Der sterbende König (German Edition)
Krieger versprochen. Sobald sie bei uns eingetroffen sind», fuhr er fort, «sind wir zum Kampf bereit.»
Edward sah mich erwartungsvoll an und wartete offenkundig auf meine Zustimmung. «Es ist doch gewiss vernünftig», sagte er schließlich, als ich mich nicht äußerte, «abzuwarten, bis wir die Männer von Cent haben? Ihre Verstärkung wird unsere Armee wahrhaft groß machen.»
«Ich habe einen Vorschlag, Herr König», sagte ich respektvoll.
«All Eure Vorschläge sind willkommen, Herr Uhtred», sagte er.
«Ich glaube, dass statt Brot und Wein in der Kirche Ale und alter Käse verteilt werden sollten», sagte ich, «und ich schlage vor, dass die Predigt am Anfang und nicht am Ende des Gottesdienstes gehalten wird, und ich denke, die Priester sollten bei der Messe nackt sein, und …»
«Schweigt!», rief Plegmund.
«Wenn Eure Priester Eure Kriege führen, Herr König», sagte ich, «warum sollten dann nicht Eure Krieger die Kirche führen?» Darauf erklang verhaltenes Gelächter, doch als die Ratsversammlung ihren Fortgang nahm, wurde klar, dass wir ebenso wenig einen Führer hatten wie die Dänen. Die Christen reden davon, dass die Blinden die Blinden führen, und jetzt kämpften die Blinden gegen die Blinden. Alfred hätte solch einen Rat beherrscht, doch Edward schob die Entscheidung auf seine Berater, und Männer wie Æthelhelm waren vorsichtig. Sie wollten lieber warten, bis Sigelfs Truppen aus Cent angekommen waren.
«Warum sind die Männer aus Cent nicht jetzt schon hier?», fragte ich. Cent lag dicht bei Lundene, und in der Zeit, in der ich mit meinen Männern das halbe sächsische Britannien durchquert hatte, war es den Männern von Cent offenbar nicht gelungen, einen Zweitagemarsch zurückzulegen.
«Sie werden kommen», sagte Edward. «Darauf hat mir Aldermann Sigelf sein Wort gegeben.»
«Aber warum kommt er so spät?», bestand ich auf meiner Frage.
«Der Feind ist mit Schiffen nach Ostanglien gefahren», antwortete Erzbischof Plegmund, «und wir haben befürchtet, dass sie auf diesen Schiffen weiter die Küste hinunter nach Cent fahren würden. Also hat es Aldermann Sigelf vorgezogen, so lange abzuwarten, bis er sicher sein konnte, dass diese Gefahr nicht eintreten würde.»
«Und wer führt den Befehl über unsere Armee?», fragte ich und rief damit sichtliche Betretenheit hervor.
Ein paar Wimpernschläge lang herrschte vollkommene Stille. Dann sagte Erzbischof mit bösem Blick: «Unser Herr König befehligt die Armee, wie sich von selbst versteht.»
Und wer führt den Befehl über den König, dachte ich, aber ich sagte es nicht. An diesem Abend schickte Edward nach mir. Es war dunkel, als ich zu ihm kam. Er entließ seine Diener, um mit mir allein zu sein. «Erzbischof Plegmund ist nicht der Armeeführer», sagt er tadelnd und bezog sich damit auf meine letzte Frage in der Versammlung, «aber sein Rat erscheint mir gut.»
«Nichts zu tun, Herr König?»
«All unsere Streitkräfte zusammenzuziehen, bevor wir kämpfen. Und die Ratsmitglieder sind derselben Meinung.» Wir waren in dem großen, im ersten Stockwerk gelegenen Raum, in dem ein großes Bett zwischen zwei Lampenstöcken mit Blendschirmen stand. Edward war an das Fenster getreten, von dem aus man Richtung Westen über die Altstadt schauen konnte, das Fenster, an dem Æthelflæd und ich so oft gestanden hatten. Hinter der Altstadt lag die Neustadt, in der sanfte Lichter schimmerten. Noch weiter im Westen war Dunkelheit, ein schwarzes Land. «Sind die Zwillinge in Sicherheit?», fragte Edward.
«Sie sind in Cirrenceastre, Herr König», sagte ich, «und dort sind sie sicher.» Die Zwillinge, Æthelstan und Eadgyth, waren zusammen mit meiner Tochter und meinem jüngeren Sohn in Cirrenceastre gut behütet. Diese Wehrstadt hatte eine ebenso gute Verteidigungsanlage wie Cracgelad. Fagranforda war niedergebrannt worden, und ich hatte es auch nicht anders erwartet, aber meine Leute waren alle sicher in Cirrenceastre.
«Und der Junge ist gesund?», fragte Edward ängstlich.
«Æthelstan ist ein kräftiges Kind», sagte ich.
«Ich wünschte, ich könnte sie sehen», sagte er.
«Pater Cuthbert und seine Frau kümmern sich um sie», sagte ich.
«Cuthbert ist verheiratet?», fragte Edward überrascht.
«Mit einem sehr hübschen Mädchen.»
«Die arme Frau», sagte Edward, «er wird sie zu Tode schwatzen.» Er lächelte und sah mich unglücklich an, als ich sein Lächeln nicht erwiderte. «Und meine Schwester ist hier?»
«Ja,
Weitere Kostenlose Bücher