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Der Spinnenmann

Der Spinnenmann

Titel: Der Spinnenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terje Emberland
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Empfangskomitee vor der Tür. Aber der dunkle Gang war leer. Ich ging zu Fredriksens Bürotür. Die war offen.
    Im Büro bot sich mir ein unerwarteter Anblick. Die Bande hatte das Lokal offenbar in aller Eile geräumt. Der Wandschirm war umgestürzt, alle Archivschubladen standen offen und überall auf dem Boden waren Papiere verstreut. Leere Flaschen lagen herum, ein Tisch war bedeckt von halbleeren Gläsern und überlaufenden Aschenbechern. Ich las vom Boden eine Handvoll Papiere auf. Es schien sich um weniger wichtige Unterlagen zu handeln, weshalb sie sich nicht die Mühe gemacht hatten, sie mitzunehmen. Ich ging zum Aktenschrank und warf einen Blick in die offenen Schubladen. Rechnungsbücher, Mappen mit Kopien und Wechselvordrucke waren verschwunden.
    Ich blieb mitten im Raum stehen und kratzte mich nachdenklich im Nacken. Was konnte die Bande wohl in die Flucht geschlagen haben? Der einzige Grund, den ich mir vorstellen konnte, war die Angst vor einer polizeilichen Aktion. Aber dann hätte im Justisen doch das Gerücht umgehen müssen, dass die Obrigkeit gegen das Hauptquartier der Bande aktiv werden wollte?
    Weiter kam ich nicht in meinen Überlegungen.
    Ich entdeckte einen Arm, der hinter dem Wandschirm hervorragte.
    Ich war wie gelähmt, mein Herz hämmerte dermaßen, dass mein ganzer Körper zu pulsieren schien. Wie in Trance ging ich hinüber und hob die spanische Wand hoch.
    Auf dem Boden lag eine Gestalt mit dem Gesicht nach unten, der Wintermantel war halb abgestreift. Ich erkannte das scharfe Profil sofort. Es war Rechtsanwalt Walter Fredriksen.
    Er hatte eine tiefe Wunde im Hinterkopf. Von der Portweinflasche, die ihn getroffen hatte, war nur noch der Hals vorhanden. Unzählige Glassplitter steckten in der Wunde und ragten aus der Blutlache, die sich um den Kopf herum ausbreitete.
    Ich kniete neben ihm nieder und horchte. Keine Atemzüge, soweit ich hören konnte. Ich betastete die Halsschlagader: Doch, sicher, der alte Gauner war tot.
    Als ich die Nummer der Polizei wählen wollte, bekam ich kein Freizeichen. Erst nachdem ich mehrmals auf die Gabel gedrückt hatte, entdeckte ich, dass die Leitung durchgeschnitten war. Unschlüssig stand ich da mit dem stummen Hörer in der Hand.
    Dann hörte ich in der Wohnung über mir ein lautes Pochen. Es klang wie eine zu Boden fallende Billardkugel. Dann fing sie an zu rollen und ich hätte schwören können, dass ich leichte Schritte hörte, als laufe jemand auf Socken los, um die Kugel einzufangen.
    Ich war außer mir vor Angst, eine ganz natürliche Reaktion, wenn man mit einem Toten allein ist. Ich war ganz sicher, dass ich Fredriksens Mörder gehört hatte, ich konnte mir einfach nichts anderes vorstellen. Ich war fest entschlossen, mich unbemerkt aus dem Haus zu schleichen, aber die Neugier war dann doch stärker.
    Ich verließ das Büro und schlich mich die Treppe zu Fredriksens Wohnung hoch.
    Lange presste ich das Ohr an die Tür, ohne drinnen auch nur einen Laut zu hören. Dann drückte ich die Klinke herunter. Die Tür war verschlossen.
    Ich klopfte an. Als niemand antwortete, schlug ich noch einmal energisch gegen die Tür.
    Danach schlich ich zum Treppenabsatz weiter unten und versuchte, mich hinter dem Geländer zu verstecken, so gut ich konnte.
     
    Es dauerte lange. Dann hörte ich, wie das Schnappschloss geöffnet wurde.
    Die Tür ging auf und eine junge Frau kam heraus. Sie mochte Mitte zwanzig sein, hatte schwarze Haare und eine graue Strickjacke über einem schlichten hellblauen Kleid. Sie trug zerfetzte Herrenpantoffel an den nackten Füßen.
    Die Frau wollte gerade die Tür schließen, als eine Krocketkugel durch den Türspalt und dann die Treppe hinunter rollte. Ein drei, vier Jahre altes Mädchen drängte sich an der Frau vorbei und konnte die Kugel nach wenigen Stufen einholen.
    Die Frau rannte hinterher und bekam den Flüchtling zu fassen. Die Kleine hielt das offenbar für ein witziges Spiel und lachte glücklich, als sie hochgehoben wurde. Die Erwachsene schien das ganz anders zu sehen.
    Sie hatte mich entdeckt und war im Gesicht kalkweiß geworden.
    Ich erhob mich langsam zu meiner vollen Größe. Die Frau schrie auf und stürzte mit dem Kind auf dem Arm zurück in die Wohnung.
    Ich lief hinterher und erreichte sie, ehe sie die Tür ganz schließen konnte. Ich versuchte mit aller Kraft hineinzugelangen, aber die Tür ließ sich nicht mehr bewegen. Ich konnte auch nicht verhindern, dass sie dann zugeschoben wurde.
    Abermals stand ich

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