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Der Stechlin.

Der Stechlin.

Titel: Der Stechlin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane , Helmuth Nürnberger
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stieg man ein Gewirr von Stiegen und Treppen hinab und schritt, unten angekommen, an den um diese Stunde noch leeren Tischen eines hier etablierten »Lokals« vorüber, unmittelbar auf das Schiff zu, dessen Glocke schon zum erstenmal geläutet hatte. Das Wetter war prachtvoll, flußaufwärts alles klar und sonnig, während über der Stadt ein dünner Nebel lag. Zu beiden Seiten des Hinterdecks nahm man auf Stühlen und Bänken Platz und sah von hier aus auf das verschleierte Stadtbild zurück.
    »Da heißt es nun immer«, sagte Melusine, »Berlin sei so kirchenarm; aber wir werden bald Köln und Mainz aus dem Felde geschlagen haben. Ich sehe die Nikolaikirche, die Petrikirche, die Waisenkirche, die Schloßkuppel, und das Dach da, mit einer Art von chinesischer Deckelmütze, das ist, glaub’ ich, der Rathausturm. Aber freilich, ich weiß nicht, ob ich den mitrechnen darf.«
    »Turm ist Turm«, sagte die Baronin. »Das fehlte so gerade noch, daß man dem armen alten Berlin auch seinen Rathausturm als Turm abstritten Man eifersüchtelt schon genug.«
    Und nun schlug es vier. Von der Parochialkirche her klang das Glockenspiel, die Schiffsglocke läutete dazwischen, und als diese wieder schwieg, wurde das Brett aufgeklappt, und unter einem schrillen Pfiff setzte sich der Dampfer auf das mittlere Brückenjoch zu in Bewegung.
    Oben, in Nähe der Jannowitzbrücke, hielten immer noch die beiden herrschaftlichen Wagen, die’s für angemessen erachten mochten, ehe sie selber aufbrachen, zuvor den Aufbruch des Schiffes abzuwarten, und erst als dieses unter der Brücke verschwunden war, fuhr der gräfliche Barbysche Kutscher neben den freiherrlich Berchtesgadenschen, um mit diesem einen Gruß auszutauschen. Beide kannten sich seit lange, schon von London her, wo sie bei denselben Herrschaften in Dienst gestanden hatten. In diesem Punkte waren sie sich gleich, sonst aber so verschieden wie nur möglich, auch schon in ihrer äußeren Erscheinung. Imme, der Barbysche Kutscher, ein ebenso martialisch wie gutmütig dreinschauender Mecklenburger, hätte mit seinem angegrauten Sappeurbart ohne weiteres vor eine Gardetruppe treten und den Zug als Tambourmajor eröffnen können, während der Berchtesgadensche, der seine Jugend als Trainer und halber Sportsmann zugebracht hatte, nicht bloß einen englischen Namen führte, sondern auch ein typischer Engländer war, hager, sehnig, kurz geschoren und glatt rasiert. Seine Glotzaugen hatten etwas Stupides; er war aber trotzdem klug genug und wußte, wenn’s galt, seinem Vorteil nachzugehen. Das Deutsche machte ihm noch immer Schwierigkeiten, trotzdem er sich aufrichtige Mühe damit gab und sogar das bequeme Zuhilfenehmen englischer Wörter vermied, am meisten dann, wenn er sich die Berlinerinnen seiner Bekanntschaft abquälen sah, ihm mit »well, well, Mr. Robinson« oder gar mit einem geheimnisvollen »indeed« zu Hilfe zu kommen. Nur mit dem einen war er einverstanden, daß man ihn »Mr. Robinson« nannte. Das ließ er sich gefallen.
    »Now Mr. Robinson«, sagte Imme, als sie Bock an Bock nebeneinander hielten, »how are you? I hope quite well.«
    »Danke, Mr. Imme, danke! Was macht die Frau?«
    »Ja, Robinson, da müssen Sie, denk’ ich, selber nachsehen, und zwar gleich heute, wo die Herrschaften fort sind und erst spät wiederkommen. Noch dazu mit der Stadtbahn. Wenigstens von hier aus, Jannowitzbrücke. Sagen wir also neun; eher sind sie nicht zurück. Und bis dahin haben wir einen guten Skat. Hartwig als dritter wird schon kommen; Portiers können immer. Die Frau zieht ebenso gut die Tür auf wie er, und weiter ist es ja nichts. Also Klocker fünf: ein ›Nein‹ gilt nicht; where there is a will, there is a way. Ein bißchen ist doch noch hängen geblieben von dear old England.«
    »Danke, Mr. Imme«, sagte Robinson, »danke! ja, Skat ist das Beste von all Germany. Komme gern. Skat ist noch besser als Bayrisch.«
    »Hören Sie, Robinson, ich weiß doch nicht, ob das stimmt. ich denke mir, so beides zusammen, das ist das Wahre. That’s it.«
    Robinson war einverstanden, und da beide weiter nichts auf dem Herzen hatten, so brach man hier ab und schickte sich an, die Rückfahrt in einem mäßig raschen Trab anzutreten, wobei der Berchtesgadensche Kutscher den Weg über Molkenmarkt und Schloßplatz, der Barbysche den auf die Neue Friedrichstraße nahm. Jenseits der Friedrichsbrücke hielt sich dieser dann dicht am Wasser hin und kam so am bequemsten bis an sein Kronprinzenufer.
    Der

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