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Der Stechlin.

Der Stechlin.

Titel: Der Stechlin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane , Helmuth Nürnberger
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sicherte, daß er, wie Friedrich der Große, jeden Augenblick bereit war, »die sich etwa einstellenden Pasquille niedriger hängen zu lassen«.
    »Ich denke, meine Herren«, sagte Dubslav, »wir gehen in den Park. Da hat man doch immer was. An der einen Stelle ruht das Herz des Prinzen, und an der andern Stelle ruht er selbst und hat sogar eine Pyramide zu Häupten, wie wenn er Sesostris gewesen wäre. Ich würde gern einen andern nennen, aber ich kenne bloß den.«
    »Natürlich gehen wir in den Park«, sagte von Gnewkow. »Und es ist schließlich immer noch ein Glück, daß man so was hat…«
    »Und auch ein Glück«, ergänzte von Molchow, »daß man solchen Wahltag wie heute hat, der einen ordentlich zwingt, sich mal um Historisches und Bildungsmäßiges zu kümmern. Bismarcken is es auch mal so gegangen, noch dazu mit ‘ner reichen Amerikanerin, und hat auch gleich (das heißt eigentlich lange nachher) das rechte Wort dafür gefunden.«
    »Der hat immer das rechte Wort gefunden.«
    »Immer. Aber weiter, Molchow.«
    »… Und als nun also die reiche Amerikanerin so runde vierzig Jahr später ihn wiedersah und sich bei ihm bedanken wollte von wegen des Bildermuseums, in das er sie halb aus Verlegenheit und halb aus Ritterlichkeit begleitet und ihr mutmaßlich alle Bilder falsch erklärt hatte, da hat er all diesen Dank abgewiesen und ihr - ich seh’ und hör’ ihn ordentlich - in aller Fidelität gesagt, sie habe nicht ihm, sondern er habe ihr zu danken, denn wenn jener Tag nicht gewesen wäre, so hätt’ er das ganze Bildermuseum höchstwahrscheinlich nie zu sehen gekriegt. Ja, Glück hat er immer gehabt. Im großen und im kleinen. Es fehlt bloß noch, daß er hinterher auch noch Generaldirektor der königlichen Museen geworden wäre, was er schließlich doch auch noch gekonnt hätte. Denn eigentlich konnt’ er alles und ist auch beinah alles gewesen.«
    »Ja«, nahm Gnewkow, der aus Langerweile viel gereist war, seinen Urgedanken, daß solcher Park eigentlich ein Glück sei, wieder auf. »Ich finde, was Molchow da gesagt hat, ganz richtig; es kommt drauf an, daß man reingezwungen wird, sonst weiß man überhaupt gar nichts. Wenn ich so bloß an Italien zurückdenke. Sehen Sie, da läuft man nu so rum, was einen doch am Ende strapaziert, und dabei dieser ewige pralle Sonnenschein. Ein paar Stunden geht es; aber wenn man nu schon zweimal Kaffee getrunken und Granito gegessen hat, und es ist noch nicht mal Mittag, ja, ich bitte Sie, was hat man da? Was fängt man da an? Gradezu schrecklich. Und da kann ich Ihnen bloß sagen, da bin ich ein kirchlicher Mensch geworden. Und wenn man dann so von der Seite her still eintritt und hat mit einem Male die Kühle um sich rum, ja da will man gar nicht wieder raus und sieht sich so seine funfzig Bilder an, man weiß nicht wie. Is doch immer noch besser als draußen. Und die Zeit vergeht, und die Stunde, wo man was Reguläres kriegt, läppert sich so heran.«
    »Ich glaube doch«, sagte der für kirchliche Kunst schwärmende Baron Beetz, »unser Freund Gnewkow unterschätzt die Wirkung, die, vielleicht gegen seinen Willen, die Quattrocentisten auf ihn gemacht haben. Er hat ihre Macht an sich selbst empfunden, aber er will es nicht wahrhaben, daß die Frische von ihnen ausgegangen sei. Jeder, der was davon versteht…«
    »Ja, Baron, das is es eben. Wer was davon versteht! Aber wer versteht was davon? Ich jedenfalls nicht.«
    Unter diesen Worten war man, vom »Prinzregenten« aus, die Hauptstraße hinuntergeschritten und über eine kleine Brücke fort erst in den Schloßhof und dann in den Park eingetreten. Der See plätscherte leis. Kähne lagen da, mehrere an einem Steg, der von dem Kiesufer her in den See hineinlief. Ein paar der Herren, unter ihnen auch Dubslav, schritten die ziemlich wacklige Bretterlage hinunter und blickten, als sie bis ans Ende gekommen waren, wieder auf die beiden Schloßflügel und ihre kurz abgestumpften Türme zurück. Der Turm rechts war der, wo Kronprinz Fritz sein Arbeitszimmer gehabt hatte.
    »Dort hat er gewohnt«, sagte von der Nonne. »Wie begrenzt ist doch unser Können. Mir weckt der Anblick solcher fridericianischen Stätten immer ein Schmerzgefühl über das Unzulängliche des Menschlichen überhaupt, freilich auch wieder ein Hochgefühl, daß wir dieser Unzulänglichkeit und Schwäche Herr werden können. Tod, wo ist dein Stachel, Hölle, wo ist dein Sieg? Dieser König. Er war ein großer Geist, gewiß; aber doch auch ein

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