Der Spion, der aus der Kälte kam
ausrichten«, antwortete Fiedler. »Ich werde es ausrichten. Es ist vielleicht schon zu spät.«
Nachmittags gingen sie noch einmal spazieren. Der Himmel war dunkel und schwer, es war warm.
»Ich bin nur einmal in England gewesen«, bemerkte Fiedler beiläufig. »Das war mit meinen Eltern, auf dem Weg nach Kanada, vor dem Krieg. Ich war noch ein Kind. Wir waren zwei Tage dort.«
Leamas nickte.
»Ich kann Ihnen jetzt verraten«, fuhr Fiedler fort, »dass ich vor einigen Jahren beinahe wieder hingekommen wäre. Ich sollte Mundt in der Stahlmission ablösen - wußten Sie, dass er einmal in London war?«
»Ich wußte es«, erwiderte Leamas vielsagend.
»Ich habe mich immer gefragt, wie diese Tätigkeit gewesen wäre.«
»Das übliche, meistens Umgang mit den anderen Ostblockmissionen, nehme ich an. Dazu gewisse Kontakte zur britischen Geschäftswelt, allerdings nicht sehr viel davon.« Leamas schien gelangweilt zu sein.
»Aber Mundt kam ganz schön herum: er fand es nicht schwer.«
»Das habe ich gehört«, sagte Leamas. »Er schaffte es sogar, ein paar Leute umzulegen.«
»Auch davon haben Sie also gehört?«
»Durch Peter Guillam. Er arbeitete mit George Smiley an dem Fall. Mundt hätte George fast auch noch umgebracht.«
»Der Fennan-Fall«, sagte Fiedler nachdenklich. »Eigentlich erstaunlich, dass Mundt überhaupt davonkam, nicht wahr?«
»Das finde ich auch.«
»Man sollte nicht glauben, dass ein Mann, der als Mitglied einer ausländischen Mission mit Fotografie und Personenbeschreibung in den Akten des Auswärtigen Amtes geführt wird, gegen den ganzen britischen Sicherheitsdienst eine Chance haben würde.«
»Soviel ich gehört habe«, sagte Leamas, »war man gar nicht scharf darauf, ihn zu fassen.«
Fiedler blieb plötzlich stehen.
»Was sagen Sie da?«
»Ich sage nichts weiter, als dass Peter Guillam mir gegenüber bezweifelt hat, dass man Mundt wirklich fassen wollte. Wir waren damals anders organisiert: anstelle des Chefs der Operationen saß dort eine Art Berater - der Mann hieß Maston. Guillam erzählte mir, Maston habe aus dem Fall Fennan von Anfang an ein fürchterliches Durcheinander gemacht. Peter meinte, wenn Mundt gefaßt worden wäre, hätte das eine unglaubliche Schweinerei gegeben. Er wäre wohl verurteilt und wahrscheinlich gehenkt worden. Der ganze Schmutz, den dieser Prozeß ans Licht gebracht hätte, wäre das sichere Ende von Mastons Karriere gewesen. Peter konnte nicht genau sagen, was geschehen war, aber er war ganz sicher, dass es keine ernstgemeinte Fahndung nach Mundt gegeben hatte.«
»Sind Sie sich dessen sicher? Sind Sie sicher, dass Guillam Ihnen das mit diesen Worten gesagt hat? Keine ernstgemeinte Fahndung?«
»Da bin ich absolut sicher.«
»Guillam hat nie auf eine andere Möglichkeit angespielt, weshalb man Mundt wohl hätte laufenlassen?«
»Was meinen Sie?«
Fiedler schüttelte den Kopf, und sie gingen weiter.
»Die Stahlmission wurde nach dem Fennan-Fall aufgelöst«, bemerkte Fiedler nach einiger Zeit. »Deshalb kam ich dann doch nicht nach London.«
»Mundt muß verrückt gewesen sein. Man kann vielleicht auf dem Balkan - oder hier - trotz Mord ungeschoren davonkommen, aber nicht in London!«
»Er ist aber davongekommen, oder?« warf Fiedler schnell ein. »Und er hat gute Arbeit geleistet.«
»Wie zum Beispiel die Anwerbung von Kiever und Ashe? dass ich nicht lache.«
»Die beiden haben Mrs. Fennan lange genug für sich arbeiten lassen.«
Leamas zuckte die Achseln.
»Sagen Sie mir noch etwas anderes, über Karl Riemeck«, begann Fiedler von neuem. »Ist er nicht einmal mit dem Chef direkt zusammengekommen?«
»Ja, in Berlin. Ungefähr vor einem Jahr, vielleicht auch etwas früher.«
»Wo kamen sie zusammen?«
»Wir trafen uns alle in meiner Wohnung.«
»Warum?«
»Der Chef hat es gern, bei Erfolgen in Erscheinung zu treten. Wir hatten von Karl eine große Menge gutes Material bekommen. Ich nehme an, dass man in London davon beeindruckt war. Der Chef kam zu einem kurzen Besuch nach Berlin und bat mich, ein Treffen mit Karl zu arrangieren.«
»War Ihnen das recht?«
»Warum nicht?«
»Karl war Ihr Agent. Sie haben es vielleicht nicht gern gesehen, wenn er sich mit anderen Agentenführern traf.«
»Der Chef ist kein Agentenführer. Er ist der Leiter der Dienststelle. Karl wußte das und fühlte sich sehr geschmeichelt.«
»Waren Sie während der Begegnung die ganze Zeit dabei?«
»Ja. Nein, nicht ganz. Ich ließ sie eine Viertelstunde
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