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Der Spion und der Analytiker

Der Spion und der Analytiker

Titel: Der Spion und der Analytiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaty Pisani
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sonnigen Tag bewundern zu können.
    Nachdem er in Baden sein Auto auf dem von den beiden Thermalbädern aus dem neunzehnten Jahrhundert beherrschten Josefsplatz abgestellt hatte, ging er ins Café Central. Franz saß an einem Tisch und trank eine Tasse Tee. Als er Ogden sah, erhob er sich mit einem Ruck und ging ihm entgegen. Sein Regenmantel war klatschnaß, der Hut glänzte vom Regen.
    »Was ist denn los?« fragte Ogden, der schon Schlimmes ahnte.
    »Dieser Mistkerl war schlauer als wir …«, keuchte er.
    »Beruhige dich und setz dich wieder hin. Wir wirken ja wie zwei streitende Tunten.«
    Sie warteten, bis der Kellner die Bestellung aufgenommen hatte, dann fuhr Franz fort.
    »Heute morgen ist der Volvo abgefahren, als ich dich angerufen habe. Wir haben ihn ohne Schwierigkeiten bis Baden verfolgt. Guthrie trug Hut und Schal«, sagte er und sah Ogden ängstlich an. »Der Schal schien uns ein wenig übertrieben, aber in diesem Scheißland ist es ja bei einem Regen wie heute selbst im Frühjahr eiskalt, vor allem morgens um acht. Also haben wir uns nichts weiter dabei gedacht …«
    »Wer war es?« fragte Ogden dazwischen und starrte vor sich hin.
    »Dr. Renn. Ein alter Freund Guthries, der, mit dem er sich jede Woche einmal zum Essen trifft.«
    »Während ihr also Renn verfolgt habt, konnte Guthrie ungestört verduften … Was habt ihr dann mit Renn gemacht, als er in Baden war?«
    »Dr. Renn ist nicht angehalten worden. Er hat nur eine Runde durch Baden gedreht und ist dann nach Wien zurückgefahren.«
    »Ihr werdet ihn ja hoffentlich beschattet haben …«
    »Natürlich.«
    »Hast du unterwegs Unfälle gesehen? Ihr wart eine halbe Stunde früher dran, wie war der Verkehr?«
    »Sehr wenige Autos. Ein paar Busse, ein Fernlaster, ein Wohnwagen und ein paar Postautos. Kein Unfall.«
    Ogden nickte.
    »Sucht nach einem roten Peugeot und einem schwarzen Sunbeam, nach einem Mann und einer Frau, beide um die dreißig. Die haben versucht, mich aufzuhalten, indem sie einen Unfall vortäuschten. Fahr nach Wien zurück und halte dich ran. Stelle Guthries Haus auf den Kopf, organisiere mit deinen besten Leuten Notstandsmaßnahmen in der Stadt und in der ganzen Umgebung. Wir müssen Guthrie wiederfinden, bevor er Selbstmord begeht wie Mayer. Und setze Renn unter Pentotal.«
    »Aber …«, versuchte Franz einzuwenden.
    »Vergiß die feinen Umgangsformen und tu, was ich dir sage. Um eins bin ich im Sacher, ruf mich um halb zwei dort an. Ich rede jetzt noch mit dem Direktor des Gutenbrunn und fahre dann nach Wien zurück. Also los, es bleibt uns wenig Zeit.«
    Das Gutenbrunn, ein Spiegel- und Kristallpalast, war ein geschäftiger Planet eigens für Reiche. Ein ganzes Heer von Leuten war diskret, aber unerbittlich tüchtig darum bemüht, dieses Hotel als einen der letzten Zeugen der Eleganz vergangener Zeiten zu erhalten.
    Kurt Weisser, seit i960 Direktor des Gutenbrunn, empfing Ogden, nachdem er ihn zehn Minuten hatte warten lassen, in seinem ganz mit Leder und Täfelung ausgestatteten Büro.
    »Womit kann ich Ihnen dienlich sein, Mr. Ogden?« fragte er mit einem Lächeln, das verblüffend gut zu seinem Gnomengesicht paßte.
    Ogden lächelte zurück.
    »Ich bin Alma Laskos Bruder.«
    Das Gesicht des Alten leuchtete auf, während er ihm die Hand drückte.
    »Hocherfreut, Sie kennenzulernen. Bitte, nehmen Sie Platz.«
    »Danke. Ich weiß, daß meine Schwester seit ungefähr einem Jahr hin und wieder im Gutenbrunn gewohnt hat. Sie hat mir bei meinen Aufenthalten in Wien ein paarmal von ihrer …«, er machte eine vielsagende Pause, »kleinen Kaprice erzählt und gestanden, daß sie sich hier mehr zu Hause fühle als in Wien.«
    Der Alte wirkte erfreut.
    »Ihre Schwester ist eine außergewöhnliche Frau. Nicht nur schön, sondern auch von einer lebhaften Intelligenz und einer Sensibilität, wie man sie heutzutage nur noch selten findet.«
    Ogden zeigte sich geschmeichelt.
    »Es ist Alma doch hoffentlich nichts passiert?« fragte der Direktor besorgt.
    Ogden antwortete nicht gleich, gerade so, als wäre es ihm äußerst peinlich zu erklären, warum er nach Baden gekommen war.
    »Wissen Sie«, hob er langsam an, »meine Schwester ist abgereist, ohne eine Adresse zu hinterlassen, und wir wissen nicht, wo wir sie suchen sollen. Sie ist vor zwei Wochen Witwe geworden …«
    »Oh, das tut mir leid!« rief der Direktor aus. »Mein herzliches Beileid. Die arme Alma … Jemand war hier und hat nach Ihrer Schwester gefragt. Ein Privatdetektiv,

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