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Der Spion der Fugger Historischer Roman

Der Spion der Fugger Historischer Roman

Titel: Der Spion der Fugger Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Kessing
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Seekarten. Und selbst wenn er die Karten besessen hätte, hätte er nicht die Geräte gehabt, um auf einer solchen Reise zu navigieren. Er wäre verloren gewesen. Außerdem ist das ein halbes Jahrhundert her.«
    Der Engländer schüttelte den Kopf. »Eben weil es ein halbes Jahrhundert her ist, ist es interessant. Fleury hatte zusammen mit Karls Goldschatz auch die Karten und Geräte erbeutet, mit denen auf Karls Schiffen navigiert wurde. Glaubt Ihr nicht, dass die Franzosen nach fünfzig Jahren gelernt haben könnten, damit umzugehen? Denkt an Jean le Testu.«
    Amman Sachs schwieg. Walsingham hatte sicher recht.
    »Seht Ihr?«, fuhr der Engländer fort. »Man muss also auch mit den Franzosen rechnen, auch auf offener See. Pierre le Grand, falls Ihr noch nicht von ihm gehört habt, ist einer von diesen schlimmen Bengeln. Ein gerissener Draufgänger. Der gleiche Wagemut wie bei Francis Drake drüben auf der
Falcon
. Aber le Grand hat nicht Drakes Klasse, was die Kunst der Navigation angeht. Und er ist auch längst nicht so gut ausgestattet wie Drake. Doch er ist eine echte Gefahr, zumindest für Spanier. Es ist ja so, dass Dank der Spanier die Franzosen und Engländer sich gelegentlich sehr gut verstehen – zumindest fern der Heimat, zum Beispiel in der Karibischen See. Hier ist Pierre le Grand ein echter Bundesgenosse, dem man sich bedenkenlos anvertrauen kann.«
    Jetzt endlich begriff Amman Sachs, dass Walsingham ihm etwas sagen wollte, was er wohl nicht offen auszusprechen wagte. Sachs drehte sich kurz um und schaute hinüber zum Steuerstand und dem Rudergänger. Dann blickte er hinauf ins Krähennest ganz oben auf dem Großmast, wo ebenfalls eine Wache in die sternklare Nacht starrte.
    »Ihr könnte frei reden, Meister Walsingham, hier hört uns niemand«, sagte er schließlich mit leicht gesenkter Stimme. »Was wollt Ihr mir in aller Vertraulichkeit mitteilen?«
    Walsingham richtete sich auf. »Hernando Hörl ist schlauer als Ihr glaubt«, flüsterte er. »Oder auch nur misstrauischer, was in unserem Fall aber auf das Gleiche hinausläuft. Ihr müsst von diesem Schiff herunter, Sachs! Ich will offen zu Euch sein. Ihr werdet über Bord gehen, ehe wir den nächsten Hafen anlaufen. Auf diesem Schiff werdet Ihr die Alte Welt niemals erreichen.«
    Walsingshams Flüstern war immer leiser geworden. Als er verstummte, hatte Sachs ihn kaum noch verstehen können, obwohl er direkt neben ihm stand. Der Fugger-Agent jedoch antwortete mit fast normaler Stimme: »Ihr wollt mich also über Bord werfen?«
    Der Engländer rückte noch näher an den Schweizer heran und hauchte fast nur noch: »Ja. Uns Engländern ist es mittlerweile egal, was Ihr dem spanischen König alles über die Rosenobel erzählt. Wir wollen früher oder später den Krieg mit Philipp, und wir haben lieber einen brillanten Kapitän glücklich auf Kaperfahrt als einen brillanten Kapitän frustriert als Küstenfahrer. Also geben wir Drakes Ehrgeiz nach.
    Aber die Fugger haben noch sechs oder sieben Millionen Pesos von den Habsburgern zurückzubekommen und wollen dank Eurer Vermittlung, Sachs, ja die nächsten anderthalb Millionen Pesos Kredit an die Krone Kastiliens auszahlen. Wenn Ihr Euer Wissen über die Goldgaleone preisgebt, bricht das ganze Kaufmannswesen zwischen Venedig und Antwerpen zusammen. Und England wird man nicht glauben, ob wir nun die Wahrheit sagen oder nicht. Man wird uns immer alles als politischen Trick auslegen. Euch aber vertraut Philipp, weil Ihr Eidgenosse seid. Und weil Ihr ein Mann von Ehre seid, der schon einmal bewiesen hat, dass er einen Eid, den er seinem Herrn gegeben hat, unter allen Umständen erfüllt, auch wenn es sein Verderben ist. Solche Loyalität ist selten, Sachs. Und deshalb vertraut Philipp Euch.«
    Und deshalb willst du mich am Leben lassen, entgegnete Amman Sachs in Gedanken. Denn mit mir hast du einen kalkulierbaren Gegner und Verbündeten in den feindlichen Linien, wenn England den Krieg mit Spanien hat, den es sich offensichtlich wünscht . . .
    Laut sagte er: »Ihr werft mich also über Bord. Also gut, ich will mich in mein Schicksal fügen. Aber was geschieht mit Tecuichpo und meinem Mündel?«

25.
    Der Wind hatte leicht aufgefrischt, und der Rudergänger holte seine Knotenleine wieder ein, mit deren Hilfe er die neue Geschwindigkeit ermittelt hatte.
    Die Engländer hatten also ihre neue Technik mit an Bord der
Aviso
gebracht, überlegte Amman Sachs. Dann spürte er, wie der Steuermann den Kurs über Backbord

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