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Der Spieler

Der Spieler

Titel: Der Spieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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bis in das benachbarte Fürstentum. Manchmal war ich auf diese Weise bis zu vier Stunden unterwegs und kehrte müde und hungrig nach Homburg zurück. Kaum war ich aus dem Garten in den Park gelangt, als ich plötzlich auf einer Bank Mister Astley sah. Er hatte mich bereits entdeckt und meinen Namen gerufen. Ich nahm neben ihm Platz. Er bewahrte einen gewissen Ernst, und sobald ich dies bemerkte, mäßigte ich sofort meine freudige Überraschung; ich hatte mich nämlich furchtbar über ihn gefreut.
    »Aha, Sie sind also hier! Ich habe schon gedacht, daß ich Sie hier treffen werde«, sagte er. »Machen Sie sich nicht die Mühe, mir etwas zu erzählen: Ich weiß alles; Ihre sämtlichen Lebensumstände in diesem Jahr und den acht Monaten sind mir bekannt.«
    »Oho! Sie lassen Ihre alten Freunde also nicht aus den Augen!« antwortete ich darauf. »Sehr schön von Ihnen, daß Sie sie nicht vergessen! Warten Sie, Sie bringen mich auf einen Gedanken – haben nicht Sie mich aus dem Roulettenburger Gefängnis freigekauft, wo ich wegen der Schuld von zweihundert Gulden sitzen mußte? Ein Unbekannter hat mich freigekauft.«
    »Nein, o nein; ich habe Sie aus dem Roulettenburger Gefängnis, wo Sie wegen einer Schuld von zweihundert Gulden einsaßen, nicht freigekauft, aber ich habe gewußt, daß Sie wegen einer Schuld von zweihundert Gulden einsaßen …«
    »Das heißt, Sie wissen, wer mich freigekauft hat?«
    »Oh, nein, ich kann nicht behaupten, daß ich weiß, wer Sie freigekauft hat.«
    »Eigentümlich; unter unseren Russen bin ich völlig unbekannt; und die Russen würden hier vermutlich niemanden freikaufen; es ist ja nur dort, in Rußland, üblich, daß Rechtgläubige die Rechtgläubigen freikaufen. Ich habe schon gedacht, es müßte schon ein englischer Sonderling sein, aus einer originellen Laune.«
    Mister Astley hörte mir mit einigem Erstaunen zu. Es schien, als hätte er damit gerechnet, mich niedergeschlagen und mutlos zu finden.
    »Ich bin jedoch sehr erfreut, daß Sie Ihre souveräne Geisteshaltung und sogar Ihre Heiterkeit unvermindert bewahrt haben«, sagte er mit einer ziemlich säuerlichen Miene.
    »Das heißt, Sie knirschen innerlich mit den Zähnen vor lauter Enttäuschung darüber, daß ich nicht niedergeschlagen und gedemütigt bin«, sagte ich lächelnd.
    Er brauchte eine Weile, um mich zu verstehen, aber er lächelte, sobald er es verstanden hatte.
    »Ihre Bemerkungen gefallen mir. Ich erkenne in diesen Worten meinen früheren gescheiten, begeisterten und zugleich zynischen alten Freund wieder; nur Russen bringen es fertig, so viele Gegensätze zu gleicher Zeit in sich zu vereinen. Es stimmt, daß der Mensch seinen besten Freund nicht ungern vor sich erniedrigt sieht; meistenteils ist der Grund einer Freundschaft eine solche Erniedrigung; das ist eine uralte, allen klugen Menschen bekannte Wahrheit. Aber in diesem Fall, ich versichere Sie, freue ich mich aufrichtig, daß Sie den Mut nicht verlieren. Sagen Sie, haben Sie nicht die Absicht, das Spiel aufzugeben?«
    »Oh! Zum Teufel damit! Ich gebe es sofort auf, sobald ich …«
    »… Sobald ich das Verlorene wiedergewonnen habe? Das dachte ich mir; Sie brauchen den Satz nicht zu vollenden – ich weiß, er ist Ihnen unbedacht entschlüpft, folglich haben Sie die Wahrheit gesagt. Sagen Sie, beschäftigen Sie sich nur mit dem Spiel und mit nichts anderem sonst?«
    »Ja, mit nichts anderem sonst …«
    Darauf begann er mich zu examinieren. Ich wußte nichts, ich hatte kaum einen Blick in eine Zeitung geworfen und bestimmt während dieser ganzen Zeit kein Buch aufgeschlagen.
    »Ihr Kopf ist holzig geworden«, bemerkte er, »Sie haben nicht nur auf das Leben verzichtet, auf Ihre eigenen und die öffentlichen Interessen, auf die Pflichterfüllung des Bürgers und des Menschen, auf den Umgang mit Ihren Freunden (immerhin haben Sie welche gehabt), Sie haben nicht nur auf jedes Ziel, welches auch immer, außer dem Gewinn, Sie haben sogar auf Ihre Erinnerungen verzichtet. Ich kenne Sie noch in einem glühendheißen und intensiven Augenblick Ihres Lebens; aber ich bin sicher, daß Sie alle Ihre besten Empfindungen von damals vergessen haben; Ihre Träume, Ihre jetzigen glühendsten Wünsche gehen nicht über ›Pair‹ und ›Impair‹, ›Rouge et Noir‹, über die ›Zwölf in der Mitte‹ und so weiter und so weiter hinaus, davon bin ich überzeugt!«
    »Genug, Mister Astley! Ich bitte, ich bitte Sie! Erinnern Sie mich nicht daran«, rief ich

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