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Der Stechlin.

Der Stechlin.

Titel: Der Stechlin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane , Helmuth Nürnberger
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in allem: ich habe zu Dir das Vertrauen, daß Du richtig gewählt hast und daß man Dich nicht im Stiche lassen wird. Außerdem, ein richtiger Märker hat Augen im Kopf und is beinah so helle wie’n Sachse.
    Wie immer Dein alter Vater Dubslav von Stechlin.«
    Es war Ende November, als Woldemar diesen Brief erhielt. Er überwand ihn rasch, und am dritten Tag las er alles schon mit einer gewissen Freudigkeit. Ganz der Alte; jede Zeile voll Liebe, voll Güte, voll Schnurrigkeiten. Und eben diese Schnurrigkeiten, trafen sie nicht eigentlich auch den Nagel auf den Kopf? Sicherlich. Was aber das Beste war, so sehr das alles im allgemeinen passen mochte, auf die Barbys paßte so gut wie nichts davon; die waren doch anders, die suchten nicht Fühlung nach oben und nicht nach unten, die marchandierten nicht mit links und nicht mit rechts, die waren nur Menschen, und daß sie nur das sein wollten, das war ihr Glück und zugleich ihr Hochgefühl. Woldemar sagte sich denn auch, daß der Alte, wenn er sie nur erst kennen gelernt haben würde, mit fliegenden Fahnen ins Barbysche Lager übergehen würde. Der alte Graf, Armgard und vor allem Melusine. Die war genau das, was der Alte brauchte, wobei ihm das Herz aufging.
    Den Weihnachtsabend verbrachte Woldemar am Kronprinzenufer. Auch Wrschowitz und Cujacius - von denen jener natürlich unverheiratet, dieser wegen beständiger Streiterei von seiner Frau geschieden war - waren zugegen. Cujacius hatte gebeten, ein Krippentransparent malen zu dürfen, was denn auch, als es erschien, auf einen Nebentisch gestellt und allseitig bewundert wurde. Die drei Könige waren Porträts: der alte Graf, Cujacius selbst und Wrschowitz (als Mohrenkönig); letzterer, trotz Wollhaar und aufgeworfener Lippe, von frappanter Ähnlichkeit. Auch in der Maria suchte man nach Anlehnungen und fand sie zuletzt; es war Lizzi, die, wie so viele Berliner Kammerjungfern, einen sittig verschämten Ausdruck hatte. Nach dem Tee wurde musiziert, und Wrschowitz spielte - weil er dem alten Grafen eine Aufmerksamkeit zu erweisen wünschte - die Polonaise von Oginski, bei deren erster, nunmehr um siebzig Jahre zurückliegenden Aufführung, einem alten on dit zufolge, der polnisch gräfliche Komponist im Schlußmomente sich erschossen haben sollte. Natürlich aus Liebe. »Brav, brav«, sagte der alte Graf und war, während er sich beinah überschwenglich bedankte, so sehr aus dem Häuschen, daß Wrschowitz schließlich schelmisch bemerkte: »Den Piffpaffschluß muß ich mir versagen, Herr Graff, trotzdem meine Vererrung (Blick auf Armgard) serr groß ist, fast so groß wie die Vererrung des Herrn Grafen vor Graff Oginski.«
    So verlief der Heiligabend.
    Schon vorher war man übereingekommen, am zweiten Feiertag zu dritt einen Ausflug nach Stechlin zu machen, um dort die künftige Schwiegertochter dem Schwiegervater vorzustellen. Noch am Christabend selbst, trotzdem Mitternacht schon vorüber, schrieb denn auch Woldemar einige Zeilen nach Stechlin hin, in denen er sich samt Braut und Schwägerin für den zweiten Feiertagabend anmeldete.
    Rechtzeitig trafen Woldemars Zeilen in Stechlin ein. »Lieber Papa. Wir haben vor, am zweiten Feiertage mit dem Spätnachmittagszuge von hier aufzubrechen. Wir sind dann um sieben auf dem Granseer Bahnhof und um neun oder nicht viel später bei Dir. Armgard ist glücklich, Dich endlich kennen zu lernen, den kennen zu lernen, den sie seit lange verehrt. Dafür, mein lieber Papa, hab’ ich Sorge getragen. Graf Barby, der nicht gut bei Wege ist, was ihn hindert mitzukommen, will Dir angelegentlich empfohlen sein. Desgleichen Gräfin Ghiberti, die uns als Dame d’honneur begleiten wird. Armgard ist in Furcht und Aufregung wie vor einem Examen. Sehr ohne Not. Kenn’ ich doch meinen Papa, der die Güte und Liebe selbst ist. Wie immer Dein Woldemar.«
    Engelke stand neben seines Herrn Stuhl, als dieser die Zeilen halblaut, aber doch in aller Deutlichkeit vorlas. »Nun, Engelke, was sagst du dazu?«
    »Ja, gnädiger Herr, was soll ich dazu sagen. Es is ja doch, was man so ‘ne ›gute Nachricht‹ nennt.«
    »Natürlich is es ‘ne gute Nachricht. Aber hast du noch nicht erlebt, daß einen gute Nachrichten auch genieren können?«
    »Jott, gnädiger Herr, ich kriege keine.«
    »Na, denn sei froh; dann weißt du nicht, was ›gemischte Gefühle‹ sind. Sieh, ich habe jetzt gemischte Gefühle. Da kommt nun mein Woldemar. Das is gut. Und da bringt er seine Braut mit, das is wieder gut. Und da

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