Der Stechlin.
heißt es: › Das nicht.‹ Erst hat mir Sponholz alles verboten und nu die Buschen, und so leb’ ich eigentlich bloß noch von Bärlapp und Katzenpfötchen.«
»Am Ende geht es doch«, sagte Krippenstapel. »Ich weiß wohl, in eine richtige Kur darf der Laie nicht eingreifen. Aber der Honig macht vielleicht ‘ne Ausnahme. Richtiger Honig ist wie gute Medizin und hat die ganze Heilkraft der Natur.«
»Is denn aber nicht auch was drin, was besser fehlte?«
»Nein, Herr Major. Ich sehe die Bienen oft schwärmen und sammeln, und seh’ auch, wie sie sammeln und wo sie sammeln. Da sind voran die Linden und Akazien und das Heidekraut. Nu, die sind die reine Unschuld; davon red’ ich gar nicht erst. Aber nun sollten Sie die Biene sehn, wenn sie sich auf eine giftige Blume, sagen wir zum Beispiel auf den Venuswagen, niederläßt. Und in jedem Venuswagen, besonders in dem roten (aber doch auch in dem blauen), sitzt viel Gift.«
»Venuswagen; kann ich mir denken. Und wie sammelt da die Biene?«
»Sie nimmt nie das Gift, sie nimmt immer bloß die Heilkraft.«
»Na, Sie müssen es wissen, Krippenstapel. Und auf Ihre Verantwortung hin will ich mir den Honig auch schmecken lassen, und die Buschen muß sich drin finden und sich wohl oder übel zufriedengeben. Übrigens fällt mir bei der Alten natürlich auch das Kind ein. Da sitzt es am Fenster. Na, komm mal her, Agnes, und sage, daß du hier auch was lernst. Ich hab’ ihr nämlich Bücher gegeben, mit allerlei Bildern drin, und seit vorgestern auch eine Götterlehre, das heißt aber noch eine aus guter, anständiger Zeit und jeder Gott ordentlich angezogen. Und da lernt sie, glaub’ ich, ganz gut. Nicht wahr, Agnes?«
Agnes knickste und ging wieder auf ihren Platz.
»Und dann hab’ ich dem Kind auch unsern Dragoner und die Mühle gegeben. Also unsre besten Stücke, so viel ist richtig. Ich denke mir aber, mein Museumsdirektor wird über diesen Eingriff nicht böse sein. Eigentlich is es doch besser, das Kind hat was davon als die Spinnen. Und was macht denn Ihr Oberlehrer in Templin? Hat er wieder was gefunden?”
»Ja, Herr Major. Münzenfund.«
»Na, das is immer das Beste. Vermutlich Georgstaler oder so was; Dreißigjähriger Krieg. Es war ja ‘ne gräßliche Zeit. Aber daß sie damals aus Angst und Not so viel verbuddelt haben, das is doch auch wieder ein Segen. Is es denn viel?«
»Wie man’s nehmen will, Herr Major; praktisch und profan angesehen ist es nicht viel, aber wissenschaftlich angesehen ist es allerdings viel. Nämlich drei römische Münzen, zwei von Diokletian und eine von Caracalla.«
»Na, die passen wenigstens. Diokletian war ja wohl der mit der Christenverfolgung. Aber ich glaube, es war am Ende nicht so schlimm. Verfolgt wird immer. Und mitunter sind die Verfolgten obenauf.«
Dabei lachte der Alte. Dann rief er Engelke, daß er den Honig herausnehme. Krippenstapel aber verabschiedete sich, seine leere Terrine vorsichtig im Arm.
Einundvierzigstes Kapitel
Dubslav hatte sich über Krippenstapels Besuch und sein Geschenk aufrichtig gefreut, weil es ja das Beste war, was ihm die alte treue Seele bringen konnte. Er bestand denn auch darauf (trotzdem Engelke, der ein Vorurteil gegen alles Süße hatte, dagegen war), daß ihm die Wabe jeden Morgen auf den Frühstückstisch gestellt werde.
»Siehst du, Engelke«, sagte er nach einer Woche, »daß ich mich wieder wohler fühle, das macht die Wabe. Denn man muß jedes Fisselchen mitessen, Wachs und alles, das hat er mir eigens gesagt. Das is grad so wie beim Apfel die Schale; das hat die Natur so gewollt, und is ein Fingerzeig und muß respektiert werden.«
»Ich bin aber doch für abschälen«, sagte Engelke. »Wenn man so sieht, was mitunter alles dran ist…«
»Ja, Engelke, ich weiß nicht, du bist jetzt so fein geworden. Aber ich bin noch ganz altmodisch. Und dann glaub’ ich nebenher wirklich, daß in dem Wachs die richtige ›gesamte Heilkraft der Natur‹ steckt, fast noch mehr als in dem Honig. Krippenstapel übrigens is jetzt auch so furchtbar gebildet und hat so viele feine Wendungen, wie zum Beispiel die mit der ›gesamten Heilkraft‹. Aber so fein wie du is er doch noch lange nicht, darauf will ich mich verschwören. Und auch darauf, daß er sich keine Birne schält.«
In dieser guten Laune verblieb Dubslav eine ganze Weile, sich mehr und mehr zurechtlegend, daß er sich die Quälerei mit all dem andern Zeug eigentlich hätte sparen können; »denn wenn alles drin ist, so
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