur … jetzt ist es allerdings zu spät – aber morgen … Oh, ich habe das Vorgefühl … und es kann nicht anders sein! Ich besitze jetzt fünfzehn Louisdor und hatte schon einmal auch mit fünfzehn Gulden angefangen! Wenn ich ganz vorsichtig anfange … bin ich denn wirklich, wirklich so ein kleiner Junge! Sehe ich denn etwa nicht ein, daß ich ein verlorener Mensch bin! Aber – warum sollte ich nicht auferstehen können? Ja! Man braucht nur ein einziges Mal im Leben Berechnung und Geduld, und – das ist alles! Man braucht nur ein einziges Mal Ausdauer, um im Laufe einer Stunde das ganze Schicksal verändern zu können. Ausdauer, das ist die Hauptsache. Ich muß mich nur daran erinnern, wie es mir in solcher Lage vor sieben Monaten in Roulettenburg ergangen ist, vor meinem endgültigen Verlust. Oh! Das war ein bemerkenswertes Beispiel für Entschlossenheit: Ich hatte damals alles verspielt, alles … Ich verlasse das Kurhaus und entdecke in einer Westentasche noch einen einzigen Gulden. “Aha, es reicht für ein Mittagessen”, denke ich, überlege und kehre nach etwa hundert Schritten zurück. Ich setzte diesen Gulden auf Manque (damals war Manque an der Reihe), und wirklich – es ist ein besonderes Gefühl, wenn man allein, in der Fremde, weit von der Heimat, von Freunden, ohne zu wissen, ob man heute zu essen bekommt, den letzten, den allerallerletzten Gulden aufs Spiel setzt! Ich gewann und verließ zwanzig Minuten später das Casino mit hundertsiebzig Gulden in der Tasche. Ein Faktum, wenn’s beliebt! Daran sieht

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