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Der Stechlin.

Der Stechlin.

Titel: Der Stechlin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane , Helmuth Nürnberger
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alles.«
    »So heißt es immer. Und wir sind eitel genug, es zu glauben. Aber das führt uns auf ganz neue Gebiete. Vorläufig Ihre Hand zur Besieglung. Und nun erlauben Sie mir, nach diesem unserm revolutionären Diskurse, zu den Hütten friedlicher Menschen zurückzukehren. Ich habe mich bei dem alten Herrn nur auf eine halbe Stunde beurlaubt und rechne darauf, daß Sie mich, wenn nicht bis ins ›Museum‹ selbst (das dem Programm nach besucht werden sollte), so doch wenigstens bis auf die Schloßrampe begleiten.«

Dreißigstes Kapitel
    Lorenzen tat, wie gewünscht, und auf dem Wege zum Schloß plauderten beide weiter, wenn auch über sehr andere Dinge.
    »Was ist es eigentlich mit diesem ›Museum‹?« fragte Melusine; »kann ich mir doch kaum was Rechtes darunter vorstellen. Eine alte Papptafel mit Inschrift hängt da schräg über der Saaltür, alles dicht neben meinem Schlafzimmer, und ich habe mich etwas davor geängstigt.«
    »Sehr mit Unrecht, gnädigste Gräfin. Die primitive Papptafel, die freilich verwunderlich genug aussieht, sollte wohl nur andeuten, daß es sich bei der ganzen Sache mehr um einen Scherz als um etwas Ernsthaftes handelt. Etwa wie bei Sammlung von Meerschaumpfeifen und Tabaksdosen. Und Sie werden auch vorwiegend solchen Seltsamkeiten begegnen. Anderseits aber ist es auch wieder ein richtiges historisches Museum, trotzdem es nur halb das geworden ist, worauf Herr von Stechlin anfänglich aus war.«
    »Und das war?«
    »Das war mehr etwas Groteskes. Es mögen nun wohl schon zwanzig Jahre sein, da las er eines Tages in der Zeitung von einem Engländer, der historische Türen sammle und neuerdings sogar für eine enorme Summe, ich glaube, es waren tausend Pfund, die Gefängnistür erstanden habe, durch die Ludwig XVI. und dann später Danton und Robespierre zur Guillotinierung abgeführt worden seien. Und diese Notiz machte solchen Eindruck auf unsern liebenswürdigen Stechliner Schloßherrn, daß er auch solche historische Türensammlung anzulegen beschloß. Er ist aber nicht weit damit gekommen und hat sich mit dem Küstriner Schloßfenster begnügen müssen, an dem Kronprinz Friedrich stand, als Katte zur Enthauptung vorübergeführt wurde. Doch auch das ist unsicher, ja, die meisten wollen nichts davon wissen. Nur Krippenstapel hält noch daran fest.«
    »Krippenstapel?«
    »Ja. Der Name frappiert Sie. Das ist nämlich unser Lehrer hier, Liebling des alten Herrn und sein Berater in derlei Dingen. Der hat ihm denn auch das gegenwärtige ›Museum‹, das man als Abschlagszahlung auf die ›historischen Türen‹ ansehen kann, zusammengestellt. Außer dem angezweifelten Fenster werden Frau Gräfin noch ein paar phantastische Regentraufen finden und vor allem viele Wetterhähne, die von alten märkischen Kirchtürmen herabgenommen wurden. Einige sollen ganz interessant sein. Ich habe keinen Sinn, dafür. Aber Krippenstapel hat einen Katalog angefertigt.«
    Unter diesen Worten waren beide bis an die Rampe gekommen, auf der Engelke schon stand und auf die Gräfin wartete. Lorenzen empfahl sich. Aber auch Melusine wollte nicht gleich ins Museum hinauf, zog es vielmehr vor, erst unten in das große Gesellschaftszimmer einzutreten und sich da zu wärmen.
    Engelke machte sich auch sofort am Kamin zu schaffen, was der Gräfin gut paßte, weil sie noch manches fragen wollte.
    »Das ist recht, Engelke, daß Sie Kohlen aufschütten und auch Kienäpfel. Ich freue mich immer, wenn es so lustig brennt. Und oben im ›Museum‹ wird es wohl noch kalt sein.«
    »Ja, kalt ist es, Frau Gräfin. Aber mit der Kälte, na, das ging’ am Ende noch, und der viele Staub, der oben liegt, das ginge vielleicht auch noch; Staub wärmt. Und die Dachtraufen und Wetterhähne tun auch keinem Menschen was…«
    »Aber was ist denn sonst noch?«
    »Ach, ich meine bloß die verdammten Dinger, die Spinnen…«
    »Um Gottes willen, Spinnen?« erschrak Melusine.
    »Ja, Spinnen, Frau Gräfin. Aber so ganz schlimme sind nich dabei. Solche mit ‘m Kreuz oben hab’ ich bei uns noch nicht gesehn. Bloß solche, die Schneider heißen.«
    »Ach, das sind die, die die langen Beine haben.«
    »Ja, lange Beine haben sie. Aber sie tun einem nichts. Und eigentlich sind es sehr ängstliche Tiere und verkriechen sich, wenn sie hören, daß aufgeschlossen wird, und bloß wenn Krippenstapel kommt, dann kommen sie alle raus un kucken sich um. Krippenstapeln, den kennen sie ganz gut, und ich hab’ auch mal gesehn, daß er ihnen Fliegen

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