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Der Spinnenmann

Der Spinnenmann

Titel: Der Spinnenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terje Emberland
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der Innenstadt, und jeden Samstagnachmittag nahm ich den Bus zum Solvann. Zu weiteren aufreibenden Szenen oder Enthüllungen kam es im Laufe des Herbstes nicht. Es schien, als wäre es mir gelungen, Lennart zu verdrängen.
    Nach einer Weile ließ er mich in Frieden. Es konnten Tage vergehen, ohne dass mir angesichts seines tragischen Todes grauste. Auch die anderen schrecklichen Dinge, die im Januar geschehen waren, verblassten langsam. Ich bekam keinen Schock mehr, wenn ich auf der Straße einen Mann mit Spinnenfingern oder Boxernase entdeckte.
     
    Eines Abends Anfang Dezember hatte ich wieder einmal die Wohnung für mich allein. Frau Weger war nach Genf gereist, um Weihnachten mit ihrer Schwägerin zu verbringen, und wollte erst eine Weile nach Neujahr zurückkehren.
    Nach einem hektischen Tag in der Redaktion war ich erschöpft und warf mich auf die Chaiselongue. Ein paar Minuten später war ich beinahe eingeschlafen. Doch dann spürte ich, wie meine Nackenhaare sich sträubten.
    Ein schwacher Duft nach Tabak hing im Zimmer.
    Lautlos setzte ich mich auf. Mein Blick fiel auf den Aschenbecher.
    Auf dem Boden des glänzenden Römerhelms lagen zwei Zigarettenkippen. Ich nahm eine heraus. Die Marke war Speed.
    Leise schlich ich weiter, um einen Blick hinter die Vorhänge zu werfen: kein Bondi. Danach untersuchte ich die anderen Zimmer, doch das Ergebnis war dasselbe. Der geheimnisvolle Eindringling war hier gewesen und wieder gegangen.
    Plötzlich wurde mir klar, weswegen er in die Wohnung eingebrochen war.
    Ich lief ins Wohnzimmer und riss die Schublade auf, in der die falsche Gutenberg-Bibel lag. Mit zitternden Händen öffnete ich das Kästchen.
    Das Porträt der Eva Frank Matronita war verschwunden!

TEIL III
     
    Wenn wir uns vor den Aktivitäten von Spionen und ausländischen Agenten beschützen wollen, müssen alle aufmerksam sein und verdächtige Vorgänge der Polizei oder den Militärbehörden melden. Die großen Militärmächte werden jederzeit - auch im Frieden - ihre Nachrichtendienste organisiert und ihren Spionageapparat in Betrieb halten, daher ist es notwenig, dass wir stets auf der Hut sind.
     
    Joh. Sohr, 1938
     
    Junge Dame verschwunden
     
    Ein paar Tage später sahen Kiss und ich die britische Verfilmung von Feuchtwangers >Jud Süß< im Casino.
    Es war ein höchst sehenswerter Film, mit hübschen Kostümen und kostspieligen Massenszenen. Ich war noch immer ganz aufgewühlt, als wir danach im Theatercafe etwas tranken.
    »Der Schluss war wirklich beeindruckend«, bemerkte ich. »Als Conrad Veidt in einem Käfig an den hohen Galgen hinaufgezogen wird, während die johlende Menge und ein paar Juden der Hinrichtung beiwohnen. Man kann nicht umhin, an die heutige Judenverfolgung in Deutschland zu denken.«
    Kiss zuckte mit den Schultern. »Ich finde überhaupt nicht, dass Süß als besonders sympathisch dargestellt wird.«
    »Zugegeben. Aber Conrad Veidt lässt uns verstehen, warum er so ist, und das ist der springende Punkt. Juden sind keine Sündenböcke, die für die Fehler der Gesellschaft geopfert werden dürfen. Aber, Gott helfe mir, Engel sind sie auch nicht gerade.«
    Kiss zündete sich eine Zigarette an und rauchte eine Weile schweigend. Dann sagte sie: »Ich bin überzeugt, dass Deutschland sein Judenproblem auf eine Weise lösen wird, die beide Seiten zufriedenstellt.«
    »Da magst du durchaus recht behalten«, erwiderte ich. »In einem der Nachrichtentelegramme, die ich diese Woche übersetzt habe, las ich, dass die zionistische Weltorganisation bereit ist, mit dem Naziregime zu verhandeln. Hitler könnte durch aus einwilligen, dass die Juden aus ihrer deutschen Heimat nach Palästina gebracht werden. Auf diese Weise könnte er sein Wahlversprechen von einem >judenfreien Reich< einlösen.«
    Kiss drückte ihre halb aufgerauchte Zigarette aus. Dann warf sie einen Blick auf ihre Armbanduhr.
    »Ein Glas schaffen wir doch noch, oder?«
    Ich winkte den Kellner herbei. »Einen Wermut und einen Portwein, bitte! Und dann hätte ich auch gerne gleich die Rechnung.«
    Ich zog meine Geldbörse hervor und begann, die Scheine abzuzählen. Kiss sah gedankenverloren aus dem Fenster. So war sie den ganzen Abend gewesen, still, abwesend.
    »Bondi ist wieder da«, sagte ich.
    Ich wollte sie aus ihrem schlafwandlerischen Zustand wecken. Doch das gelang mir nur teilweise.
    Sie sah mich an, ohne etwas zu erwidern.
    »Jacob Bondi«, erklärte ich. »Von dem ich dir erzählt habe, als wir nach Lennarts

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