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Der Spion und der Analytiker

Der Spion und der Analytiker

Titel: Der Spion und der Analytiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaty Pisani
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mit Material aus früheren Tarnungen einen Lebenslauf für sich: Antiquitätenhändler aus Bern auf Geschäftsreise. Unter Auslassung des Delirium tremens hatte er ihr von seinem Vater und dessen Tod erzählt, es war überhaupt das erstemal, daß er mit jemandem über den Oberst sprach.
    Das Mädchen hatte ihm zugehört und es fertiggebracht, über die kindlichen Anekdoten zu lächeln, die er ihr erzählte. Aber als sie dann wieder von ihren Ängsten gepackt wurde, hatte Ogden jenen blonden Mann vor sich gesehen, der nun in einem sterilen Zimmer der Universitätskliniken lag.
    Nach Mitternacht hatte er sie zum Lift begleitet, ihre Hand gedrückt und ihr viel Glück gewünscht: am nächsten Morgen würde er abfahren. Sie hatte sich mit einem scheinbar gelösten Lächeln verabschiedet. Aber Ogden spürte ihre Angst.
     
     
    Am nächsten Morgen war er um zehn Uhr erwacht, und sein erster Gedanke hatte ihr gegolten. Es war ihm klar geworden, daß er weg mußte. Innerhalb einer Stunde war er angekleidet, hatte seine Sachen gepackt und die Rechnung bezahlt. Aber bevor er dann ins Auto stieg, war er noch einmal zur Rezeption gegangen.
    Er hatte wenige Zeilen auf das Hotelpapier geschrieben und dem jungen, fast albinoblonden Portier den Umschlag übergeben. Um halb zwölf war er auf der Autobahn.
    Er hatte sich achtundvierzig Stunden in Bern aufgehalten. Am Morgen des dritten Tages war er wieder auf der Autobahn Richtung Lausanne.
    Am Nachmittag war er in Genf angekommen. Es regnete noch immer, es war fast so, als habe er die Stadt nie verlassen. Als er dann im Des Bergues auf seinem Zimmer war, ließ er sich mit ihr verbinden. Nach mehrfachem Klingeln meldete sich Veronica mit verschlafener Stimme.
    »Sicher erinnere ich mich an Sie. Entschuldigen Sie, ich hatte mich gerade hingelegt.«
    »Wenn Sie wollen, rufe ich später an.«
    »Nein, bitte. Ich darf nicht schlafen, sonst muß ich heute nacht wieder Valium nehmen. Rufen Sie aus Bern an?«
    »Nein, ich bin ein Stockwerk über Ihnen.«
    »Sie sind wieder da!« hatte sie begeistert wie ein Kind ausgerufen. »Ich habe Ihr Briefchen bekommen, danke.«
    »Wie geht es Ihrem Mann?« hatte er gefragt.
    »Die Operation ist gut verlaufen, allerdings ist bei solchen Eingriffen der chirurgische Erfolg nur ein Anfang.« Ihre Stimme war dumpfer geworden.
    »Hören Sie«, schlug er vor, »ich bin gerade angekommen und habe bis morgen nichts vor, warum gehen wir nicht ein bißchen an die frische Luft? Das tut Ihnen sicher gut.«
    Sie hatte nicht gleich geantwortet, und er hatte gewartet, ohne weiter in sie zu dringen.
    »Gut«, sagte sie dann, als er schon auf ihre Ablehnung gefaßt gewesen war. »In einer halben Stunde bin ich bereit.«
    Sie hatten einen langen Spaziergang durch die Altstadt gemacht. Der Regen hatte aufgehört, und die frischgewaschenen Schieferdächer der Wohnhäuser hoben sich klar vor dem Abendhimmel ab.
    Veronica hatte mit Appetit zu Abend gegessen, dabei über ihre Kindheit und Jugend gesprochen, allerdings jenen Teil ihres Lebens ausgelassen, der sie nach Genf geführt hatte. Nach dem Essen hatte sie sich in ein Aschenputtel verwandelt, das unbedingt nach Hause wollte; ihr Gesicht war wie erstarrt, die Worte kamen nur noch teilnahmslos und ohne Gefühl. Sie hatte ihn gebeten, sie zurückzubringen.
    Im Hotel hatte er sie bis zu ihrem Zimmer begleitet. Veronica hatte ihre Tür nicht aufbekommen, und er mußte ihr helfen; nachdem das Schloß aufgesprungen war, war er beiseite getreten und hatte gewartet.
    Sie war bewegungslos vor der offenen Tür stehengeblieben und schien sich nicht zum Eintreten entschließen zu können.
    »Ich habe Angst vor dem Alleinsein«, hatte sie sehr leise gesagt. »Macht es Ihnen etwas aus, mit hereinzukommen, nur einen Augenblick?«
    Er war ihr in das Zimmer gefolgt und hatte die Tür offengelassen.
    Nachdem sie Handtasche und Mantel auf dem Bett abgelegt hatte, sah sich Veronica in dem ganzen Zimmer um, ging zum Schrank, machte ihn auf und schob alle Kleider beiseite, als suchte sie dahinter etwas. Beruhigt schloß sie ihn wieder und ging dann ins Badezimmer, wo sie auch die Duschkabine aufmachte. Wieder im Zimmer, sah sie unter den beiden nebeneinanderstehenden Betten nach, machte schließlich die Glastür auf und trat auf die Terrasse hinaus. Voller Entsetzen hatte er dieser ganzen Operation schweigend zugesehen.
    »So«, sagte sie dann etwas verlegen, als sie die Terrassentür wieder schloß. »Sie müssen entschuldigen, ich weiß

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