Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Staubozean

Titel: Der Staubozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
Vom Netzwerk:
heraus?«
    »Ich habe meine Axt mit an Bord. Ich treffe mich mit der Lunglance und bahne mir den Weg nach draußen, das ist eine Sache von Sekunden.«
    »Und die Haie, Käpt'n?«
    »Sie können mir in die Tiefe nicht folgen. Ich habe ihren Metabolismus untersucht - dafür sind sie nicht gebaut. Dieser Wal ist für bessere Dinge als sie gebaut.«
    »Wie wollen Sie atmen?«
    »Ich habe meine Sauerstoffmaske!« schrie der Kapitän. »Ich habe alles geplant!«
    »Eine erstaunliche Leistung, Kapitän«, meinte ich beschwichtigend.
    Desperandum blickte mich scharf an. Er stand von seinem Arbeitstisch auf und ging zur Kajütenluke. Er öffnete sie schnell und schaute hinaus, aber dort war niemand. Er schloß die Tür und verriegelte sie.
    »Ich freue mich zu sehen, daß Sie dem Unternehmen soviel Begeisterung entgegenbringen«, sagte er. »Denn ich möchte, daß Sie mit mir kommen.«
    Das hatte ich erwartet und machte einen entschlossenen Versuch, mich herauszureden: »Kapitän, Sir«, begann ich, »wer hat diese Expedition finanziert? Wer hat unermüdlich gearbeitet, um sie voranzutreiben? Wer hat die Experimente geplant, durchgeführt und aufgezeichnet? Wer hat einen dauernden Beitrag zum menschlichen Wissen geleistet und neue Einsichten in die Ökologie eines ganzen Planeten vermittelt? Sie waren es. Mein Beitrag ist minimal, nicht einmal der Erwähnung wert. Nein, Käpt'n: Sie erweisen mir zuviel Ehre, schmeicheln mir mehr, als ich es wert bin. Was würde man von mir sagen? Daß ich meinen Ruf auf Kosten eines besseren Mannes erwarb. Ich bin nur ein Schiffskoch, ein Wanderer fern der Heimat, aber ich besitze zuviel Stolz, um so tief zu sinken.« Entgeistert von meinem unbewußten Wortspiel fuhr ich hastig fort: »Der Ruhm sollte Ihnen allein gebühren, Käpt'n. Er gehört nicht mir, sondern Nils Desperandum.«
    »Aah, da irren Sie sich«, entgegnete der Kapitän langsam. »Desperandum ist nur die Staubmaske eines Namens. Der wahre Verdienst gehört mir - Ericald Svobold.«
    Ich war erschlagen. »Sie sind Svobold? Der Entdecker des … das ist …«
    »Syncophin, völlig richtig«, sagte der Kapitän unbarmherzig. »Oh, ich habe es schon vor Jahren aufgegeben, Flackern zu nehmen, aber ich kann seine Benutzer immer noch erkennen.«
    Es war still. Ich lachte ziemlich schrill. »Welche Ironie, Käpt'n. Wissen Sie, Sie sind jahrelang mein Idol gewesen. Ich habe Hunderte Male auf Ihr Wohl getrunken und geschluckt. Aber wenn die Legenden stimmen, dann müssen Sie über vierhundert Jahre …«
    »Lassen wir das«, unterbrach mich der Kapitän. »Bleiben wir beim Hier und Jetzt. Wenn Sie in mein Alter kommen, werden auch Sie das am besten finden. Ich weiß nicht, wie und warum Sie Murphig mit dem Syncophin bekanntgemacht haben. Ich weiß nicht, wie und warum Ihr Kumpan und mein cleverster Matrose in einer Nacht gestorben sind. Ihre Schuld oder Unschuld ist nicht meine Sache. Aber es gibt keinen Ausweg für Sie, Newhouse. Sie können ruhig aufhören, sich zu winden. Sie wissen, daß Sie in der Falle sitzen. Das erkenne ich schon, wenn ich mir nur Ihr Gesicht anschaue. Ich bin alt, klar, aber noch nicht senil. O nein. Das geschieht heutzutage nicht mehr, nicht uns Galaktikern. Wir werden nur schlauer und schlauer - nur Gott weiß, wie unerträglich schlau wir werden können. Wenn Sie nur einen Tag lang die Dinge sehen könnten, die ich sehe - aber das spielt jetzt keine Rolle.
    Ich brauche Sie, Newhouse. Ich brauche einen Zeugen. Sehen Sie, ich hätte Murphig genommen. Er war der einzige Mann der Besatzung, der einzige Nullaquaner, der die unglaublichen Offenbarungen, die wir dort unten finden werden, hätte verstehen können. Der Rest dieser Klotzköpfe - sie besitzen nicht mal die rettende Gnade der Neugier, die Murphig besaß. Also bleiben nur noch Sie, mein Herr.«
    »Aber das stimmt nicht Käpt'n«, sagte ich. »Ich bin wohl kaum Ihr verläßlichster Zeuge. Ich bin ein Vagabund. Und, jawohl, ich nehme Drogen. Sie brauchen einen soliden Mann, der mit beiden Beinen auf dem Boden steht. Der erste Maat Flack zum Beispiel.«
    »Flack hat Frau und Kinder«, sagte der Kapitän eisig. »Und er hat nicht halb soviel geistige Beweglichkeit wie Sie. Wissen Sie, Newhouse, ich könnte Sie beinahe bewundern. Ich kann verstehen, daß Sie Murphig verdorben haben - und daß Sie Calothrick liquidiert haben, der sowieso nur ein Schakal war -, aber ich kann nicht verstehen, daß Sie Dalusa, diese arme, gequälte Kreatur, täuschen. Das war eine

Weitere Kostenlose Bücher