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Der Spinnenmann

Der Spinnenmann

Titel: Der Spinnenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terje Emberland
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Deshalb bist du auf dem Lilletorg hinter Manteuffel hergerannt und deshalb wolltest du heute zu Fredriksen. Bist du noch nicht auf die Idee gekommen, dass das nicht gerade Leute sind, die gern Interviews geben?«
    »Ich muss mir doch Kontakte besorgen, oder was?«
    Bay musterte mich lange. »Ich an deiner Stelle würde einen großen Bogen um Hans von Manteuffel machen.«
    Ich konnte mich nicht mehr halten. Die Kotze spritzte über den Betonboden. Mir brach am ganzen Leib der Schweiß aus und mir liefen nur so die Tränen aus den Augen. Ich sah kaum, dass Bay zurückweichen musste, um sich nicht die Gamaschen zu versauen.
    »Schafft ihn weg, Jungs«, rief er irritiert. »Ich komme morgen zurück, um zu sehen, ob er in besserer Form ist.«
    Ich konnte nicht mehr protestieren, als Enger mir mit dem Revolverschaft gegen den Hinterkopf schlug. Ich fiel auf die Knie und mein Oberkörper bewegte sich hilflos hin und her, ich war sicher, dass ich das Bewusstsein verlieren würde. Aber das geschah nicht. Ich merkte, wie eifrige Hände mich an Armen und Beinen fesselten. Von Widerstand konnte keine Rede sein. Ich war restlos benebelt und hätte nicht einen einzigen Muskel anspannen können.
    Die Schatten hoben mich hoch und trugen mich durch eine Tür. Ich wurde auf die Knie gedrückt und geknebelt, dann versetzte mir jemand einen heftigen Stoß. Ich fiel auf den Boden. Die Tür wurde zugeschlagen und von außen verschlossen. Erst jetzt wurde alles schwarz.
    Was mich weckte, waren die Schmerzen in der Schulter. Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich weg gewesen war, es konnten fünf Minuten oder fünf Stunden gewesen sein. Ich lag in der Finsternis und lauschte. Auf der anderen Seite der Tür war alles still.
    Die Nacht verging. Zwischendurch war ich bewusstlos. Ich weiß nicht, ob ich einschlief oder in Ohnmacht fiel, jedenfalls wurde ich jedes Mal von meiner verletzten Schulter geweckt, bis mich dann zur Abwechslung lautes Krachen vor dem Lagerhaus hochschrecken ließ. Die Arbeit auf Vippetangbryggen hatte begonnen. Dem Lärm nach zu urteilen wurden Eisenplatten gelöscht.
    Ich musste die Gelegenheit beim Schopf ergreifen, so gering meine Chancen auch sein mochten. Ich wollte mich zur Tür schleppen und so heftig dagegentreten, wie ich nur konnte. Wenn ich Glück hätte, würden mich die Hafenarbeiter entdecken, ehe Bays Leute zurückkämen. Aber ehe ich die Tür erreicht hatte, wurde sie aufgeschlossen. Ein kleiner dunkler Typ schlich herein. Es war Tore Schröder.
    Er schloss vorsichtig die Tür hinter sich zu und ging in die Hocke. »Nicht einen Mucks, Erfjord«, flüsterte er. »Die Knaben da draußen sind endlich eingeschlafen, und so sollte das besser auch bleiben. Steh auf, damit ich dich losbinden kann.«
    Ich gehorchte. Die Scheinwerfer von Vippetangbryggen leuchteten durch ein kleines Fenster unter der Decke. Zum ersten Mal konnte ich mich im Raum umsehen. Fredriksens Archiv war auf dem Boden aufgestapelt, aber das war noch nicht alles. Der Raum war vollgestellt mit Stühlen, Tischen, Sofas, Spiegeln und Gemälden.
    Schröder nahm mir den Knebel ab.
    »Hat Bay sich auf die Möbelbranche verlegt?«, fragte ich.
    »Wenn ich die Frage beantworte, sind wir beide erledigt.«
    Ich blickte ihn überrascht an. Es war deutlich, dass Schröder das ernst gemeint hatte. Er musterte mich aus ängstlichen Augen und fuhr sich mit einer zitternden Hand über den Mund. Vermutlich konnte er es nach seiner Sauftour nicht ertragen, nüchtern zu werden.
    »Ich hatte es nicht für so gefährlich gehalten, Möbel zu verkaufen?«
    »Es gibt nichts Gefährlicheres. Komm jetzt mit und sei still.« Wir schlichen uns an den Wachen vorbei. Sie saßen in Sesseln, die sie aus dem Möbellager geholt hatten, und schliefen,
    umgeben von leeren Flaschen. Schröder musste sich die ganze Nacht nüchtern gehalten haben, um mich irgendwann befreien zu können.
    Er schloss vorsichtig die Tür des Lagerhauses und machte mir ein Zeichen, mich zu beeilen. Als wir die Fischverkaufshalle erreicht hatten, packte ich ihn mit meinem unversehrten Arm.
    »Warum hast du dir die Sache anders überlegt, Tore?«
    »Anders überlegt?«
    Er versuchte, sich loszureißen, aber ich hielt ihn nur noch fester.
    »Versuch nicht, dich hier rauszureden, Tore. Du hast mir Ärger gemacht, indem du Bay von meinem Besuch bei Fredriksen erzählt hast - es kann kein anderer gewesen sein. Du hast sicher eine Chance gesehen, wieder in Gnaden aufgenommen zu werden, stelle ich mir vor.

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