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Der Stechlin.

Der Stechlin.

Titel: Der Stechlin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane , Helmuth Nürnberger
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Beeneke is schon immer das Beste. Da kann man nicht zu Fall kommen. Aber jeder will heutzutage hoch raus. Das is, was sie jetzt die ›Signatur der Zeit‹ nennen. Haben Sie den Ausdruck schon gehört, Uncke?«
    »Zu Befehl, Herr Major.«
    »Und die Sozialdemokratie will auch hoch raus und so zu Pferde sitzen wie Pyterke, bloß noch viel höher. Aber das geht nicht gleich so. Gut Ding will Weile haben. Und Torgelow, wenn er auch vielleicht reden kann, reiten kann er noch lange nicht. Sagen Sie, was macht er denn eigentlich? Ich meine Torgelow. Sind denn unsre kleinen Leute jetzt mehr zufrieden mit ihm?«
    »Nein, Herr Major, sie sind immer noch nicht zufrieden mit ihm. Er wollte da neulich in Berlin reden und hat auch wirklich was zu Graf Posadowsky gesagt. Und das is so dumm gewesen, daß es die andern geniert hat. Und da haben sie ihn bedeutet: ›Torgelow, nu bist du still; so geht das hier nich.‹«
    »Ja«, lachte Dubslav, »und wo der nu steht, da sollte ich eigentlich stehen. Aber es is doch besser so. Nu kann Torgelow zeigen, daß er nichts kann. Und die andern auch. Und wenn sie’s alle gezeigt haben, na, dann sind wir vielleicht wieder dran und kommen noch mal obenauf, und jeder kriegt Zulage. Sie auch, Uncke, und Pyterke natürlich auch.«
    Uncke schmunzelte und legte seine zwei Dienstfinger an die Schläfe.
    »… vorläufig aber müssen wir abwarten und den sogenannten ›Ausbruch‹ verhüten und dafür sorgen, daß unsere Globsower zufrieden sind. Und wenn wir klug sind, glückt es vielleicht auch. Glauben Sie nicht auch, Uncke, daß es kleine Mittel gibt?«
    »Zu Befehl, Herr Major, kleine Mittel gibt es. Es hat’s schon.«
    »Und welche meinen Sie?«
    »Musik, Herr Major, und verlängerte Polizeistunde.«
    »Ja«, lachte Dubslav, »so was hilft. Musik und ‘nen Schottschen, dann sind die Mädchen zufrieden.«
    »Und«, bestätigte Uncke, »wenn die Mädchens zufrieden sind, Herr Major, dann sind alle zufrieden.«
    Uncke hatte zusagen müssen, mal wieder vorzusprechen, aber es kam nicht dazu, weil Dubslavs Zustand sich rasch verschlimmerte. Von Besuchern wurde keiner mehr angenommen, und nur Lorenzen hatte Zutritt. Aber er kam meist nur, wenn er gerufen wurde.
    »Sonderbar«, sagte der Alte, während er in den Frühlingstag hinausblickte, »dieser Lorenzen is eigentlich gar kein richtiger Pastor. Er spricht nicht von Erlösung und auch nicht von Unsterblichkeit, und is beinah, als ob ihm so was für alltags wie zu schade sei. Vielleicht is es aber auch noch was andres, und er weiß am Ende selber nicht viel davon. Anfangs hab’ ich mich darüber gewundert, weil ich mir immer sagte: Ja, solch Talar- und Beffchenmann, der muß es doch schließlich wissen; er hat so seine drei Jahre studiert und eine Probepredigt gehalten, und ein Konsistorialrat oder wohl gar ein Generalsuperintendent hat ihn eingesegnet und ihm und noch ein paar andern gesagt. ›Nun gehet hin und lehret alle Heiden.‹ Und wenn man das so hört, ja, da verlangt man denn auch, daß einer weiß, wie’s mit einem steht. Is gerade wie mit den Doktors. Aber zuletzt begibt man sich und hat die Doktors am liebsten, die einem ehrlich sagen: ›Hören Sie, wir wissen es auch nicht, wir müssen es abwarten.‹ Der gute Sponholz, der nun wohl schon an der Brücke mit dem Ichthyosaurus vorbei ist, war beinah so einer, und Lorenzen is nu schon ganz gewiß so. Seit beinah zwanzig Jahren kenn’ ich ihn, und noch hat er mich nicht ein einziges Mal bemogelt. Und daß man das von einem sagen kann, das ist eigentlich die Hauptsache. Das andre… ja, du lieber Himmel, wo soll es am Ende herkommen? Auf dem Sinai hat nun schon lange keiner mehr gestanden, und wenn auch, was der liebe Gott da oben gesagt hat, das schließt eigentlich auch keine großen Rätsel auf. Es ist alles sehr diesseitig geblieben; du sollst, du sollst, und noch öfter ›du sollst nicht ‹. Und klingt eigentlich alles, wie wenn ein Nürnberger Schultheiß gesprochen hätte.«
    Gleich danach kam Engelke und brachte die Mittagspost. »Engelke, du könntest mal wieder die Marie zu Lorenzen rüberschicken - ich ließ’ ihn bitten.«
    Lorenzen kam denn auch und rückte seinen Stuhl an des Alten Seite.
    »Das ist recht, Pastor, daß Sie gleich gekommen sind, und ich sehe wieder, wie sich alles Gute schon gleich hier unten belohnt. Sie müssen nämlich wissen, daß ich mich heute schon ganz eingehend mit Ihnen beschäftigt und Ihr Charakterbild, das ja auch schwankt wie so manch

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