Der Staubozean
aufzuschneiden. Der Boden dröhnte beunruhigend unter meinen Füßen.
»Wenn ich Sie wäre, würde ich das in dieser Tiefe nicht tun«, sagte Desperandum. »Der einströmende Staub würde Sie zu Brei zerquetschen.«
Ich zögerte. »Wir sind noch gar nicht so tief.«
Als Antwort bewegte Desperandum die Hebel, und wir tauchten wieder hinab. Beinahe stürzte ich. Hastig setzte ich die Axt ab.
»Und jetzt gehen Sie auf Ihren Posten zurück«, knurrte er. Meine Maske wieder überziehend, tat ich, wie mir aufgetragen worden war. Der Staub in der Luft und der stechende Geruch in dem Wal brachten meine Nase zum Laufen. Es war unmöglich, Angaben über unsere Tiefe zu machen. Selbst der zunehmende Druck war kein verläßlicher Indikator, weil Desperandum den Sauerstofftank geöffnet hatte. Staub rann zäh über die Augenpfropfen. Meine Gedanken rasten fieberhaft und versuchten, sich dem geringer werdenden Gewicht der Verzweiflung zu entwinden. Nach einiger Zeit spürte ich eine fatalistische Trägheit, die sich in jeder Faser festsetzte.
»Die Luft wird so stickig«, sagte ich. »Ich fühle mich völlig betäubt.« Ich starrte hinaus.
»Kommen Sie her und nehmen Sie etwas Sauerstoff. Ich habe mich noch nie besser gefühlt«, sagte Desperandum.
Ein kleines amorphes Etwas glitt an dem Glas vorbei. »Einen Moment«, sagte ich, »gerade habe ich etwas sich bewegen sehen.«
»Was? Was war es?« fragte Desperandum drängend.
»Ich weiß nicht«, sagte ich. »Es war klein und sah zappelig aus. Ich glaube, ich brauch etwas Luft. Ich fühle mich wie betrunken.«
Desperandum atmete tief ein. »Großartig, nicht wahr? Wissen Sie was, Sie übernehmen eine Zeitlang die Navigation und füllen Ihre Lungen mit frischer Luft. Mal sehen, was meine geübten Augen erkennen können.«
Ich stolperte über den Ballast, nahm einen tiefen Zug Sauerstoff und packte die Hebel. Ich hatte ein lächerlich leichtes Gefühl, als ich die Hebel in die Hände nahm; die Sauerstoffmaske baumelte vom Rüssel meiner Staubmaske herab. Jetzt konnte ich uns langsam und unauffällig wieder nach oben steuern. Desperandum ließ die Hebel los, und sofort wußte ich, daß das Bewegen der Hebel weit über meine Kräfte ging.
»Käpt'n! Käpt'n!« schrie ich, aber ich hatte die Staubmaske auf, und die gedämpften Laute gingen in dem trommelnden Dröhnen des Bodens unter Desperandums Stiefeln verloren. Es war ein stummer, verzweifelter Kampf. Ich legte mein volles Gewicht gegen die Hebel und zerrte an ihnen, bis meine Handgelenke schmerzten und Krämpfe meine Armmuskeln zittern ließen. Es hatte keinen Zweck. Sie entglitten mir, die Enden der Hebel schwangen nach oben und krachten in die rechte Linse meiner Staubmaske. Sofort tauchten wir nach vorne ab. Desperandum kroch gerade zum Backbordausguck, als er stürzte. Dann schob sich das Ballastgewirr wie eine Lawine über ihn. Ich hörte sein Schreien und das Jaulen der Rückkopplung, als sein Lautsprecher kurzschloß. Dann war er unter dem ganzen Zeug verschwunden. Ich wäre auf ihn gestürzt, hätte ich nicht den Steuerbord-Flossenhebel festgehalten. Jetzt baumelte ich drei Meter über ihm, meine Füße knapp über dem tückischen losen Haufen aus Metall, Kabeln und Kisten. Der Geruch von Konservierungsflüssigkeit durchschnitt die trockene, modrige Luft wie ein Messer. Der Sauerstofftank hatte den Anschluß der Maske mitgerissen, als er nach vorn gekippt war. Der Motor jedoch war fest mit dem Skelett des U-Boots verbunden und an seinem Platz geblieben. Er lief noch. Mühselig zog ich mich an dem Hebel hoch, bis ich meine Beine um ihn klammern konnte. Darm zog ich meine Maske ab.
»Es tut mir so leid, daß ich hierhergekommen bin«, sagte ich. »Es tut mir wirklich sehr, sehr leid, daß ich es getan habe, und es war ganz und gar nicht meine Idee, und wenn ich hier jemals rauskomme, werde ich nicht zulassen, daß das noch einmal geschieht …«
»Newhouse …«
»… weder durch mich noch durch einen anderen, nie mehr wieder, nie mehr …«
»Newhouse. Schalten Sie den Motor ab! Schalten Sie ihn ab!«
»Käpt'n! Kapitän Desperandum!«
»Schalten Sie den Motor ab, Newhouse«, erscholl Desperandums sachliche Stimme. »Ich glaube, ich höre hier unten etwas.«
Tränen rannen mein Gesicht hinab. »Irgend etwas stimmt mit mir nicht.«
»Das ist eine Stickstoffbetäubung mein Junge. Wir sind zu tief, viel zu tief. Sie müssen den Motor abschalten. Ich kann es nicht. Ich kann meine Beine nicht spüren.«
Ich
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