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Der Spieler

Der Spieler

Titel: Der Spieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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einverstanden zu erklären. Ich als Russe – ebensowenig, vielleicht aus Neid, meinetwegen; aber unsere jungen Damen könnten völlig anderer Meinung sein. Sie können, mit Recht, Racine gewollt, unnatürlich und parfümiert finden und werden ihn sogar nicht einmal aufschlagen, bestimmt nicht. Auch ich finde ihn gespreizt, unnatürlich und parfümiert, von einem bestimmten Standpunkt aus vielleicht sogar komisch; aber er ist zauberhaft, Mister Astley, und vor allem ein großer Dichter, ob es uns beiden paßt oder nicht. Die nationale Form des Franzosen, das heißt des Bürgers von Paris, war eine elegante Form, als wir noch Bären waren; die Revolution trat das Erbe des Adels an; und heutzutage kann der vulgärste Franzmann über Manieren, Haltung, Ausdrucksweise und sogar Ideen von größter Eleganz verfügen, über vollendete Form, wobei er an dieser Form weder durch eigenen Willen noch eigene Seele oder sein eigenes Herz beteiligt ist; all das gehört zu seinem Erbgut. Selbstverständlich kann so jemand hohler als hohl und gemeiner als gemein sein. Und nun, Mister Astley, kann ich Ihnen anvertrauen, daß es auf der ganzen Welt kein Wesen gibt, das vertrauensvoller und aufrichtiger ist als eine gutherzige, gescheite und nicht allzusehr verbildete russische junge Dame. Ein des Grieux, der vor ihr in einer bestimmten Rolle und unter einer bestimmten Maske auftritt, vermag ihr Herz mit außerordentlicher Leichtigkeit zu gewinnen; er ist die elegante Form, Mister Astley, und die junge Dame hält diese Form für seine innerste Seele, für die natürliche Form seines Geistes, seines Herzens, und nicht für ein Gewand, das ihm durch Vererbung zugefallen ist. Leider, das muß ich Ihnen bedauerlicherweise gestehen, treten die Engländer meistens eckig und unelegant auf, die Russen aber sind ziemlich feinfühlig, wenn es um Schönheit geht, und lassen sich durch sie am leichtesten ködern. Aber um die Schönheit der Seele und die Originalität der Persönlichkeit zu erahnen, braucht man eine unvergleichlich größere Selbständigkeit und Freiheit, als sie unseren Frauen, und erst recht unseren jungen Damen, eigen ist – auf jeden Fall eine größere Erfahrung. Miss Polina jedoch – ich bitte um Nachsicht, gesagt ist gesagt, Miss Polina brauchte sehr, sehr viel Zeit, um sich zu entschließen und Sie dem Schuft des Grieux vorzuziehen. Sie wird Sie schätzenlernen, sie wird mit Ihnen Freundschaft schließen, sie wird vor Ihnen ihr ganzes Herz öffnen, aber dennoch wird in diesem Herzen der abscheuliche Schuft, der üble kleine Wucherer des Grieux herrschen. Und so wird es bleiben, aus bloßem Eigensinn und Ehrgeiz, weil ebendieser des Grieux ihr einmal in der Aureole des eleganten Marquis, des enttäuschten Liberalen erschienen ist, der sich (angeblich) zugunsten ihrer Familie und des leichtsinnigen Generals ruiniert hat. Alle seine Finten wurden entlarvt. Aber was tut es schon, daß sie nun entlarvt sind: Sie wünscht sich immer noch den einstigen des Grieux – das ist es, was sie will! Und je glühender sie den jetzigen des Grieux haßt, desto mehr sehnt sie sich nach dem einstigen, auch wenn dieser einstige nur in ihrer Phantasie existiert hat. Sie sind Zuckerfabrikant, Mister Astley?«
    »Ja. Ich bin Gesellschafter der bekannten Zuckerfabrik Lowel und Co.«
    »Na ja, Sie sehen doch selbst, Mister Astley: hier ein Zuckerfabrikant und dort der Apollo von Belvedere ; das paßt irgendwie nicht zusammen. Und ich bin nicht einmal ein Zuckerfabrikant; ich bin nur ein kleiner Roulettespieler und habe sogar als Lakai gedient, was Miss Polina gewiß nicht unbekannt ist, weil ihre Polizei sehr gut zu funktionieren scheint.«
    »Sie sind erbost, und deshalb kommen Sie auf diese Ungereimtheiten«, sagte Mister Astley nach einigem Überlegen kaltblütig. »Außerdem entbehren Ihre Reden jeglicher Originalität.«
    »Zugegeben! Aber gerade darin liegt das Schlimme, mein edler Freund, daß alle meine Schuldzuweisungen, mögen sie noch so überholt, noch so banal wie im Vaudeville sein – nichts als Wahrheit sind. Wir haben eben beide doch nichts zustande gebracht.«
    »Diese Ungereimtheit ist abscheulich, weil … weil … Sie müssen es wissen!« sprach Mister Astley mit zitternder Stimme und blitzenden Augen. »Sie sollen wissen, Sie undankbarer und unwürdiger, kleiner und unglücklicher Mensch, daß ich nach Homburg in ihrem Auftrag gekommen bin, um Sie zu sehen, mich mit Ihnen lange und herzlich zu unterhalten und ihr

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