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Der Spinnenmann

Der Spinnenmann

Titel: Der Spinnenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terje Emberland
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da und kratzte mich im Nacken.
    Die junge Frau konnte die Tür unmöglich allein festgehalten haben. Ich hatte das Gefühl gehabt, meine Kräfte mit vielen Personen gemessen zu haben. Wer sie waren und warum sie sich in der Wohnung aufhielten, war mir ein Rätsel.
     
    Die Entführung aus der Kristian Augustsgate
     
    Ich ging wieder nach unten und suchte in Fredriksens Taschen nach den Wohnungsschlüsseln. Ich fand sie nicht. Das kam mir seltsam vor. Weder Brieftasche noch Armbanduhr waren verschwunden.
    Ich verließ das Geschäftshaus und ging zum weiter unten in der Dronningens gate gelegenen Hotel Veronica. In dem kleinen Glaskasten im ersten Stock saß der alte Reiersen und las die Anzeigen auf der ersten Seite von Morgenbladet. Er war wie immer glattrasiert und sorgfältig gekämmt und trug seinen abgenutzten Anzug, der nach allen Regeln der Kunst geplättet war. Ich nahm den Geruch des billigen Rasierwassers schon wahr, als ich seinen Schalter noch längst nicht erreicht hatte.
    Er schaute auf und lächelte, als er mich sah. »Kann ich irgendwie behilflich sein?«
    Ich schob ihm einen Fünfkronenschein über den Tresen. »Danke für die Frage, Jakob. Du kannst Nr. 19 anrufen und mitteilen, dass Rechtsanwalt Fredriksen ermordet worden ist. Er liegt in seinem Büro in der Dronningens gate 63.«
    Reiersen musterte den Fünfkronenschein lange. Dann steckte er ihn in die Brusttasche.
    »Du hast nicht gerade große Lust, selbst anzurufen, wenn ich das richtig verstanden habe?«
    Ich lächelte. »Lieber nicht.«
    Reiersen hob den Hörer ab. Er sah mich fragend an.
    »Aber was soll ich sagen, wenn die Polizei wissen will, woher ich weiß, dass Fredriksen von uns gegangen ist?«
    »Nichts. Dann legst du auf.«
    Ich vergewisserte mich davon, dass er tat, wie ihm geheißen. Reiersen legte auf.
    »Könnte es interessant sein, mit Schröder zu sprechen?«, fragte er.
    »Natürlich«, sagte ich überrascht. »Weißt du, wo er steckt?«
    »Sicher doch. Er wohnt seit zwei Tagen hier. Zimmer 302.« Ich bedankte mich und steuerte die Treppe an. »Es steht aber nicht fest, dass er aufmacht!«, rief Reiersen hinter mir her. Ich blieb stehen. »Nicht?«
    »Nein, er ist mit einem Frauenzimmer zusammen.«
    »Mit was für einem Frauenzimmer?«
    »Angeblich seiner Verlobten. Fräulein Leopoldsen. Seit sie hier sind, trinken sie die ganze Zeit.«
    Reiersen hatte sich geirrt, wenn er angenommen hatte, Schröder werde mir nicht die Tür öffnen. Ihre Sauftour hatte dem fröhlichen Paar offenbar das Kapital geraubt, denn er bat mich sofort, ihm einen Zehner zu pumpen. Er deutete sogar an, er könne sich für eine halbe Stunde ins Postcafe setzen, während seine Verlobte mir das Geld in Naturalien zurückzahlte.
    Ich warf einen Blick über seine Schulter. Fräulein Leopoldsen lag im Unterrock auf dem Bett und schlief mit sperrangelweit offenem Mund.
    »Das wäre jetzt aber wirklich unpassend, Tore. Ich habe schlechte Nachrichten. Es geht um Fredriksen …«
    Schröder starrte mich misstrauisch an. Er war ein kleiner, dunkler und verlebter Typ, der ab und zu für Fredriksen gearbeitet hatte. Er hütete das Telefon und half im Büro aus, gegen Bezahlung in Form von Lebensmitteln, Zigaretten und der Erlaubnis, in Fredriksens Wohnung zu übernachten. Trotzdem wurde Schröder nicht als vollwertiges Mitglied der Bande behandelt, er war zu charakterschwach, um andere Aufgaben übertragen zu bekommen, als in den staatlichen Alkoholladen zu gehen und dafür zu sorgen, dass die Gläser gefüllt waren. Oft erfuhr er als Letzter, dass die Bande einen Coup gelandet hatte.
    »Was ist denn passiert?«, fragte er endlich.
    Ich machte eine vage Handbewegung.
    »Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht. Vermutlich hat jemand Fredriksen angefallen, als der gerade das Büro verlassen wollte. Als ich ihn gefunden habe, lag er mit einer riesigen Wunde im Hinterkopf in einer Blutlache. Tot.«
    Schröder sagte nichts, er schüttelte nur ungläubig den Kopf.
    »Weißt du übrigens, warum Fredriksens Büro ausgeräumt worden ist?«
    Er wirkte überrascht. »Das Büro ist leer? Ich war seit vielen Wochen nicht mehr bei Fredriksen. Aus irgendeinem Grund bin ich plötzlich unerwünscht. Ich weiß nur, was ich in der Stadt so höre.«
    »Was weißt du über die Leute in Fredriksens Wohnung?«
    Plötzlich wirkte er verängstigt. »Rein gar nichts!«
    Er knallte die Tür zu, aber nur, um sie gleich darauf wieder zu öffnen. »Lass es mich mal so sagen: Wenn es herauskommt,

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