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Der Stammgast

Der Stammgast

Titel: Der Stammgast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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zusammen und wich zurück, als hätte ihr jemand einen Schrecken eingejagt. Jonsac runzelte die Stirn und hob langsam ab.
    »Ist Monsieur de Jonsac zu sprechen, bitte?«
    Es war die Stimme einer Bürokraft oder einer Sekretärin, jedenfalls einer telefongewandten Frau.
    »Am Apparat. Mit wem spreche ich?«
    »Einen kleinen Moment. Der Herr Botschafter will Sie sprechen.«
    Jonsac hatte feuchte Hände bekommen, er stand wie angewurzelt da und starrte auf Leylas Handtasche, die auf dem Tisch lag. Der Botschafter rief sonst nie an; wenn er ihm etwas zu sagen hatte, ließ er es immer durch seinen Attaché oder durch einen der beiden Botschaftsräte ausrichten.
    Er kannte das große Büro im Haus am Bosporus, mit dem Gobelin an der rückseitigen Wand und dem Geruch nach Zigarren und russischem Eau de Cologne, den der Botschafter wie eine Fahne hinter sich her zog. Er hörte die Sekretärin sagen:
    »Ich habe Monsieur de Jonsac am Apparat.«
    Im Hintergrund waren andere Stimmen zu hören. Ein begonnenes Gespräch wurde zu Ende geführt.
    Der Botschafter verabschiedete sich offenbar von jemandem. In Therapia schien es noch nicht zu regnen, denn durch das offene Fenster hörte man die Sirene eines Schiffes auf dem Bosporus.
    »Sind Sie es, Jonsac?«
    Er fuhr zusammen wie ein ertappter Missetäter und vergewisserte sich, daß Leyla nicht hersah.
    »Ja, Exzellenz.«
    Dessen Laune war offenbar nicht gut, denn normalerweise sprach er seine Mitarbeiter nicht mit dem Namen an, sondern mit »mein Freund« oder »mein Lieber«.
    »Seit heute früh lasse ich Sie überall suchen. Können Sie sofort zur Botschaft kommen?«
    »… Das heißt … In ein oder zwei Stunden, wenn es möglich wäre …«
    Leyla, die dem Regen zuschaute, drehte sich um.
    »Stimmt das, was ich eben erfahre? Sie versuchen, ein Finanzierungskonsortium auf die Beine zu stellen, und verkünden groß, Sie hätten die Unterstützung der französischen Regierung?«
    »Ich?«
    Jonsac begriff nicht gleich, doch dann erstarrte er vor Schreck und wäre am liebsten im Erdboden versunken.
    »In den Botschaften und in türkischen Kreisen spricht man darüber, als wäre die Sache fast perfekt. Es werden bereits die Namen eines Abgeordneten und eines hohen Beamten herumgeboten …«
    »Ich werde Ihnen die Sache gleich erklären …«
    »Stimmt die Sache an sich?«
    »Das heißt …«
    »Kommen Sie so schnell wie möglich zu mir ins Büro, es ist höchste Zeit, daß diesem Märchen ein Ende bereitet wird.«
    Obwohl am anderen Ende aufgelegt wurde, murmelte Jonsac noch:
    »Auf Wiederhören, Exzellenz.«
    »Sie müssen wohl weg?« fragte Leyla und griff nach ihrer Handtasche.
    »Nein! Glauben Sie mir …«
    »Sie wirken besorgt. Ist es etwas Ernstes?«
    »Nun ja, etwas ziemlich Ernstes.«
    Er war nervös und quetschte die Finger so ineinander, daß die Gelenke knackten.
    Das war es also, was Nouchi und Amar Paşa die letzten Tage getrieben hatten! Was sollte er dem Botschafter antworten? Daß er überhaupt nichts wisse? Daß alles ohne sein Wissen geschehen sei?
    Es befiel ihn wieder dieselbe Mutlosigkeit wie am Morgen, und um sich abzuregen, begann er, im Salon auf und ab zu gehen. Dann sah er Leyla an, die in der Nähe des Vorhangs zur Diele stand, und sein Blick wurde hart und entschlossen.
    »Entschuldigen Sie mich«, sagte er leise. »Es ist schon wieder vorbei. Ich mußte kurz über etwas nachdenken.«
    »Wir gehen jetzt. Ich jedenfalls. Sie dürfen nicht vergessen, daß meine Mutter und meine Freundinnen bei Tokatlian auf mich warten.«
    »Aber Sie werden doch warten, bis das Gewitter vorbei ist. Kommen Sie, setzen Sie sich hierher.«
    »Glauben Sie?«
    Jetzt beeindruckte er sie, gerade der Nervosität und der Angst wegen die seine Gesten entschiedener werden ließen. Er war entschlossen, die Sache zu erzwingen. Leyla würde zunächst seine Geliebte, und später vielleicht seine Frau. Aber dazu mußte er sie unbedingt heute und sofort besitzen, er hätte sonst das Gefühl gehabt, nie zum Ziel zu gelangen.
    Er grinste beim Gedanken an die abwesende Nouchi.
    »Ich habe schwere Sorgen, Leyla, aber wenn Sie noch ein paar Minuten dableiben könnten, würde alles gut.«
    »Müssen Sie nicht zur Botschaft?«
    »Das hat Zeit. Es wird sicherlich eine Weile dauern, bis wir uns wieder so nahe kommen. Vorhin haben Sie mir nicht geantwortet. Glauben Sie, daß Sie mich eines Tages lieben könnten?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Ihr war sehr unwohl, wie sie jetzt auf der Kante des grünen

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