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Der Stechlin.

Der Stechlin.

Titel: Der Stechlin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane , Helmuth Nürnberger
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Frau.«
    »Keine Schmeicheleien. Und dann, diese Hüte sind wichtig. Ich nehm’ es als eine Fügung, daß Sie da gerade hinzukommen; Sie sollen entscheiden. Wir haben freilich schon Lizzis Meinung angerufen, aber Lizzi ist zu diplomatisch; Sie sind Soldat und müssen mehr Mut haben; Armgard, sprich auch; du bist nicht mehr jung genug, um noch ewig die Verlegene zu spielen. Ich bin sonst gegen alle Gutachten, namentlich in Prozeßsachen (ich weiß ein Lied davon zu singen), aber ein Gutachten von Ihnen, da lass’ ich all meine Bedenken fallen. Außerdem bin ich für Autoritäten, und wenn es überhaupt Autoritäten in Sachen von Geschmack und Mode gibt, wo wären sie besser zu finden als im Regiment Ihrer Kaiserlich Königlichen Majestät von Großbritannien und Indien? Irland lass’ ich absichtlich fallen und nehme lieber Indien, woher aller gute Geschmack kommt, alle alte Kultur, alle Shawls und Teppiche, Buddha und die weißen Elefanten. Also antreten, Armgard; du natürlich an den rechten Flügel, denn du bist größer. Und nun, lieber Stechlin, wie finden Sie uns?«
    »Aber, meine Damen…«
    »Keine Feigheiten. Wie finden Sie uns?«
    »Unendlich nett.«
    »Nett? Verzeihen Sie, Stechlin, nett ist kein Wort. Wenigstens kein nettes Wort. Oder wenigstens ungenügend.«
    »Also schlankweg entzückend.«
    »Das ist gut. Und zur Belohnung die Frage: wer ist entzückender?«
    »Aber Frau Gräfin, das ist ja die reine Geschichte mit dem seligen Paris. Bloß, er hatte es viel leichter, weil es drei waren. Aber zwei. Und noch dazu Schwestern.«
    »Wer? Wer?«
    »Nun, wenn es denn durchaus sein muß, Sie, gnädigste Frau.«
    »Schändlicher Lügner. Aber wir behalten diese zwei Hüte. Lizzi, gib all das andre zurück. Und Jeserich soll die Lampen bringen; draußen ein Streifen Abendrot und hier drinnen ein verglimmendes Feuer - das ist denn doch zu wenig oder, wenn man will, zu gemütlich.«
    Die Lampen hatten draußen schon gebrannt, so daß sie gleich da waren.
    »Und nun schließen Sie die Balkontür, Jeserich, und sagen Sie’s Papa, daß der Herr Rittmeister gekommen. Papa ist nicht gut bei Wege, wieder die neuralgischen Schmerzen; aber wenn er hört, daß Sie da sind, so tut er ein übriges. Sie wissen, Sie sind sein Verzug. Man weiß immer, wenn man Verzug ist. Ich wenigstens hab’ es immer gewußt.«
    »Das glaub’ ich.«
    »Das glaub’ ich! Wie wollen Sie das erklären?«
    »Einfach genug, gnädigste Gräfin. Jede Sache will gelernt sein. Alles ist schließlich Erfahrung. Und ich glaube, daß Ihnen reichlich Gelegenheit gegeben wurde, der Frage ›Verzug oder Nichtverzug‹ praktisch näherzutreten.«
    »Gut herausgeredet. Aber nun, Armgard, sage dem Herrn von Stechlin (ich persönlich getraue mich’s nicht), daß wir in einer halben Stunde fort müssen, Opernhaus, ›Tristan und Isolde‹. Was sagen Sie dazu? Nicht zu Tristan und Isolde, nein, zu der heikleren Frage, daß wir eben gehen, im selben Augenblick, wo Sie kommen. Denn ich seh’ es Ihnen an, Sie kamen nicht so bloß um ›five o’clock tea’s‹ willen, Sie hatten es besser mit uns vor, Sie wollten bleiben…«
    »Ich bekenne…«
    »Also getroffen. Und zum Zeichen, daß Sie großmütig sind und Verzeihung üben, versprechen Sie, daß wir Sie bald wiedersehen, recht, recht bald. Ihr Wort darauf. Und dem Papa, der Sie vielleicht erwartet, wenn es Jeserich für gut befunden hat, die Meldung auszurichten, - dem Papa werd’ ich sagen, Sie hätten nicht bleiben können, eine Verabredung, Klub oder sonst was.«
    Während Woldemar nach diesem abschließenden Gespräch mit Melusine die Treppe hinabstieg und auf den nächsten Droschkenstand zuschritt, saß der alte Graf in seinem Zimmer und sah, den rechten Fuß auf einen Stuhl gelehnt, durch das Balkonfenster auf den Abendhimmel. Er liebte diese Dämmerstunde, drin er sich nicht gerne stören ließ (am wenigsten gern durch vorzeitig gebrachtes Licht), und als Jeserich, der das alles wußte, jetzt eintrat, war es nicht, um dem alten Grafen die Lampe zu bringen, sondern nur um ein paar Kohlen aufzuschütten.
    »Wer war denn da, Jeserich?«
    »Der Herr Rittmeister.»
    »So, so. Schade, daß er nicht geblieben ist. Aber freilich, was soll er mit mir? Und der Fuß und die Schmerzen, dadurch wird man auch nicht interessanter. Armgard und nun gar erst Melusine, ja, da geht es, da redet sich’s schon besser, und das wird der Rittmeister wohl auch finden. Aber soviel ist richtig, ich spreche gern mit ihm; er

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