Der Spion der Fugger Historischer Roman

öffnete er den Verschluss des Tintenfasses und steckte die saubere Feder hinein.
    »Also unterschreibt nun, Master Hörl«, wies Walsingham den geheimen Faktor an. »Ich denke, jetzt ist alles gesagt.«
    Der Angesprochene zierte sich und schien unschlüssig, ob er tun sollte, wozu man ihn drängte. Da Sachs die Schwäche Hörls erkannte, konnte er es nicht lassen, diesem weiter zuzusetzen: »Ja, Hörl, setzt Euer Zeichen auch unter mein Todesurteil. Verkauft auch den letzten Rest Eurer Seele diesen ungläubigen Teufeln.«
    »Unterschreibt!«, befahl Walsingham dem jetzt restlos verunsicherten Hörl und führte ihm tatsächlich die Hand mit der Schreibfeder auf das vor ihm liegende Pergament. Endlich gab der Spanier sich einen Ruck und setzte in großen Schwüngen seinen Namen unter das eng beschriebene Dokument, das vermutlich die Auszahlung des Lösegeldes garantierte, das die Fugger nun für Sachs zu leisten hatten.
    Der Gehilfe mit der Tasche holte jetzt einen Stumpf mit Siegelwachs hervor, den er in der Hand weich knetete. Durch zwei kleine Löcher im Pergamentbogen fädelte er schließlich ein Band, dessen beiden Enden er auf der Vorderseite der Urkunde in den weichen Siegelwachs presste. Dann legte er alles wieder vor Hernando Hörl aus.
    Der sah noch einmal von dem Gehilfen zu Walsingham und zurück. Dann zog er seinen Siegelring vom Finger und drückte den Stempel kurz in die noch weiche Masse. Man sah Hörl deutlich an, dass ihm nicht wohl war bei dem, was er tat.
    Walsingham nahm sofort das Dokument an sich, besah es sich noch einmal kurz und gab es dann dem Gehilfen, der es umständlich um das Siegel herum faltete und zurück in seine Tasche steckte.
    »Schön!«, sagte Walsingham endlich und rieb sich die Hände. »Man wird in Augsburg stolz auf Euch sein, Meister Hörl, dass Ihr ganz allein so viel Weitsicht und Mut gezeigt habt, diese kluge Entscheidung zu fällen. Nicht auszudenken, wenn unser Freund Amman Sachs der Krone Kastiliens in die Hände gefallen wäre. Der Zorn König Philipps hätte jeden Fugger von der Erdkugel gefegt – Euch eingeschlossen, Hörl!«
    Walsingham grinste gezwungen den immer noch wie gebrochen wirkenden Faktor an. »Kopf hoch«, fuhr der Engländer fort. »Ihr seid ein gemachter Mann. Vielleicht bekommt Ihr sogar das Erbe Eurer Väter zurück.«
    Hörl schaute auf Amman Sachs und sagte unsicher: »Wenn Ihr nur Euren Teil unserer Abmachung einhaltet, Engländer, wird es mir genug sein.«
    Nun entstand rege Geschäftigkeit auf Pedro’s Pinnacles; alle schienen sich für die Abreise bereit zu machen. Die gesammelten Proviantvorräte von der Insel wurden mit den Beibooten zur
Aviso
geschafft. Amman Sachs und die anderen Geiseln setzte man anschließend ebenfalls zu dem Depeschenboot über; diesmal jedoch wurden sie nicht ins Mannschaftsquartier gesperrt, sondern auf die freien Passagierkabinen des Kurierfahrers aufgeteilt. Für den eigentlichen Kapitän der
Aviso
mochte das eine Erniedrigung bedeuten – einer von Drakes Offizieren hatte das Kommando auf
seinem
Schiff übernommen. Auch die Mannschaft setzte sich aus Männern der
Falcon
zusammen.
    Amman Sachs war froh, dass Pedro, der schwarze Cimarrones, auf Drakes Schiff gegangen war und so keinen Zugriff mehr auf die Mexikanerin Tecuichpo hatte. Sachs gestand sich ein, dass er die ganze Zeit rasend vor Eifersucht und Schmerz war, der Freundin nicht helfen zu können. Allerdings musste er sich auch eingestehen, dass die Mexikanerin während der ganzen Zeit ihrer Gefangenschaft nie den Eindruck gemacht hatte, dieser Hilfe zu bedürfen.
    Da die
Aviso
aufgrund ihrer Bauweise mehr Kabinen bereithielt als Drakes Fregatte, kamen Hernando Hörl und Francis Walsingham an Bord des erbeuteten Depeschenboots. Sachs konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieser Wechsel vor allem der Überwachung seiner Person diente. Auch wenn er sich jetzt frei auf dem Schiff bewegen durfte, kam er sich weiterhin wie ein Gefangener vor, der zu seiner eigenen Hinrichtung geführt wurde.
    Rund dreißig Mann hatte Francis Drake als Besatzung für die
Aviso
bereitgestellt. Sie alle schienen, einschließlich der Offiziere, ihrem Kapitän treu ergeben zu sein. Aus einem Gespräch des englischen Kommandeurs der
Aviso
und deren ursprünglichen spanischen Kapitäns, das Amman Sachs mitbekam, erfuhr er den Grund für diese Ergebenheit: Francis Drake hatte seine Mannschaften mit festen Anteilen an allen seinen Beutezügen beteiligt und hatte in den