Der Splitter Im Auge Gottes
Gerichte waren ähnlich kunstfertig angerichtet und zumindest äußerlich eines Banketts würdig, auch wenn sie nur Hefeprodukte und derartiges fades Zeug enthielten. Rod vergaß seine anfängliche Besorgnis wegen des Menüs und brachte es fertig, den Anlass zu genießen.
»Und was haben Sie jetzt vor, Mylady?« fragte Sinclair. »Waren Sie schon einmal auf Neuschottland?« »Nein, ich habe nur rein berufliche Reisen gemacht, Commander Sinclair. Es wäre wohl kaum sehr schmeichelhaft für Ihre Heimat, hätte ich sie besucht, nicht?« Sie lächelte, aber in ihren Augen lag die trostlose Leere des Weltraums.
»Und warum sollte Ihr Besuch für uns nicht schmeichelhaft sein? Es gibt keinen Ort im Imperium, der sich nicht geehrt fühlen würde.«
»Nett von Ihnen — aber sehen Sie, ich bin Anthropologin, die sich auf primitive Kulturen spezialisiert hat. Und das ist Neuschottland wohl kaum«, wandte sie ein.
»Sehr richtig«, stimmte Bury zu. »Übrigens bin ich in letzter Zeit ziemlich vielen Anthropologen begegnet. Ist dieses Fach jetzt so beliebt?«
»Mehr als früher — und es ist schade, daß man erst jetzt mehr Interesse darauf verwendet. Auf so vielen Welten, die ins Imperium aufgenommen wurden, sind Fehler begangen worden, Kulturen zerstört worden. Wir hoffen, daß wir jetzt klüger geworden sind.«
»Ich glaube«, meinte Blaine, »daß es immer eine Art kultureller Schock sein wird, wenn eine Welt ohne Vorbereitung ins Imperium aufgenommen wird — selbst wenn es keine anderen Probleme gibt. Vielleicht hätten Sie auf New Chicago bleiben sollen. Kapitän Cziller sagte, es würde Schwierigkeiten bei der Verwaltung geben.«
»Das konnte ich nicht.« Bedrückt blickte sie auf ihren Teller, schaute dann mit einem gezwungenen Lächeln auf. »Die wichtigste Regel in unserem Beruf ist, daß wir unvoreingenommen sein müssen gegenüber dem Volk, das wir studieren wollen. Und ich hasse diese Welt«, schlosssie heftig. Das kurze Durchbrechen einer Emotion tat ihr unerwartet gut. Selbst Hass war besser als — Leere.
»Klar«, meinte Sinclair. »Das würde wohl jeder, nach Monaten in so einem Gefangenenlager.«
»Das allein ist es nicht, Commander. Dorothy verschwand. Sie war die Kollegin, die mit mir reiste. Sie — sie ist einfach verschwunden.« Schweigen entstand. Sally meinte verlegen: »Bitte, lassen Sie sich durch mich nicht den Abend verderben.«
Blaine überlegte eben, wie er das Thema wechseln konnte, als Whitbread ihm eine Gelegenheit dazu lieferte. Zuerst sah Blaine nur, daß der junge Kadett irgend etwas unter der Tischkante tat — aber was? Er zupfte am Tischtuch und prüfte die Festigkeit des Gewebes. Und vorhin hatte er die Kristallgläser untersucht.
»Ja, Mr. Whitbread«, sagte Rod, »der Stoff ist sehr stark.«
Whitbread lief rot an und blickte auf. Blaine hatte nicht die Absicht, den Burschen in Verlegenheit zu bringen. »Tischwäsche, Silber, Teller, Platten, Gläser, alles muss möglichst haltbar sein«, bemerkte er zu der Tafelrunde im allgemeinen. »Gewöhnliches Glas würde die erste Raumschlacht nicht überstehen. Diesem Kristallmaterial dagegen ist nicht so leicht beizukommen. Es wurde aus der Cockpitscheibe einer Raumfähre des Ersten Imperiums geschnitten. Jedenfalls hat man mir das erzählt. Fest steht, daß wir heute ein solches Material gar nicht mehr herstellen können. Das Tuch ist auch nicht echtes Leinen, sondern eine Kunstfaser, ebenfalls aus dem Ersten Imperium. Die Abdeckungen der Platten bestehen aus Kristalleisen, das elektrolytisch auf gehämmertes Gold aufgebracht wird.«
»Die Kristallgläser sind mir als erstes aufgefallen«, bemerkte Whitbread schüchtern.
»Mir ging's vor Jahren ebenso.« Blaine lächelte den Kadetten zu. Sie waren Offiziere, aber gleichzeitig unsichere, junge Burschen, die Rod anseine Zeit im Geschützraum erinnerten. Weitere Gänge wurden hereingebracht, dirigiert von Kelley, und die Gespräche wandten sich sachlichen Themen zu. Schließlich ging das Dinner zu Ende, die Tafel wurde abgeräumt bis auf Kaffee und verschiedene Weine.
»Der Toast«, sagte Rod formell.
Whitbread, der um drei Wochen jünger als Staley war, hob sein Glas. »Kapitän, Mylady.
Auf Seine Kaiserliche Majestät.« Die Offiziere tranken auf das Wohl ihres Souveräns, wie es seit über zweitausend Jahren in der Flotte Brauch war.
»Werden Sie mir erlauben, Ihnen meine Heimatwelt zu zeigen?« erkundigte sich Sinclair eifrig.
»Bestimmt. Danke — ich weiß nur nicht,
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