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Der Spinnenkrieg

Der Spinnenkrieg

Titel: Der Spinnenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»Suchen Sie einen Landeplatz«, sagte sie. Der Helikopter verlor weiter an Geschwindigkeit und ging tiefer. Der Wald war an dieser Stelle sehr dicht, und Charity hatte nicht genug Vertrauen in die Fähigkeiten des Jungen, um eine Landung zwischen den Bäumen zu riskieren. So bedeutete sie ihm mit einer Geste, ein Stück weiter zu fliegen, bis Bäume und Unterholz unter ihnen wieder dem graugrünen Fleckenmuster zerstörter Straßenzüge Platz machten. Automatisch warf sie einen Blick auf die Instrumente des Helikopters, ehe sie dem Piloten gestattete, endgültig zu landen. Der Geigerzähler zeigte keine gefährliche Strahlung an. Der Helikopter setzte so sanft auf, daß Charity nicht einmal eine Erschütterung spürte, und der Pilot erhob sich aus seinem Sitz und streifte den Helm ab. Er wollte ihn an Tribeaux weiterreichen, aber Charity schüttelte den Kopf. »Schalten Sie die Motoren aus«, sagte sie. »Ich denke, wir sollten uns ein wenig umsehen.« Skudder sah sie überrascht an, schwieg aber. Er war dabei gewesen, als Charity Stone versprochen hatte, nirgends zu landen, sondern nur ein paar Runden mit der Maschine zu drehen und dann unverzüglich zurückzukehren. Und sie hatte eigentlich auch gar keinen Grund, dieses Versprechen zu brechen. Sie verließen die Maschine. Charity ließ Lerou als Wächter zurück und sprang als erste aus dem Helikopter. Nachdem sie sich davon überzeugt hatte, daß ihre Funkgeräte alle auf die gleiche Frequenz eingestellt waren, entfernte sie sich ein paar Schritte von dem gelandeten Hubschrauber und blieb stehen. Das Heulen der Turbine verklang allmählich, aber auch danach kehrte keine wirkliche Stille ein. Sie hörte das Rauschen des Windes im nahen Wald und ein fernes, anhaltendes Rollen und Donnern wie das Geräusch eines weit entfernten Gewitters oder einer schweren Meeresbrandung. Doch in Wahrheit war es das Echo der Schlacht, die fünfzig Meilen von ihnen entfernt tobte. Trotzdem überkam Charity für einen Moment das Gefühl eines viel zu lang vermißten Friedens, als sie dastand und die kalte, nach Blättern und Gras duftende Luft einatmete. Zum allerersten Mal, seit sie auf die Erde zurückgekehrt war, waren ihre Kopfschmerzen verflogen, und zum allerersten Mal hatte sie das Gefühl, nicht eingesperrt zu sein. Nach einer Weile wurde ihr klar, daß die anderen hinter ihr stehengeblieben waren und sie erwartungsvoll anblickten. Sie sah sich kurz um und deutete dann beinahe wahllos auf einen zu vier Fünfteln von Unkraut überwucherten Trümmerblock, vielleicht fünfzig Meter entfernt. Die Reste einer zerborstenen, gelben Lichtreklame reflektierten das Licht der tiefstehenden Sonne, und hier und da war sogar noch eine Fensterscheibe erhalten geblieben. »Dieses Gebäude dort«, sagte sie. »Nehmen wir an, es wäre von Moroni besetzt, die genau wissen, daß wir kommen. Versucht, es zu stürmen.« Skudder blickte sie mit noch größerer Überraschung an, und auch Harris runzelte mißbilligend die Stirn, aber die drei Kadetten nahmen unverzüglich ihre Gewehre von der Schulter und begannen auf die Ruine zuzulaufen. Charity beobachtete sie aufmerksam. Sie stellten sich nicht einmal ungeschickt an. Trotzdem dauerte es nur Augenblicke, bis Charity den Kopf schüttelte und mit einem enttäuschten Seufzer die Luft ausstieß. Es war so, wie sie befürchtet hatte: Die drei mochten wissen, wie man einen Helikopter flog oder einen Panzer bediente, aber sie hatten keinerlei Kampferfahrung. »Was soll das?« fragte Skudder. Charity antwortete nicht, sondern bildete mit den Händen einen Trichter vor dem Mund und rief: »Delgard! Sie können zurückkommen!« Der junge Franzose blieb mitten im Schritt stehen, warf einen verwirrten Blick zu ihr zurück, gehorchte dann aber, während sich die beiden anderen durchaus geschickt weiter der Ruine näherten. »Captain?« Delgard salutierte übertrieben zackig, als er vor ihr stehenblieb. »Sparen Sie sich das«, sagte Charity lächelnd. »Sie sind nämlich tot. Sie waren mindestens zwanzig Sekunden ohne Deckung.« »Aber ich …« »Die Moroni haben moderne Waffen, vergessen Sie das nicht«, fuhr Charity fort. »Ein Busch ist kein besonders zuverlässiger Schutz gegen das Lasergewehr.« Delgard wirkte enttäuscht. Er schien Charitys Meinung auch nicht zu teilen, widersprach aber nicht, sondern nickte nur knapp. »Wenn es Sie tröstet, Delgard«, fuhr Charity fort, »die beiden anderen stellen sich auch nicht sehr viel

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