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Der Stechlin.

Der Stechlin.

Titel: Der Stechlin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane , Helmuth Nürnberger
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ja, so sonderbar es klingt das Ideale.«
    »Stechlin, Sie können nicht verlangen, daß man das so ohne weiteres versteht. Ein halb Dutzend Bälge, wo steckt da das Ideale?«
    »Doch, Rex, doch. Die Prinzessin selbst, und das ist das Rührendste, hat sich darüber ganz unumwunden ausgesprochen. Und zwar zu meinem Alten. Sie sieht ihn öfter und möcht’ ihn, glaub’ ich, bekehren, - sie ist nämlich von der strengen Richtung und hält sich auch zu Superintendent Koseleger, unserm Papst hier. Und kurz und gut, sie macht meinem Papa beinah den Hof und erklärt ihn für einen perfekten Kavalier, wobei Katzler immer ein etwas süßsaures Gesicht macht, aber natürlich nicht widerspricht.«
    »Und wie kam sie nur dazu, Ihrem Papa gerade Confessions in einer so delikaten Sache zu machen?«
    »Das war voriges Jahr, genau um diese Zeit, als sie auch mal wieder erwartete. Da war mein Vater drüben und sprach, als das durch die Situation gegebene Thema berührt wurde, halb diplomatisch, halb humoristisch von der Königin Luise, hinsichtlich deren der alte Doktor Heim, als der Königin das ›Sechste oder Siebente‹ geboren werden sollte, ziemlich freiweg von der Notwendigkeit der ›Brache‹ gesprochen hatte.«
    »Bißchen stark«, sagte Rex. »Ganz im alten Heim-Stil. Aber freilich, Königinnen lassen sich viel gefallen. Und wie nahm es die Prinzessin auf?«
    »Oh, sie war reizend, lachte, war weder verlegen noch verstimmt, sondern nahm meines Vaters Hand so zutraulich, wie wenn sie seine Tochter gewesen wäre. ›Ja, lieber Herr von Stechlin‹, sagte sie, ›wer A sagt, der muß auch B sagen. Wenn ich diesen Segen durchaus nicht wollte, dann mußt’ ich einen Durchschnittsprinzen heiraten, - da hätt’ ich vielleicht das gehabt, was der alte Heim empfehlen zu müssen glaubte. Statt dessen nahm ich aber meinen guten Katzler. Herrlicher Mann. Sie kennen ihn und wissen, er hat die schöne Einfachheit aller stattlichen Männer, und seine Fähigkeiten, soweit sich überhaupt davon sprechen läßt, haben etwas Einseitiges. Als ich ihn heiratete, war ich deshalb ganz von dem einen Gedanken erfüllt, alles Prinzeßliche von mir abzustreifen und nichts bestehen zu lassen, woraus Übelwollende hätten herleiten können: ›Ah, sie will immer noch eine Prinzessin sein.‹ Ich entschloß mich also für das Bürgerliche, und zwar ›voll und ganz‹, wie man jetzt, glaub’ ich, sagt. Und was dann kam, nun, das war einfach die natürliche Konsequenz.‹«
    »Großartig«, sagte Rex. »Ich entschlage mich nach solchen Mitteilungen jeder weiteren Opposition. Welch ein Maß von Entsagung! Denn auch im Nichtentsagen kann ein Entsagen liegen. Andauernde Opferung eines Innersten und Höchsten.«
    »Unglaublich!« lachte Czako. »Rex, Rex. Ich hab’ Ihnen da schon vorhin alle Menschenkenntnis abgesprochen. Aber hier übertrumpfen Sie sich selbst. Wer Konventikel leitet, der sollte doch wenigstens die Weiber kennen. Erinnern Sie sich, Stechlin sagte, sie sei lymphatisch und habe Vergißmeinnichtaugen. Und nun sehen Sie sich den Katzler an. Beinah sechs Fuß und rotblond und das Eiserne Kreuz.«
    »Czako, Sie sind mal wieder frivol. Aber man darf es mit Ihnen so genau nicht nehmen. Das ist das Slawische, was in Ihnen nachspukt; latente Sinnlichkeit.«
    »Ja, sehr latent; durchaus vergrabner Schatz. Und ich wollte wohl, daß ich in die Lage käme, besser damit wuchern zu können. Aber…«
    So ging das Gespräch noch eine gute Weile.
    Die große Chaussee, darauf ihr Weg inzwischen wieder eingemündet, stieg allmählich an, und als man den Höhepunkt dieser Steigung erreicht hatte, lag das Kloster samt seinem gleichnamigen Städtchen in verhältnismäßiger Nähe vor ihnen. Auf ihrem Hinritte hatten Rex und Czako so wenig davon zu Gesicht bekommen, daß ein gewisses Betroffensein über die Schönheit des sich ihnen jetzt darbietenden Landschafts- und Architekturbildes kaum ausbleiben konnte. Czako besonders war ganz aus dem Häuschen, aber auch Rex stimmte mit ein. »Die große Feldsteingiebelwand«, sagte er, »so gewagt im allgemeinen bestimmte Zeitangaben auf diesem Gebiete sind, möcht’ ich in das Jahr 1375, also Landbuch Kaiser Karls IV., setzen dürfen.«
    »Wohl möglich«, lachte Woldemar. »Es gibt nämlich Zahlen, die nicht gut widerlegt werden können, und ›Landbuch Kaiser Karls IV.‹ paßt beinah immer.«
    Rex hörte drüber hin, weil er in seinem Geiste mal wieder einer allgemeineren und zugleich höheren Auffassung der

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